„Die Asymmetrie an den Märkten voll ausspielen“

- Kay-Peter Tönnes
- Antecedo
MÜNCHEN – Der Antecedo Defensive Growth Fonds basiert ausgerechnet auf der höchst volatilen Technologiebörse Nasdaq – und profitiert zusätzlich, wenn die Volatilität stark ausschlägt. Fondstüftler Kay-Peter Tönnes über seine Anlagestrategie und Szenarien, die seinem Fonds besonders in die Hände spielen.
? Mit dem Antecedo Defensive Growth Fonds haben Sie einen defensiven Wachstumsfonds im Programm, der in Nasdaq-Aktien investiert. Ist das kein Widerspruch?
Kay-Peter Tönnes: Eigentlich nicht. Je volatiler das Basisinvestment ist, desto sinnvoller wird eine Absicherungsstrategie. Das ermöglicht vielen Anlegern erst, in richtig ertragreiche Anlageformen zu investieren.
? Aber wieso ausgerechnet die Technologiebörse Nasdaq?
Tönnes: Wir setzen eine Aktienabsicherungsstrategie um, deren wichtigster Werttreiber die Entwicklung des zugrunde liegenden Aktienportfolios ist. Die langfristige Wertentwicklung des Fonds wird umso besser, je häufiger das Aktienportfolio stark ansteigt. In Bezug auf Liquidität und Ertragsstärke konnten wir nichts Besseres als den Nasdaq 100 finden.
? Wie stark hängt der Fonds an der Indexentwicklung?
Tönnes: Es wäre schön, wenn ich dazu einfach eine Zahl nennen könnte, aber so einfach ist es leider nicht. Die Absicherungsstrategie bewirkt eine hohe Asymmetrie in der Portfolioentwicklung, die wir durch den Einsatz von Optionen erreichen. In der aktuellen Situation führt dies dazu, dass der Fonds bei einem Anstieg im Nasdaq 100 um acht Prozent etwa sechs Prozent höher steigen würde, bei einem Kursrückgang um acht Prozent aber nur um circa vier Prozent sinken würde. Je größer die Kursausschläge im Nasdaq werden, desto größer ist auch die Spreizung zwischen Kurschance und Kursrisiko. Bei einfach nur monoton steigenden Aktienmärkten streben wir eine Partizipation an der Indexentwicklung von 70 Prozent an, aber je größer die Kursausschläge werden, desto besser werden wir.
? Wie hat sich das während des Corona-Einbruchs ausgewirkt?
Tönnes: Mit den zunächst stark fallenden Kursen sind wir schnell in die Nähe der Vollabsicherung gekommen. Der starke Anstieg der Optionsvolatilitäten hat uns hierbei zusätzlich geholfen. Da in der Vollabsicherung immer Anpassungen über wertlos gewordene verkaufte Call-Optionen ablaufen, erhöht sich in einer solchen Phase auch die Chance auf Kursgewinne bei einem Wiederanstieg der Märkte. Das half uns dann zusätzlich, als die Märkte wieder stiegen. Wir hatten in der Vollabsicherungsphase noch erhebliche Sicherheitsreserven, die wir hätten einsetzen können. Mit einem Jahresgewinn von über 50 Prozent und einem Jahresergebnis, das 15 Prozent über dem Nasdaq 100 liegt, sind wir aber ganz zufrieden.
? Und wie hat sich der Fonds seither weiterentwickelt?
Tönnes: Kurz gesagt: planmäßig. Wenn wir nur den Zeitraum vom 30. Juni 2020 bis zum 11. November 2020 betrachten, danach ist der Nasdaq 100 um etwas über 17 Prozent gestiegen und der Fonds um 14,4 Prozent. Das ist eine Partizipation von 84 Prozent und somit voll in Ordnung.
? Welchen Einfluss haben Marktschwankungen auf den Fonds?
Tönnes: Die Entwicklung des Nasdaq 100 ist der wichtigste Werttreiber. Aber über die Asymmetrie des Fonds können wir aus den Marktschwankungen zusätzliche Rendite erzielen. Besonders stark wirken sich dabei solch hohe Marktausschläge wie in diesem Jahr aus. Dann verlieren wir in der Abwärtsbewegung nur relativ wenig, kommen aber beim nächsten Wiederanstieg kräftiger von unten heraus.
? Und was ist das Besondere an der erwähnten Asymmetrie?
