„Private Debt – maßgeschneidert und krisenerprobt“

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  • Gottfried Hörich (li.)
  • Wolfgang Murmann

MÜNCHEN – Insight Investment fokussiert auf Zinsinvestments und Pensionseinrichtungen. Deutschland-Chef Gottfried Hörich und Risikomanager Wolfgang Murmann erklären, wieso dabei Private Debt eine immer größere Rolle spielt, welche Alternativen es zu ETFs gibt und wie sich zukünftige Krisen umschiffen lassen.

Wir blicken auf ein spannendes Jahr zurück. Wie ist 2020 für Sie gelaufen und was können Sie daraus mitnehmen?
Gottfried Hörich: 2020 war außergewöhnlich und von unerwarteten Herausforderungen für alle Investoren geprägt. In erster Linie sind natürlich die Pandemie und alle Konsequenzen daraus zu nennen. Eine wichtige Konsequenz ist, dass die Notenbanken ihren expansiven Kurs noch länger beibehalten werden. Inzwischen dürfte das auch der letzte Zweifler zähneknirschend verstanden haben. Die niedrige Zinserwartung wirkt sich nicht nur auf den Credit-Markt, sondern auch auf viele andere Anlageklassen aus. Weiterhin lernen wir aus den Maßnahmen der Notenbanken, wie sich künftige Krisen entwickeln werden. Die Situation im ersten Halbjahr dürfte zu einer Blaupause für künftige Entwicklungen werden. Konkret erwarten wir schnelle Abschwünge, gefolgt von ebenso schnellen Erholungen – dank der Unterstützung von Politik und Notenbanken.

Wie sieht demnach Ihr Fazit für das Jahr 2020 aus?
Hörich: Wir können mit dem Jahresergebnis zufrieden sein. Vor allem in der zweiten Jahreshälfte konnten wir Erfolge im Geschäft mit Pensionseinrichtungen erzielen. Besonders positiv sehen wir, dass wir etliche neue Kunden ansprechen konnten. Das freut uns umso mehr, als während der Einschränkungen der Dialog mit Bestandskunden einfacher war als die Erstansprache von potenziellen Neukunden.

Sie legen einen Fokus auf sicherheitsorientierte Anlagen. Ist das im Zuge der Corona-Maßnahmen nicht schwieriger geworden?
Hörich: Das aktuelle Marktumfeld ist herausfordernd. Es bleibt weiterhin schwer, mit klassischen Staatsanleihen eine solide Rendite zu erzielen. Diese Situation gab es aber auch bereits vor der Pandemie. Für uns zeigt sich durch Corona aktuell eher eine Verdunklung des Graubereichs als ein überraschender Umschwung zum Negativen. Hinzu kommt, dass sich die aufsichtsrechtliche Situation für institutionelle Anleger aus Deutschland nicht geändert hat. Es müssen daher auch weiterhin enorme Bestände im Renten- und Credit-Bereich verwaltet werden. Wir sehen hier eine große Chance, mit unserer Expertise zu punkten. In den vergangenen Jahren haben sich viele Investoren Nischenmärkten geöffnet. Hier wird es unabhängig von den Rahmenbedingungen am Zinsmarkt auch weiterhin Chancen geben.

Was erwartet ein institutioneller Investor von Insight Investment?
Hörich: Unsere Kunden schätzen unser Risikomanagement und unsere Fähigkeit, holistische Lösungen für den Anspruch von Pensionseinrichtungen zu entwickeln. Dazu gehört es, verschiedene Credit-Märkte und -Nischen genau so zu kombinieren, dass das Ergebnis zu den Anforderungen der Kunden passt. Zentrales Element dabei ist das Risikomanagement.

Können Sie etwas näher auf das flexible Credit-Management eingehen?
Hörich: Vor allem große Anleger investieren sehr granular in verschiedene Assetklassen und Subgenres. Das macht es bei unvorhergesehenen Ereignissen schwer, taktisch auf die gerade vorherrschende Situation zu reagieren. Wir sprechen seit einiger Zeit mit Kunden darüber, verschiedene dieser Subgenres in einem Mandat zu bündeln. So können wir bei bestimmten Ereignissen besser reagieren. Wir sind sehr gut darin, zwischen unterschiedlichen Segmenten taktische Allokationen vorzunehmen. Das können sich Kunden auf diese Weise zunutze machen.

