„Wir sehen viel Potenzial in Sektoren, die derzeit im grünen Anlageuniversum unterrepräsentiert sind“

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  • Matteo Merlin (li.)
  • Caterina Ottavi

MÜNCHEN – Green Bonds haben nach Ansicht von Caterina Ottavi und Matteo Merlin, Manager des Eurizon Fund – Green Euro Credit, erhebliches Potenzial. Nicht mehr nur Staaten oder Organisationen begeben Green Bonds, um damit grüne Projekte zu fördern und zu finanzieren, sondern auch Unternehmen.

Caterina, Matteo, zusätzlich zu dem sehr erfolgreichen Eurizon Fund – Absolute Green Bonds wurde nun der Eurizon Fund – Green Euro Credit aufgelegt. Was unterscheidet die beiden Fonds?

Matteo Merlin: Der neue Fonds ist ein Benchmark-Teilfonds, der in auf Euro lautende Unternehmensanleihen investiert, die zur Finanzierung von Umweltprojekten ausgegeben werden. Während der Eurizon Fund – Absolute Green Bonds ein globales, flexibles Anleihen-Investment mit grünem thematischem Bezug ist.

Was sind die Hauptunterschiede zwischen grünen Staats- und Unternehmensanleihen und was bedeutet das für den Fonds?

Caterina Ottavi: Die Unterschiede liegen im Wesentlichen in der Größe und Menge der Projekte. Die jüngste grüne BTP-Staatsanleihe, die vom italienischen Finanzministerium ausgegeben wurde, sieht beispielsweise eine Emission von 8,5 Milliarden Euro mit einer Vielzahl von Großprojekten vor.

Wie wählen Sie Anleihen für Ihr Portfolio aus?

Merlin: Wir halten es für extrem wichtig, das sogenannte Greenwashing-Phänomen zu erkennen, das heißt die Unternehmen zu identifizieren, die daran interessiert sind, das grüne Label zu missbrauchen. Der Investmentprozess basiert auf einer objektiven und subjektiven Analyse. Insbesondere werden die Wertpapiere nach einer Skala von „dunkelgrün“ bis „braun“ in einer kontinuierlichen Bewertung eingestuft. Im Hinblick auf die objektive Analyse werden die finanzierten Projekte untersucht, indem diejenigen mit dem besten Umweltansatz identifiziert werden. Die subjektive Analyse hingegen konzentriert sich auf das Projektmanagement, die Organisationsstruktur des Emittenten, den ökologischen Fußabdruck, wobei besonderes Augenmerk auf die Transparenz und die Qualität der Berichterstattung gelegt wird.

Gibt es bestimmte Sektoren, die Sie bevorzugen?

Merlin: Der grüne Markt setzt sich derzeit hauptsächlich aus Emittenten aus dem Versorger- und Finanzsektor zusammen. Wir sehen viel Potenzial und die interessantesten Investitionsmöglichkeiten in Sektoren, die derzeit im grünen Universum unterrepräsentiert sind, wie Autos und Telekommunikation.

Gibt es überhaupt genügend grüne Unternehmensanleihen, aus denen Ihr Fonds wählen kann?

Ottavi: Der grüne Markt hat das „embryonale“ Stadium überwunden und übersteigt bei den weltweiten Emissionen die Marke von einer Billion Dollar – grüne Anleihen sind heute eine der bevorzugten Anlageklassen institutioneller Investoren. Nach Abklingen der Covid-Krise sollten Regierungen und der private Sektor die verfügbaren Ressourcen nutzen, um die von vielen als die tiefste Krise unserer Zeit angesehene Klimakrise zu bewältigen. Subventionen und regulatorische Änderungen werden die Emittenten dazu drängen, verstärkt in „grüne“ Anlagen zu investieren, die, wenn sie gut gemanagt werden, Wirtschaftswachstum und Umweltschutz miteinander in Einklang bringen können.

In letzter Zeit sind Social Bonds immer beliebter geworden. Wie unterscheiden sich diese von Green Bonds und inwieweit wollen Sie diese für den neuen Fonds berücksichtigen?