Tönnes: Das Besondere ist, wie wir die Absicherungskosten minimieren und hierdurch ein recht hohes Aufwärtspotenzial gewinnen. Zur Absicherung kaufen wir Put-Optionen auf den Aktienindex und verkaufen zugleich Call-Optionen auf die einzelnen Aktien im Portfolio, um die Kosten der Put-Optionen zu refinanzieren.
? Wie behandeln Sie das Währungsrisiko?
Tönnes: Das Währungsrisiko ist ebenfalls über Devisenoptionen abgesichert. Hierdurch haben wir immer noch eine gute Chance auf Währungsgewinne und nur ein geringes Verlustrisiko, wenn der US-Dollar fallen sollte. Seit der Fondsauflegung hat der Dollar circa sieben Prozent an Wert verloren und dennoch haben wir ein leicht positives Devisenergebnis.
? Welche Anlageerfolge konnten Sie mit dem Fonds bislang erzielen?
Tönnes: Der Defensive Growth ist noch nicht sehr alt, nur etwas älter als ein Jahr. Die Strategie, die hinter diesem Fonds steckt, setzen wir aber im Spezialfondsbereich bereits seit dem Jahr 2007 ein, für die Aktienmärkte Europa, Amerika und Asien. Die Ergebnisse waren immer gut und auch deutlich besser als andere Absicherungskonzepte. Das Jahr 2008 war rückblickend ein Höhepunkt in dieser langen Entwicklung, als unsere Kunden in der Finanzkrise nur geringfügige Wertrückgänge ihrer Portfolios verzeichneten.
? Wodurch unterscheidet sich Ihr Konzept von anderen am Markt?
Tönnes: Die meisten Absicherungskonzepte beruhen entweder auf reinen Indexabsicherungen oder auf dynamischen Absicherungen der Portfoliostruktur, bei denen mit fallenden Kursen Aktien verkauft werden. Das Konzept der reinen Indexabsicherung halte ich für zu ertragsschwach und zu den dynamischen Konzepten habe ich kein Vertrauen, denn in der Praxis haben sie nur selten gut funktioniert. Wir arbeiten mit einem computerbasierten Prozess, bei dem die Absicherung immer physisch vorhanden ist, was wegen der Vielzahl der verkauften einzelnen Aktienoptionen sehr aufwendig ist. Aber die Ergebnisse rechtfertigen diesen Aufwand.
? Was sind nach Ihrer Erfahrung die besten Szenarien für den Fonds?
Tönnes: Die besten Szenarien für den Fonds sind diejenigen mit hohen Volatilitäten an den Aktienmärkten. Dann können wir die Asymmetrie an den Märkten voll ausspielen. Wenn ich mir eine Marktentwicklung wünschen könnte, dann die mit einem riesigen Einbruch am Aktienmarkt und anschließender Erholung – gern doppelt so stark wie in diesem Jahr.
? Ist im kommenden Jahr mit einem solchen Szenario zu rechnen?
Tönnes: Da wir mit den medizinischen Fortschritten auf ein Ende der Pandemie zusteuern und die von Notenbanken und Regierungen geschaffene Liquidität astronomisch hoch ist, erwarte ich einen guten Start ins neue Jahr. Ob das dann so bleibt, hängt davon ab, wie und wann die Unterstützungsmaßnahmen zurückgenommen werden. Die Vielzahl der Zombiefirmen, die mit immer neuen Krediten am Leben erhalten werden, machen mir Sorgen. Aber vermutlich wird der Politik auch 2021 der Mut fehlen, eine Bereinigung zuzulassen. Somit sollte das neue Jahr kein schlechtes Aktienjahr werden. Langfristig dürfte allerdings schon ein großer Knall an den Börsen auf uns zukommen. Das kann nächstes Jahr passieren – oder erst in zehn Jahren.
Kay-Peter Tönnes
Der studierte Betriebswirt begann seine berufliche Laufbahn als Portfoliomanager 1992 bei den Basler Versicherungen. Im Jahr 1998 wechselte er als Senior-Portfoliomanager zu Metzler Investment und gründete im März 2003 die Lupus alpha Alternative Solutions GmbH. Seit 2006 ist er mit Antecedo Asset Management am Start.
Hinweis: Dieser Beitrag ist zuerst erschienen in TiAM – Trends im Asset Management 04/2020
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