Haben Sie dazu ein Beispiel?
Hörich: Viele Investoren setzen auf den Private-Debt-Bereich. Oftmals stehen von Emittenten identischer Bonität sowohl Anleihen als auch Kredite aus. Beide Instrumente lassen sich deshalb gut miteinander vergleichen. Während Krisen kann es aufgrund unterschiedlicher Liquidität und anderen Faktoren zu einer Divergenz zwischen Private Debt und Anleihen derselben Emittenten kommen. Betreut nun ein Mandat beide Bereiche, lässt sich darauf viel effektiver reagieren, als wenn sich zwei unabhängige Asset-Manager darum kümmern.

Welche weiteren Kombinationen sind denkbar?
Hörich: Die Lösungen sind individuell. Wir können in Absprache mit Kunden beispielsweise entwickelte Märkte mit Emerging Markets kombinieren, liquide Anleihen mit illiquiden Krediten oder auch Investment Grade mit High Yield. Der Kunde formuliert seine Ziele und wir schlagen einen Prozess vor, wie wir taktisch in den jeweiligen Genres vorgehen. Um diese Mandate umzusetzen, haben wir als Insight Investment uns auch neue Nischen erschlossen, wie im Bereich Private Debt. Wir glauben, dass diese Bereiche in den nächsten Jahren eine gute Ergänzung zu klassischen Credit-Märkten sind. Für uns ist dieser Schritt folgerichtig, da wir ohnehin im Bereich besicherter Anleiheformen stark aufgestellt sind.

Welche Rendite ist mit diesen Ansätzen möglich und wie groß ist das Risiko?
Hörich: Wir glauben, dass bei besicherten Credit-Engagements gegenüber dem Endverbraucher Renditen von bis zu zehn Prozent jährlich möglich sind. Als Beispiel sei hier die Finanzierung sogenannter Peer-to-Peer-Kreditplattformen genannt. Wohlgemerkt mit besicherten Papieren. Selbstverständlich sind diese Investments riskanter als Staatsanleihen, es bedeutet aber nicht, dass es sich dabei um schlechte Emittenten handelt. Oftmals lagern auch Banken Kredite aus, weil sie hohe Kosten verursachen oder nicht mehr ins bestehende Kreditportfolio passen. Es liegt dann an uns, diese Fälle zu untersuchen und zu bewerten.

Mit welchen Innovationen gehen Sie ins neue Jahr?
Hörich: Wir haben uns kritisch mit dem Trend hin zu passiven Anlagen auseinandergesetzt. Gerade bei Anleihen ist die bewusste Entscheidung für oder gegen einen Emittenten wichtig. Viele Investoren sind unzufrieden mit der passiven Allokation im Anleihebereich, weil sie alles kaufen, was aufgrund einer bestimmten Marktkapitalisierung zum Indexbestandteil wird. Maßgeblicher Treiber für die Entwicklung hin zu passiven Investments sind die Kosten. Wir haben uns eine Alternative ausgedacht. Wenn uns ein Kunde Eckdaten seines gewünschten Investments, wie Region, Rating oder Anlagehorizont nennt, selektieren wir ein diesen Vorgaben entsprechendes Universum aus Anleihen, in das der Kunde investieren kann. Dieses überwachen wir regelmäßig und stellen sicher, dass dieses Portfolio seine Ziele, wie anfangs definiert, erreichen kann. Derartige Portfolios unterscheiden sich von Indizes deutlich und sind ebenfalls kostengünstig. Für viele Kunden ist das eine gute Alternative zu passiven Lösungen.

Wenn Sie über innovative Möglichkeiten auf den Anleihemärkten sprechen, klingt das nach einem großen Analyseaufwand. Wie stemmen Sie diesen?
Hörich: Wir sind ein Haus, das traditionell großen Wert auf eine fundierte Analyse legt. Das fängt bei makroökonomischen Analysen an und hört bei der Analyse von Emittenten und Strukturen auf. Weltweit arbeiten mehr als 230 Investmentexperten für uns. Gerade im Bereich der Secured Finance kommt es auf eine Inhouseanalyse an. Während der weiteren Schritte ziehen wir natürlich auch externe Experten hinzu.

