Weckruf für aktive Asset-Manager

  • Andreas Utermann
  • Allianz Global Investors

FRANKFURT — „Alpha allein ist nicht entscheidend“, warnt Andreas Utermann, Chef von Allianz Global Investors. Vielmehr müssten sich aktive Investmentmanager in zahlreichen erfolgskritischen Bereichen deutlich mehr anstrengen als bislang, um im Wettbewerb mit passiven Strategien bestehen zu können.

„Allianz Global Investors hat kürzlich weltweit eine Umfrage unter institutionellen Anlegern durchgeführt“, erklärt Andreas Utermann, CEO von Allianz Global Investors. „Eines der Ergebnisse lässt besonders aufhorchen: Weniger als ein Viertel (23 Prozent) der Befragten gab an, dass aktiv gemanagte Portfolios die Kosten wert seien. Dies ist ein Weckruf, wenn nicht ein Warnschuss für die Asset-Management-Branche.

Nachdem sie über Jahre Boden gegenüber passiven Strategien verloren haben, hoffen aktive Vermögensverwalter darauf, in den heute volatileren und weniger korrelierten Märkten wieder aufzuholen. Doch aktive Manager können sich nicht auf ein positives Marktumfeld verlassen, sie stehen weiterhin vor großen Herausforderungen. Sie müssen zwar eine Überrendite – Alpha – generieren, um die Kunden bei der Stange zu halten. Aber Performance ist bei Weitem nicht alles. Daher wurden Investoren nach den wichtigsten Kriterien für die Auswahl von Vermögensverwaltern befragt.

Das Ergebnis: Obwohl die Anlageperformance natürlich ein kritischer Faktor ist, erwarten sie auch ein tiefes und umfassendes Verständnis für die Ziele und Herausforderungen des Kunden. Sie bevorzugen diejenigen Manager, die aus einem derartigen Verständnis heraus auf Basis einer Vielzahl von Strategien für verschiedene Anlageklassen maßgeschneiderte Lösungen bieten. Produktgetriebene Ansätze sind demgegenüber out.

Aktive Manager müssen daher die Fähigkeit entwickeln, enge und für beide Seiten vorteilhafte Beziehungen zu ihren Kunden aufzubauen – durch starke Beratung und Kundenservice. AllianzGI nennt das „Client Alpha“, und die Untersuchung zeigt, dass diejenigen Manager erfolgreich sein werden, die bei ihren Kunden in fünf wichtigen Bereichen punkten.

Innovative Risikomanagementkonzepte

Die Angst vor politischen, wirtschaftlichen und Marktrisiken ist laut Umfrage hoch. Gleichzeitig geben weniger als die Hälfte der institutionellen Investoren an, dass sie über die Instrumente verfügen, um mit Extremereignisrisiken (Tail Risks) umzugehen – und nur 47 Prozent haben seit der Finanzkrise ihre Risikomanagementansätze geändert.

Darüber hinaus bedeutet Risikomanagement heute auch, strukturelle Veränderungen wie technologiegetriebene Disruption und digitale Transformation im Blick zu haben. 71 Prozent halten aktive Ansätze diesbezüglich für besser geeignet als passive Strategien. Aktive Manager, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, ihre Investmentansätze permanent zu verfeinern, können den Kunden nicht nur helfen, erhöhte Marktbedrohungen zu bewältigen, sondern auch sicherstellen, dass ihre Kunden für langfristige Trends wie Digitalisierung und Klimawandel gerüstet sind.

Einsatz neuer Technologien

Die befragten institutionellen Anleger sind der Meinung, dass sich durch den Einsatz der richtigen Technologie ein Wettbewerbsvorteil erreichen lässt. Fast drei Viertel der Befragten gehen davon aus, dass sie digitale Tools nutzen werden, um die Dienstleistungen für ihre Kunden individuell anzupassen. Beides erwarten sie auch von ihren Vermögensverwaltern. 61 Prozent der Befragten sagen darüber hinaus, dass aktive Manager besser in der Lage sind, die Vorteile von künstlicher Intelligenz und Big Data zu nutzen. Mithilfe derartiger Technologien leisten aktive Manager Kunden eine wertvolle Hilfestellung, sodass sie sich an die „schöne, neue Digitalwelt“ anpassen können.