Ottavi: Social Bonds sind Anleihen zur Finanzierung neuer und auch bestehender Projekte mit positiven sozialen Auswirkungen, die den Social Bond Principles folgen. Der Markt für Social Bonds ist noch klein und zeigt eine starke Präsenz von supranationalen Unternehmen. Wir denken aber, dass er unter dem Covid-Notstand wachsen könnte, da die soziale Frage in der Wiederaufbauphase entscheidend wurde, um ein neues Wirtschaftsmodell zu schaffen, das den Wohlstand wiederherstellt.

Wie können Sie überprüfen, dass grüne oder soziale Anleihen wirklich für einen grünen oder sozialen Zweck verwendet werden?

Merlin: Ein Instrument, um zu überprüfen, ob grüne oder soziale Anleihen wirklich für einen grünen oder sozialen Zweck verwendet werden, ist der Wirkungsbericht. Eurizon veröffentlicht zweimal im Jahr einen „Green Bond Impact Report“ für den Eurizon Fund – Absolute Green Bonds, der sowohl qualitativ als auch quantitativ die sozialen und Klima-beziehungsweise Umweltauswirkungen von Finanzprojekten aus seinen grünen Investments beschreibt. Er ist ein sehr nützliches Instrument für Investoren, die an der Bewertung der positiven externen Effekte interessiert sind, die durch ihre Investitionen entstehen. Die Auswirkungen werden anhand der wichtigsten Umweltbewertungsfaktoren gemessen, wie etwa die Reduzierung von CO2, die Menge an Energie, die aus erneuerbaren Quellen erzeugt wird, die Menge von eingespartem Wasser oder von recyceltem Abfall. Darüber hinaus geht es darum, zu welchen Nachhaltigkeitszielen am stärksten beigetragen wurde.

Wie denken Sie, wird sich der Markt für grüne und soziale Anleihen entwickeln?

Ottavi: Das Jahr 2021 wird von Analysten als Wendepunkt für die Bewältigung des Klimawandels angesehen. Die Climate Bond Initiative rechnet mit einem Gesamtvolumen von etwa 400 Milliarden bis 450 Milliarden Dollar. Die UN-Klimakonferenz COP26, die wegen der Covid-Krise verschoben wurde, soll im November stattfinden. Im Anschluss an diese wichtige Veranstaltung könnte ein Abkommen für eine weitere Reduzierung der CO2-Emissionen geschlossen werden. Andere Anzeichen deuten auf wichtige Entwicklungen für die grüne Anlageklasse hin, darunter die Neupositionierung in Fragen des Klimawandels in den USA nach der Wahl von Präsident Joe Biden, der Rückgang der Kosten für erneuerbare Energien auf ein niedrigeres Niveau als für fossile Brennstoffe und die Aktualisierung der Agenden der Regierungen, die sich darauf vorbereiten, einen erheblichen Teil der Ausgabenbudgets zugunsten der Umwelt- und Sozialpolitik zu verwenden.

Caterina Ottavi ist Fondsmanagerin bei Eurizon mit 16 Jahren Erfahrung in der Finanzbranche. Bevor sie zu Eurizon kam, arbeitete sie für Epsilon SGR, Banca Mediosim und Banca Profilo. Sie hat insbesondere in der Verwaltung von Total-Return-Anleihenportfolios und im Risikomanagement bedeutende Erfahrungen gesammelt. Caterina hat einen Abschluss in Mathematik an der Universität Bologna und in Politikwissenschaften an der Universita Statale in Mailand.
Zusammen mit Matteo Merlin betreut sie den rund 2,14 Milliarden Euro* schweren Eurizon Fund – Absolute Green Bonds (*per 28.02.2021) sowie den neu aufgelegten Eurizon Fund – Green Euro Credit.

Matteo Merlin ist Senior Portfoliomanager bei Eurizon. Der studierte Volkswirt arbeitet seit mehr als 15 Jahren in der Finanzbranche – vor Eurizon schon für die Banca Profilo – und hat umfangreiche Erfahrung im Management von Anleihenportfolios, insbesondere von internationalen Anleihen und Anleihen aus Schwellenländern.

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