„Die Durchschnittsrendite liegt bei 6,5 Prozent“

- Hans-Jürgen Friedrich
- KFM Deutsche Mittelstand AG
DÜSSELDORF — Zinsen und Anleiherenditen sind im Keller und werden dort wohl noch eine Weile verharren. Eine Alternative zum Investment-Grade-Bereich bieten Mittelstandsanleihen. Die Papiere haben zwar eher selten ein Kreditrating, bieten aber ansehnliche Renditen, sagt KFM-Vorstand Hans-Jürgen Friedrich.
KFM hat sich auf Mittelstandsanleihen spezialisiert. Was macht denn diese Anlageklasse so spannend?
Hans-Jürgen Friedrich: Das Anlagesegment der Mittelstandsanleihen ist sehr attraktiv, unter anderem, weil es einen großen Bedarf gibt. Aufgrund von Basel III und demnächst Basel IV wird es für Mittelständler immer schwieriger, sich über Banken und Kredite zu finanzieren. Diese Unternehmen sind quasi gezwungen, an den Kapitalmarkt zu gehen. Aber nicht jeder Investor hat in diesem Segment so viel Expertise wie wir.
Welche Expertise muss ein Investor denn mitbringen?
Friedrich: Er muss in der Lage sein, die Bonität des Unternehmens und die Qualität der Anleihe zu analysieren, um die Spreu vom Weizen trennen zu können. Aus meiner Sicht ist das essenziell, um die Chancen zu heben, die der Markt bietet.
Und wer das nicht kann?
Friedrich: Der kann über einen unserer initiierten Mittelstandsanleihefonds investieren. Wir verfügen über sämtliche Unterlagen und auch die Mittel, die Sie brauchen, um die Bonität der betreffenden Unternehmen zu analysieren. Natürlich ist auch von Vorteil, dass Sie mit dem Deutschen Mittelstandsanleihen FONDS breit gestreut in eine Vielzahl interessanter deutscher Mittelstandsanleihen investieren.
Welchen Mehrwert bringen Mittelstandsanleihen dem Investor gegenüber dem breiten Anleihemarkt?
Friedrich: Am Anleihemarkt sind die Risiken inzwischen oftmals nicht mehr richtig gepreist. Durch die massiven Interventionen der Notenbanken stimmen die Risikoprämien nicht mehr. Wir wollen mit unseren Fonds hingegen echte Erträge generieren, die das eingegangene Risiko belohnen. In unserem Segment brauchen wir diese Erträge auch als Ausgleichsmasse gegenüber möglichen Kursschwankungen. Deshalb sind wir zumeist im High-Yield-Bereich unterwegs. Dort lassen sich noch echte Schnäppchen finden.
Wieso gibt es dort Chancen?
Friedrich: Das liegt schon allein daran, dass ein Unternehmen mit einem Umsatz von unter einer Milliarde Euro in der Regel gar kein Investment-Grade-Rating bekommen kann, ganz gleich, wie solide es aufgestellt ist. Es gibt genügend Beispiele, bei denen Mittelständler ihre Anleihen mit Kupons von sechs Prozent und mehr ausstatten mussten, um als unbekannte Adresse die Eintrittsbarrieren im Kapitalmarkt zu überwinden. Mit der Zeit gelingt es vielen von ihnen, die Bonität zu verbessern und sich mit deutlich niedrigeren Sätzen zu finanzieren. Als Buy-and-hold-Investor, der auf der Suche nach Cross-over-Kandidaten ist, haben wir hier Vorteile.
Welche Vorteile haben Sie?
Friedrich: Wir kommen in den Genuss der erhöhten Kupons und haben die Chance auf Kursgewinne, wenn die Bonität sich verbessert. Die nutzen wir auch, wenn absehbar ist, dass die Unternehmen ihre Call-Option ziehen, die bei vielen Anleihen vor allem von soliden Emittenten eingebaut sind. Sobald die Unternehmen sich deutlich günstiger finanzieren können, kündigen sie die alten Anleihen und bezahlen die Investoren aus. Auch das beobachten wir sehr genau. Sobald wir den Eindruck gewinnen, dass ein Schuldner die Call-Option ziehen könnte, prüfen wir den Kursverlauf und schaffen es oftmals, noch eine Prämie oberhalb des Call-Niveaus zu erzielen.
Wie finden Sie Ihre Anleihen?
Friedrich: Durch Fleißarbeit. Wir müssen viele Steine umdrehen, um die passenden Papiere zu entdecken. Wir suchen gezielt nach soliden Unternehmen, mit der Aussicht, dass sich die Bonität in den nächsten Jahren noch verbessert.
Auf Agenturen können Sie dabei aber nicht setzen?
