„ESG-Kriterien stehen bei uns im Mittelpunkt“

- Robert Sawbridge
- Insight Investment
FRANKFURT — Der Anleihespezialist Insight Investment hat sich ESG-konformen Anlagestrategien verschrieben. So auch beim Sustainable Euro Corporate Bond Fund, der sich auf nachhaltige Unternehmensanleihen konzentriert. Fondsmanager Robert Sawbridge beschreibt im TiAM-Interview seine Strategie.
TiAM: ESG-Investitionen haben zuletzt an Bedeutung gewonnen. Insight Investment beschäftigt sich jedoch schon seit einiger Zeit mit diesem Thema. Wie sieht Ihre Strategie genau aus?
Robert Sawbridge: Während ESG-Investitionen aktuell wie ein Modetrend erscheinen mögen, stehen Umwelt-, Sozial- und Governance-Faktoren (ESG) bei Insight schon seit Langem im Mittelpunkt unseres Ansatzes für Unternehmensanleihen. Wir gehörten 2006 zu den Gründungsunterzeichnern der PRI und sind davon überzeugt, dass das Verständnis von und das Engagement mit ESG-Risiken bei unserer Kreditanalyse ein wesentlicher Bestandteil der Ermittlung eines genauen Marktwerts für jede Investition ist.
TiAM: Sie verwalten den Sustainable Euro Corporate Bond Fund. Welche Anlagestrategie verfolgen Sie damit?
Sawbridge: Der Fonds wird aktiv, diversifiziert und nach dem Total-Return-Prinzip verwaltet, wobei Nachhaltigkeits- und ESG-Faktoren berücksichtigt werden. Im Mittelpunkt steht die Überzeugung, dass aktives Management und ESG-Fokus miteinander kombiniert werden können, um ein Alpha-generierendes Produkt zu schaffen, das auch die Allokation in bessere, nachhaltigere Unternehmen ermöglicht. Wir versuchen, von den Chancen an den Anleihe- und Derivatemärkten zu profitieren, indem wir aktiv in ein ESG-optimiertes Universum investieren. Das heißt, wir versuchen Emittenten zu identifizieren, die Mindeststandards für ESG-Faktoren erfüllen, um unser investierbares Universum zu definieren. Innerhalb dieses Universums versuchen wir dann, Positionen in Unternehmen mit starkem ESG-Profil überzugewichten, die auch das Potenzial für eine starke Investmentperformance haben.
TiAM: Wo liegt hierbei der Schwerpunkt?
Sawbridge: Um den Fonds nachhaltig zu führen, haben wir einen Ansatz entwickelt, der vier spezifische Elemente beinhaltet, die alle in der Gestaltung des Portfolios gleich wichtig sind: ESG-Risikointegration, Ausschlüsse, positive Allokation und Engagement. Im Kern geht es um die Integration von ESG-Faktoren in die fundamentale Kreditanalyse, da wir glauben, dass überlegene Anlagelösungen vom effektiven Management der Risiken und Chancen abhängen, die sich aus finanziellen und nicht-finanziellen Faktoren ergeben. Der Schwerpunkt bei dieser Integration liegt in erster Linie auf der Identifizierung wesentlicher Downside-Risiken.
TiAM: Wie genau gehen Sie vor?
Sawbridge: Wir verwenden Ausschlusskriterien, um zu einem ESG-optimierten Universum zu gelangen. Wir schließen Worst-in-Class-Namen, Unternehmen die gegen den UN Global Compact verstoßen, und Unternehmen mit erheblicher Beteiligung im Kohlebereich sowie bestimmte ungeeignete Sektoren wie Glücksspiel, Rüstung und Tabak aus. Damit werden ungefähr zehn bis 15 Prozent der Benchmark auf der Grundlage der innerhalb des Fonds angewandten Screens automatisch entfernt, während der Rest das ESG-optimierte Universum bildet.
TiAM: Und die weiteren Schritte?
Sawbridge: Im dritten Schritt sorgen wir für eine positive Allokation, indem wir Unternehmen mit einem besseren ESG-Profil sowie Unternehmen oder Themen, die unserer Meinung nach positive Auswirkungen auf die Umwelt oder die Gesellschaft haben, übergewichten. In diese Kategorie fällt auch eine strukturelle Allokation in Impact-Anleihen wie grüne, soziale oder nachhaltige Anleihen. Und schließlich gehen wir auf der Engagementseite die spezifische Verpflichtung ein, dass wir, wenn sich die ESG-Performance eines Unternehmens so verschlechtert, dass es sich außerhalb der von unseren ESG-Parametern festgelegten Toleranzen befindet, mit dem Unternehmen zusammenarbeiten, um das verursachende Verhalten zu korrigieren. Auf diese Weise hoffen wir, das Verhalten des Managements aktiv beeinflussen zu können – andernfalls verkaufen wir.
