Vontobel: Kein Grund für schlaflose Nächte beim Investieren in italienische Staatsanleihen

FRANKFURT — Investoren die in italienische Staatsanleihen investiert haben, haben Grund zur Sorge. Macht die Politik ihre bisherigen Versprechen wahr, wird das jährliche Haushaltsdefizit mehr als drei Prozent betragen. Für Mondher Bettaieb Loriot deutet vieles darauf hin, das Kompromisse gefunden werden und die nächtliche Ruhe der Anleger zurückkehrt.


Ab hier folgt die unredigierte Mitteilung des Emittenten:

Die Schlussarie aus Puccinis Oper Turandot trägt den Titel "Nessun dorma", was übersetzt "Keiner schlafe" bedeutet. Das Lied wurde im Sommer 1990 zu einem weltweiten Mainstream-Erfolg, als die BBC die Interpretation von Luciano Pavarotti als Erkennungsmelodie für die WM-Berichterstattung in Italien wählte. Nun, die diesjährige Weltmeisterschaft liess die Italiener in Ruhe schlafen, denn ihre Mannschaft spielte nicht. Es gibt jedoch eine Gruppe, die unfreiwillig die Melodie summen könnte: Investoren in italienische Staatsanleihen, von denen wohl viele aufgrund der raschen Ausweitung der Renditedifferenzen im Verlauf des Sommers schlaflose Nächte verbrachten.

Wovor haben Anleger Angst?
Hauptursache des Stresses ist die Politik. Die Anleger fürchten, dass die laufenden Verhandlungen über den italienischen Haushalt 2019 zu einem Verstoss gegen die von der Europäischen Kommission gesetzten Obergrenze von einem jährlichen Haushaltsdefizit von 3% führen könnten. Dies stünde in starkem Kontrast zum Haushalt der vorherigen italienischen Regierung, der nur ein Defizit von 0,8 % vorgesehen hatte, sodass sich die Chance auf einen schrittweisen Schuldenabbau eröffnet hätte.

Effekthascherei ist für die Politik genauso wichtig wie PS für einen Ferrari. Entsprechend bleiben die beiden stellvertretenden Ministerpräsidenten Luigi di Maio und Matteo Salvini weiter auf Wahlkampfkurs, auch wenn sie jetzt in der Regierung sind und tatsächlich Entscheidungen treffen müssen. Sollten sie versuchen, ihre Wahlversprechen einzuhalten, darunter (unter anderem) Steuersenkungen, die Einführung eines Grundeinkommens und keine Mehrwertsteuererhöhungen, könnte Italien die Defizitgrenze der EZB von 3 % so leicht überschreiten wie ein Ferrari-Fahrer in Eile das Tempolimit. Wir gehen allerdings nicht davon aus, dass dies Realität wird.

Wege, um das Vertrauen der Anleger zurückzugewinnen
Es gibt mehrere Faktoren, die uns in Richtung einer Lösung für die Krise weisen, und wir könnten bereits an der Schwelle zu einer Rückkehr des Anlegervertrauens stehen.

Präsident Sergio Mattarella ernannte einen konservativen Finanzminister, Giovanni Tria, der sich für einen Haushalt mit einem Defizit von 1,5-1,7 % für das Land einsetzt (weit unterhalb der 3 %-Vorgabe der EU). Damit würden der Regierung jährlich rund 12 Milliarden Euro zusätzlich für Ausgaben zur Verfügung stehen. Insgesamt rund 60 Milliarden Euro über die fünfjährige Amtszeit der Regierung ist nicht gerade wenig. So erwarten wir einen Kompromissbeschluss auf ein Haushaltsdefizit von rund 1,6 %.

Darüber hinaus verfügt die EU über eine gewisse Flexibilität in ihren Bewertungsrichtlinien, sodass einige Infrastrukturinvestitionen in der Schuldenberechnung nicht berücksichtigt werden könnten. Obwohl es sich dabei um kleinere und einmalige Effekte handelt, würden sie etwa 0,5% des BIP (6-7 Milliarden Euro) ausmachen, was auch der aktuellen Regierung entgegenkommen würde.

Ausserdem ist zu erwähnen, dass es noch ein weiteres Sicherheitsnetz gibt, welches das Vertrauen der Anleger stärken sollte. Der Präsident muss den Haushalt genehmigen, und Mattarella hat öffentlich erklärt, er werde keinen Haushalt unterzeichnen, der die finanzielle Stabilität des Landes gefährde - was ein Verstoss gegen die 3%-Vorgabe zweifellos tun würde.

Auch wenn die Volatilität bei italienischen Staatsanleihen über den Sommer gestiegen ist, vertrauen wir nach wie vor darauf, dass Italien und die EU einen guten Kompromiss finden werden können. Dies würde die Notwendigkeit deutlicher Herabstufungen seitens der Rating-Agenturen definitiv verringern, und sie würden sich vielleicht nur auf die Änderung der Aussichten beschränken und damit die Schuldensituation in Italien stabilisieren. Morgan Stanleys Basisszenario für Italien sieht lediglich (Brutto-) Emissionen in Höhe von 223 Mrd. Euro an Schuldtiteln im Jahr 2019 vor, während die Nettoemission nach Reinvestitionen nur 35 Milliarden Euro beträgt. Dies erscheint nicht zu belastend.

Während also Politik und Oper einen gewissen Sinn für Dramatik (und kräftige Stimmen) teilen, ebbt die Spannung bei dem finalen Akt in der Politik oft ab - und das ist gut so. Das gegenwärtige politische Drama wird wahrscheinlich ebenfalls ohne Paukenschlag und mit einem vernünftigen Kompromiss enden. Dieses Wissen sollte die Anleger in italienischen Anleihen beruhigen, und wir hoffen, dass zumindest einige von ihnen wieder Schlaf finden.

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