Zugang zu alternativen Investments

Die Umfrage zeigt auch, dass die Anleger ihre Zuteilungen für alternative Anlagen erhöhen wollen. Diversifizierung ist hierbei der am häufigsten genannte Treiber. Aber es gibt Stolpersteine: 61 Prozent der Befragten würden mehr für alternative Strategien ausgeben, wenn sie klarer und transparenter wären, knapp die Hälfte (45 Prozent) moniert den Überfluss an neuen Produkten und Produkttypen und fast zwei Drittel geben an, dass sie bessere Instrumente benötigen, um die mit Alternatives verbundenen Risiken zu managen.

Aktive Vermögensverwalter können ihren Kunden beim Ausbau der alternativen Anlagen helfen, indem sie ihre Klientel durch die wahrgenommene Komplexität navigieren: durch intensive Beratung und eine Integration der bestehenden Produktpaletten in ganzheitliche Anlage- und Risikomanagementkonzepte.

Nachhaltigkeitskonzepte

Klar vorgezeichnet ist ein fortdauernder Wachstumskurs von nachhaltigen Investmentkonzepten. Seien dies ESG-Ansätze (Environmental, Social, Governance), Impact- oder sozialverantwortliche (SRI) Strategien: 71 Prozent der Befragten erwarten, dass derartige Ansätze in den nächsten drei Jahren deutlich an Popularität gewinnen werden. Dies ist eine Chance, aber auch eine Verpflichtung für aktive Manager: Denn 60 Prozent sagen, dass Konfusion über die unterschiedlichsten Nachhaltigkeitsansätze herrscht und sie deshalb weniger investieren.

Da 61 Prozent der befragten Investoren der Ansicht sind, dass aktive Manager die investierten Unternehmen besser steuern können als passive Manager, spielen aktive Strategien die größere Rolle in ESG-konformen Portfolios. Aktive Manager können sich weiter abheben, wenn sie sich klar und transparent für die Themen und die Werte ihrer Kunden einsetzen.

Innovative Gebührenmodelle

Die Ergebnisse der Umfrage zeigen schließlich, dass Anleger zwar den Wert eines aktiven Managements anerkennen, aber nicht überzeugt sind, dass die Kosten diesem Wert entsprechen. Deshalb ist es wichtig, die Gebührenstrukturen mit dem Leistungsversprechen in Einklang zu bringen. Laut der Umfrage begrüßen Investoren innovative erfolgsabhängige Gebührenmodelle. Rund 68 Prozent geben an, dass sie Gebührenstrukturen bevorzugen, die sich an die Leistung anpassen, während 58 Prozent zu Managern wechseln würden, die eine besser abgestimmte Vergütung anbieten.

Ein „Call to Action“

Zusammenfassend lässt sich also feststellen: Für eine wachsende Zahl von Investoren ist das Alpha, das aktive Manager beitragen, nur ein Element des gesamten Leistungsversprechens. Investoren sind bestrebt, eine breite und tiefe Beziehung zu Managern aufzubauen, die Client Alpha in Form maßgeschneiderter Lösungen und Beratung liefern können.

Aktive Manager verfügen zwar über Ressourcen und Fachwissen, können aber nicht davon ausgehen, dass sie hier naturgemäß im Vorteil sind. Um das Vertrauen der Anleger wiederherzustellen, müssen sie diese Stärken ausbauen und beweisen, dass sie die sich ändernden Bedürfnisse ihrer Kunden erkennen und unterstützen. Die Untersuchung von Allianz Global Investors liest sich daher wie ein Fahrplan zu mehr Kollaboration zwischen Anleger und Manager – eine Beziehung, von der letztlich beide Seiten profitieren werden.“

Andreas Utermann ist CEO von Allianz Global Investors und Vorsitzender des Global Executive Committee des Unternehmens. Bevor der studierte Ökonom 2002 zur AGI stieß, war er für Merrill Lynch Investment Managers und davor für die Deutsche Bank tätig. Er ist auch Vorsitzender des Forum of European Asset Managers (FEAM).

Hinweis: Dieser Beitrag ist zuerst erschienen in TiAM – Trends im Asset Management 02/2019
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