Friedrich: Nein, wir haben ein eigenes Bewertungsverfahren entwickelt – das KFM-Scoring. Dabei ermitteln wir im ersten Schritt anhand einer eingehenden Unternehmensanalyse die Bonität des Emittenten. Wichtig ist, dass wir das Anleiheportfolio wie ein Kreditportfolio mithilfe der berechneten Ausfallwahrscheinlichkeit steuern. Als Grundlage dienen die Bilanzen des Unternehmens, die Entwicklung des Cashflows, der Zinsdeckungsgrad und letztlich auch das Verhältnis von Eigenkapital zu Fremdkapital. Im Weiteren schauen wir uns auch an, wofür die aufgenommenen Mittel verwendet werden sollen. Wenn wir dabei feststellen, dass sich durch die Neuverschuldung zwar die Bilanzrelationen verschlechtern, das Unternehmen zugleich aber auf Erfolgskurs ist, dann ist auch diese Hürde genommen.
Wie viele Anleihen prüfen Sie und wie viele bestehen den Test?
Friedrich: Wir prüfen in jedem Monat knapp 100 Anleihen, von denen 80 Prozent direkt durchfallen. Die übrigen 20 Prozent werden weiter analysiert, etwa mittels unserer Nachhaltigkeitskriterien, die wir zusammen mit imug-rating aufgesetzt haben. Nachhaltigkeit ist für uns ein wesentlicher Faktor. Damit wollen wir ausschließen, dass Unternehmen aus ihrer Geschäftstätigkeit ein negativer Impact erwachsen könnte.
Gibt es weitere Faktoren, die geprüft werden?
Friedrich: Wir achten bei den Emittenten auch auf die Bekanntheit im Markt, auf Veröffentlichungspflichten und das Management – und natürlich auf die Kennzahlen der Anleihe: den Kupon, die Einstiegsrendite und die Illiquiditätsprämie.
Welche Renditen suchen Sie?
Friedrich: Im Durchschnitt sollte die Rendite um drei Prozentpunkte über der Rendite von Bundesobligationen liegen, zuzüglich einem Kostenbeitrag und der erwähnten Ausgleichsmasse, sodass wir auf eine Portfoliorendite von über 5,5 Prozent achten. Zurzeit liegt die Durchschnittsrendite unseres Portfolios sogar bei 6,5 Prozent.
Wie groß ist Ihr Marktsegment?
Friedrich: Von 2013, als wir den Fonds gestartet haben, bis heute ist das Volumen deutscher Mittelstandsanleihen von 50 auf 185 Milliarden Euro gestiegen. Die entsprechenden Unternehmen finden sich beispielsweise im DAXplus Family 30 oder unter den Top-500-Familienunternehmen.
Rechnen Sie im Rahmen von Corona mit steigenden Ausfällen?
Friedrich: Davon ist auszugehen. Insbesondere bei den Unternehmen, die unmittelbar von Corona betroffen sind. Kleinstunternehmen werden wohl stärker betroffen sein sowie Unternehmen, die es zuvor versäumt hatten, ihre Passivseite wetterfest zu machen.
Inwiefern könnte Ihr Fonds betroffen sein?
Friedrich: Im Portfolio haben wir derzeit nur einen Wackelkandidaten, mit dem wir aber schon eine ganze Zeit im Gespräch stehen und inzwischen die weitere Finanzierung sicherstellen konnten, um so die Kuh vom Eis zu bringen. Insgesamt sind wir aber mit allen Emittenten im engen Austausch, um die betriebswirtschaftlichen Entwicklungen laufend bewerten zu können.
Bedeutet Corona andererseits auch Chancen für das Portfolio?
Friedrich: Im Prinzip ja. Im Laufe der Corona-Krise sind natürlich auch die Mittelstandsanleihen unter die Räder gekommen, sodass man zu extrem günstigen Kursen einkaufen könnte. Theoretisch! Praktisch sind aber bei vielen Anleihen zu diesen Preisen keine Stücke am Markt. Andererseits müssen wir die aufgrund von Algorithmen getaxten Kurse für die Berechnung des Anteilswerts heranziehen.
Kann man Ihren Fonds demnach zurzeit mit Discount kaufen?
Friedrich: Ja, derzeit ist das so.
Vita Hans-Jürgen Friedrich, Vorstand, KFM Deutsche Mittelstand AG
Als ehemaliger Bankdirektor und Leiter Kreditgeschäft unterstützte Hans-Jürgen Friedrich mittelständische Unternehmen bei Finanzierungen über Banken und Kapitalmärkte. Seit 2012 ist er Vorstand der KFM Deutsche Mittelstand AG und seit 2013 Anlageausschussvorsitzender des Deutschen Mittelstandsanleihen FONDS.
Hinweis: Dieser Beitrag ist zuerst erschienen in TiAM – Trends im Asset Management 03/2020
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