TiAM: Setzen Sie, um das Anlageziel zu erreichen, auch Derivate ein?
Sawbridge: Wir verwenden Swaps oder Futures auf Staatsanleihen, um die Gesamtduration des Portfolios kostengünstig und effizient anzupassen, sowie Devisenterminkontrakte zur Währungsabsicherung. Zur Absicherung oder, um ein Long Exposure bei Einzelnamen zu erreichen, setzen wir gelegentlich auch Credit Default Swaps ein.
TiAM: Die Corona-Krise hat zahlreiche Portfolios in Mitleidenschaft gezogen. Wie steht es um Ihren Fonds?
Sawbridge: Obwohl wir im Februar im Kreditrisiko leicht übergewichtet waren, sind wir mit einer defensiven Positionierung im Portfolio in die Krise gegangen. Strukturell schließt der Fonds bestimmte Sektoren aus, was dazu führt, dass er weniger in zyklische Namen investiert, was in diesem Zeitraum günstig war, da sich die Spreads in zyklischen Industrien stärker ausweiteten als in anderen Sektoren. Wir haben auch das Beta auf Portfolioebene im März und April sehr dynamisch gemanagt – indem wir Anfang März schnell das Risiko nach unten verkauften und dann auf breiteren Spread Levels wieder investierten. Nachdem die Fed eingesprungen war und sich der Markt erholte, haben wir vor allem durch attraktive Neuemissionen, die mit großen Zugeständnissen auf den Markt kamen, das Risiko erhöht. Da es zu diesem Zeitpunkt Währungsverzerrungen gab, nutzten wir zudem die Gelegenheit, einige Nicht-Euro-Anleihen zu kaufen, die einen starken relativen Wert gegenüber europäischen Äquivalenten boten. Letztlich kann man aber sagen, dass wir aufgrund der Krise keine besonderen Maßnahmen ergriffen haben, außer darüber nachzudenken, welche Industrien durch die Krise grundlegend verändert werden, aber im Allgemeinen denke ich, dass dieser Zeitraum die Vorteile einer proaktiven Portfoliopositionierung veranschaulicht hat.
TiAM: Glauben Sie, dass die Märkte wieder in ruhigem Fahrwasser sind?
Sawbridge: In gewisser Weise bin ich überrascht, dass die Spread Levels fast wieder auf den Stand von Ende Februar zurückgegangen sind, aber in den vergangenen Jahren haben wir bei Euro-Unternehmensanleihen gelernt, dass zentralbankgestützte Märkte viel enger handeln, als es ihre fundamentale Qualität vermuten lässt. Während Märkte jetzt im Sommer etwas ruhiger schienen, stellt das Wiederaufflammen der Coronavirus-Fälle und somit die Wiedereinführung von Lockdowns eine Quelle von Volatilität dar. Geopolitische Besorgnisse wie die zunehmenden Spannungen zwischen China und den USA, die US-Präsidentschaftswahlen im November, die Brexit-Verhandlungen und ein mögliches Aufflammen von Meinungsverschiedenheiten innerhalb der EU-Mitgliedsstaaten sind alles Risiken, die wir genau im Auge behalten. Hinzu kommt, dass wir uns mitten in einer Klimakrise befinden, die erhebliche Risiken für alle Industrien und die Weltwirtschaft mit sich bringt und sich wiederum auf die Gesellschaft als Ganzes auswirkt.
TiAM: Wie also werden sich Ihrer Meinung nach die Anleihemärkte in naher Zukunft entwickeln? Und was bedeutet das für das Nachhaltigkeitssegment?
Sawbridge: Wir denken, dass der Klimawandel bei den Anlegern nach wie vor ganz oben steht und wahrscheinlich auch in Zukunft die treibende Kraft im Nachhaltigkeitssegment sein wird.
Robert Sawbridge, CFA
Head of Responsible Investment Solutions, Insight Investment
Der leitende Portfoliomanager ist seit 2008 bei Insight Investment und dort für Konzeption, Umsetzung und das Management von ESG-Unternehmensportfolios verantwortlich. Zudem managt er den Sustainable Euro Corporate Bond Fund.
Hinweis: Dieser Beitrag ist zuerst erschienen in TiAM – Trends im Asset Management 03/2020
Falls Sie sich für TiAM interessieren, klicken Sie bitte hier.