„Volatilität als Anlageklasse nutzen“

  • Alexander Raviol
  • Partner bei Lupus alpha

FRANKFURT — Volatilität an den Märkten verbreitet nicht nur Schrecken, sondern bietet Investoren auch Chancen, weiß Alexander Raviol, Partner bei Lupus alpha. Seit Jahren setzt er verschiedene Vola-Strategien um.  Im Interview erklärt er, wie Investoren die Schwankungen geschickt nutzen, um ihr Portfolio zu optimieren.

HEDGEWORK NEWS: Was qualifiziert Volatilität als Ertragsquelle?
Alexander Raviol: Die klassischen Risikoprämien, wie die Übernahme des unternehmerischen Risikos bei der Aktienanlage, gibt angesichts der wachsenden Herausforderungen an den Kapitalmärkten nicht ausreichend Antworten. Hier kommt die Volatilität als Assetklasse ins Spiel. Neben der Eigenschaft als nachhaltige Ertragsquelle kann Volatilität den Diversifikationsgrad im Portfolio erhöhen.

HWN: Wann können Investoren Volatilität abschöpfen?
Raviol: Eigentlich immer. Jedoch gibt es durchaus auch Phasen, in denen man die Volatilität nicht so effektiv für das Portfolio nutzen kann, wie bei starken Marktturbulenzen. Entscheidend ist, dass die Volatilitätsprämie im Mittel einen positiven Effekt auf ein Portfolio hat. Blickt man auf die vergangenen 30 Jahre, war die Volatilität eine verlässlichere Renditequelle als beispielsweise die Aktienrisikoprämie.

HWN: Anleger profitieren bei Ihnen von der Differenz aus erwarteter und tatsächlicher Volatilität. Wie läuft das genau?
Raviol: Das funktioniert ähnlich wie im klassischen Versicherungsgeschäft. Der Verkäufer von Volatilität übernimmt ein Schadensrisiko und erhält dafür eine Prämie von dem Käufer. Im Mittel liegt deshalb die Markterwartung über der tatsächlich realisierten Volatilität. Diese Differenz bezeichnet man als Volatilitätsrisikoprämie. Wenn erwartete und tatsächliche Volatilität identisch wären, würde derjenige, der die Volatilität verkauft, für sein Risiko keine Entlohnung bekommen. Es geht daher bei unserem Volatilitätsansatz nicht darum, eine Anomalie zu entdecken. Es geht um den echten Transfer eines Risikos.

HWN: Wie gehen Sie konkret vor, um die Volatilitätsprämie zu vereinnahmen?
Raviol: Da gibt es viele verschiedene Ansätze. Wir achten darauf, Volatilität möglichst rein zu vereinnahmen, und wollen zufällige Effekte ausschließen. Auch gehen wir kostensensitiv vor. Ganz konkret setzen wir Optionsstrategien auf den Euro Stoxx 50 und den S & P 500 um.

HWN: Wie hoch fällt die Volatilitätsprämie auf Aktien denn langfristig aus?
Raviol: Sie liegt ungefähr bei vier Prozent. Das schwankt natürlich im Zeitverlauf. Bei anderen Anlageklassen fällt die Volatilitäts­prämie deutlich geringer aus.

HWN: Welche Rendite bleibt dann unterm Strich hängen?
Raviol: Man könnte verleitet sein, die Differenz zwischen implizierter und tatsächlicher Volatilität als Rendite zu verstehen. Dem ist aber nicht so. Wir steuern das Exposure aktiv und erreichen mit unserer defensiven Strategie eine Rendite von einem bis zwei Prozent pro Jahr über Geldmarkt. Mit unserem offensiven Ansatz, vom Risiko vergleichbar mit einer Aktienanlage, ist sogar eine Rendite von bis zu sechs Prozent über Geldmarkt möglich.

HWN: Wer sind Ihre Gegenparteien?
Raviol: Es gibt mehrere Möglichkeiten. Einmal kann man eine solche Strategie OTC über Volatilitäts- oder Varianz-Swaps ­umsetzen. Dann sind die Kontrahenten die typischen Investmentbanken. Wir bauen allerdings auf börsengehandelte Optionen. Unsere Gegenpartei ist dann typischerweise die Eurex oder entsprechende Derivatebörsen in den USA. In diesem Fall ist das Adressrisiko noch mal ein ganzes Stück kleiner. Faktisch dreht sich das Risiko in unserem Fall sogar um. Da wir Optionen schreiben, haben wir eine Verpflichtung, keine Forderung. Unterm Strich bleibt als Risiko nur die Volatilität, die natürlich auch gegen uns laufen kann.