Asset-Manager für institutionelle Kunden müssen erfahrungsgemäß einen Fokus auf das Risikomanagement legen. Wie sieht das bei Ihnen aus?
Wolfgang Murmann: Unter Risikomanagementlösungen subsumieren wir insbesondere Themen der verpflichtungsorientierten Kapitalanlage wie Cashflow-Driven- (CDI) oder Liability-Driven-Investments (LDI), die je nach Durchführungsweg und Accounting-Umfeld mal mehr und mal weniger relevant für das einzelne Trägerunternehmen sind. Beispielsweise geht es bei LDI in erster Linie darum, Pensionsrisiken zu managen, die unmittelbar auf den Unternehmensbilanzen lasten. Pensionszusagen sind von verschiedenen Unsicherheiten wie der Inflationsentwicklung, den Zinsen und der Langlebigkeit abhängig. In den vergangenen Monaten konnten wir den Trend beobachten, dass sich Unternehmen gegen das Risiko sinkender Zinsen abgesichert haben. Durch das Design und Management robuster Absicherungsstrategien kann Insight seinen Beitrag dazu leisten, dass die Pensionszusagen mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit erfüllt werden können. Aufgrund unterschiedlicher Voraussetzungen, Ausgangssituationen und Zielsetzungen bei den Unternehmen muss dieses Vorgehen individuell sein. Dazu müssen wir uns von konventionellen Indizes lösen und wirklich individuelle Wege gehen.

Welche Erwartungen haben Sie an das Jahr 2021?
Murmann: Bei unseren Risikomanagementstrategien geht es nicht darum, kurzfristig Alpha zu erzielen, sondern langfristig unser Anlageversprechen einzuhalten – unser Hauptaugenmerk liegt auf der Robustheit und Qualität des Hedge; aber natürlich sind wir ständig auf der Suche nach Marktopportunitäten, um den „Hedge zu verbilligen“. Dennoch haben sich einige Dinge im Rahmen der Pandemie verändert und wir erwarten auch, dass es weitere Marktverwerfungen geben kann. Allerdings sehen wir hierin eher Chancen, da Robustheit im Zentrum unseres Investmentprozesses steht, beispielsweise durch die Annahme adverser Szenarien in der Kreditanalyse. Mit Blick auf 2021 sollten Anleger sich zwar auf erhöhte Volatilität einstellen, die ein Spiegel der allgemeinen Nervosität ist. Andererseits bieten solche Situationen gut vorbereiteten Anlegern Opportunitäten, die es zu kapitalisieren gilt. Folglich sehen wir 2021 zuversichtlich entgegen.

Wie wollen Sie diese Chancen wahrnehmen?
Hörich: Das hängt vom Mandat ab. Wenn wir ein Emerging-Markets-Mandat betreuen, sind wir natürlich in gewisser Weise beschränkt und vom jeweiligen Markt abhängig. Es geht uns aber bei Chancen ganz grundlegend um die Situation. Wir haben eine Niedrigzinsphase mit steigender Wahrscheinlichkeit von Krisen und sprechen daher mit unseren Kunden über Möglichkeiten, die zu erwartenden Krisen zu umschiffen oder sich zunutze zu machen. Wir denken dabei an Hedging, aber auch an Mandate, die mehrere Bereiche umfassen, die sich ergänzen, wie bereits skizziert. Wie Chancen wahrzunehmen sind, loten wir im Vorhinein aus und passen die jeweiligen Mandate daran an. Viele Investoren haben in den vergangenen Monaten gemerkt, dass sie nicht umfassend genug auf Marktverwerfungen reagieren können. In solchen Fällen sind wir sehr offen für ein Gespräch und haben einige potenzielle Antworten bereits im Hinterkopf.

Gottfried Hörich ist seit September 2020 Deutschland-Chef bei Insight und leitet die regionalen Vertriebsaktivitäten. Zuvor hatte er verschiedene leitende Positionen im Asset-Management inne, zuletzt als Managing Director bei Amundi Deutschland. Davor war er für J.P. Morgan Asset Management tätig.

Wolfgang Murmann ist Head of Solutions Deutschland bei Insight Investment. Der Risikomanagementexperte hat über 20 Jahre Branchenerfahrung und ist verantwortlich für die Entwicklung von Risikomanagementkonzepten wie Liability- und Cashflow-Driven-Investments sowie Transfer von Langlebigkeitsrisiken für betriebliche Pensionseinrichtungen in Deutschland. Er hält einen BBA der Frankfurt School of Finance & Management und einen MSc der Cass Business School.

Hinweis: Dieser Beitrag ist zuerst erschienen in TiAM – Trends im Asset Management 04/2020
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