HWN: Welche Risiken geht der Investor mit einem Volatilitätsprodukt ein?
Raviol: Das klassische Risikoszenario sind Phasen wie 2008. Damals lagen die erwarteten und die realisierten Volatilitäten teilweise bei 80 Prozent. Das ist etwa das Vierfache dessen, was wir heute als normal ansehen. Das Risiko steigt auch dann an, wenn die Tagesvolatilität stark steigt. Wie sich das in der Performance niederschlägt, hängt von der Skalierung des jeweiligen Fonds ab. Wir haben darüber hinaus Mandate, bei denen der maximale Verlust nicht höher als drei bis vier Prozent liegt. Beim Lupus alpha Volatility Risk-Premium gehen wir bewusst höhere Risiken ein. Hier kann der Verlust bei bis zu sieben Prozent liegen. Wohlgemerkt in Phasen, in denen der Aktienmarkt deutlich mehr einbüßt.

HWN: Wie halten Sie die Risiken bei Ihren Fonds klein?
Raviol: Wir sind überzeugt, dass Marktkenntnis der beste Schutz gegen Risiken ist. Wir setzen uns nur Risiken aus, die auch angesichts der Marktumstände vertretbar sind. Auch liegt unser Exposure maximal auf Aktienmarktniveau. Von expliziten Absicherungsstrategien halten wir nichts. Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass sich diese Maßnahmen nicht lohnen. Sie kosten nur.

HWN: Für welche Investoren sind Ihre Vola-Fonds gedacht?
Raviol: Für Profiinvestoren oder Anleger, die Profis mit ihrer Vermögensverwaltung beauftragt haben. Selbstentscheider, die sich ein Portfolio selbst zusammenstellen, sind typischerweise nicht unsere Kunden.

HWN: Sie haben bereits angedeutet, dass es eine defensive und eine offensive Variante Ihrer Vola-Strategie gibt. Wie haben die Ansätze bislang abgeschnitten?
Raviol: Die defensive Variante besteht seit 2007 und hat in dieser Zeit eine annualisierte Rendite von 2,2 Prozent. Der offensivere Fonds besteht seit etwas mehr als drei Jahren und liegt seit Auflage etwas unter den Zielen bei 3,7 Prozent. 2018 lagen wir dagegen bei 6,8 Prozent.

HWN: Welches Marktumfeld ist für Ihre Fonds am günstigsten?
Raviol: Immer dann, wenn die Verunsicherung groß ist, es aber im weiteren Verlauf nicht zu einem scharfen Anstieg der tatsächlichen Volatilität kommt. Ein solches Jahr hatten wir 2017. Zinsängste, Sorge wegen des steigenden Dollar und des Ölpreises und so weiter. An den Märkten blieb es dennoch ruhig. Immer dann, wenn Investoren nach Absicherung suchen und bereit sind, dafür eine hohe Prämie zu bezahlen, sind wir in einer guten Position.

HWN: Wie ist die Marktstimmung zurzeit?
Raviol: Die Situation ändert sich ständig. Verunsicherung gab es wegen der Wahlen in den USA. Danach Entspannung. Zinsangst wegen der Signale der Fed. Dann wieder Entspannung. Unter dem Strich kann man aber festhalten, dass die Erwartungen eher etwas zu pessimistisch sind. Dies ist ein gutes Umfeld für uns und erlaubt es, Volatilitätsprämien zu verein­nahmen. Ganz grundsätzlich halten schwache Phasen am Markt für Volatilität nicht so lange an, wie bei Aktien. Dies macht die Anlageklasse für Investoren besonders ­attraktiv.


Vita: Alexander Raviol ist Partner bei Lupus alpha und leitet den Bereich Portfolio Management Alternative Solutions. Zuvor sammelte der Diplom-Physiker Kapitalmarkterfahrungen im Asset Management der Dresdner Bank, bei UBS und bei der HSH Nordbank AG.

Hinweis: Dieser Beitrag ist zuerst erschienen in TiAM – Trends im Asset Management 04/2018
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