„Trotz ESG achten wir immer auch auf die Performance“

  • Saida Eggerstedt
  • Schroders

FRANKFURT – Saida Eggerstedt soll beim Investmenthaus Schroders die Unternehmensanleihen-Strategien mit ESG-Faktoren verknüpfen. Doch über allem steht die Herausforderung, mit den entsprechenden Fonds die Benchmark zu schlagen.

? Frau Eggerstedt, Sie sind Head of Sustainable Credit bei Schroders. Was genau ist Ihre Aufgabe?
Saida Eggerstedt: Die Aufgaben sind sehr vielseitig. Da geht es ebenso darum, unsere bestehenden Sustainable-Credit-Fonds zu managen wie auch neue Anlageprodukte zu entwickeln. Unser Anspruch bei Schroders besteht ja unter anderem darin, aktive Credit-Strategien mit dem Faktor Nachhaltigkeit zunehmend zu kombinieren, die von unseren Kunden nachgefragt werden. Andererseits helfe ich, Transition zu analysieren, beispielsweise wie Unternehmen den Umstieg von Kohle und Kernkraft auf grüne Energien planen und vollziehen. Dabei gibt es einen vielfältigen Austausch mit Analysten und Portfoliomanagern ebenso wie mit den Unternehmen und den Investoren, damit sich die Nachhaltigkeitsansätze, die Schroders verfolgt, in die richtige Richtung entwickeln.

? Sie managen unter anderem den Schroders Sustainable Euro Credit Fund. Wie gehen Sie hier vor?
Eggerstedt: Mit diesem Fonds der Kategorie 8 – ich sage immer „higher eight“, weil er in vielen Bereichen schon zur neun tendiert – investieren wir in Unternehmen, die sich hinsichtlich Nachhaltigkeit leiten lassen oder sich verbessern. Das machen wir durch Fundamentalanalyse und mithilfe unseres eigenen Impact-Tools SustainEx und, last but not least, durch regelmäßige Gespräche mit den Unternehmen. Der Fonds ist geeignet für anspruchsvolle und gründliche nachhaltige Investoren. Auf der anderen Seite gehen wir das Renditethema und nachhaltige Opportunitäten sehr pragmatisch an, weil der Fonds auch gut performen soll.

? Wie wählen Sie die Titel aus?
Eggerstedt: Wir haben einen Best-in-Class-Ansatz und schauen sehr stark auf die ESG-Ratings, die von „A+“ bis „D-“ gehen, wobei „D“ und „D-“ für uns ausgeschlossen sind, genauso wie ein „CCC“-Rating von MSCI. Zudem schauen wir immer, in welche Richtung sich die Unternehmen entwickeln – ob darin Verbesserungspotenzial steckt. Dabei versuchen wir, auch auf dem Fondslevel ein gutes MSCI- und Morningstar-Rating zu haben. Ungefähr 20 Prozent halten wir in diversen Social/Sustainable oder Green Bonds, wobei wir auch hier auf eine attraktive Bewertung achten. Die Finanzanalyse der Unternehmen wird parallel gemacht, um die Titelauswahl zu bekräftigen.

? Wie weit können Sie sich mit Ihren Investments von der internen Benchmark entfernen?
Eggerstedt: Dafür haben wir klare Richtlinien. Zum Beispiel dürfen wir maximal 20 Prozent in High Yield anlegen. Auch von der Duration her haben wir Vorgaben sowie bei den Nachhaltigkeitsregeln. Aber innerhalb dieser Guidelines können wir sehr kreativ sein.

? Damit kommen wir auf die Performance. Sie haben in einem Jahr 7,6 Prozent gemacht und die Benchmark 3,5. Wo kommt das her?
Eggerstedt: Wenn man sich bemüht, kann man viele Opportunitäten finden. Eigentlich sind wir Ende 2019 zu einem recht ungünstigen Zeitpunkt gestartet, weil gleich Anfang 2020 die Corona-Krise ausgebrochen ist, mit einem regelrechten Sell-off an den Märkten. Mithilfe der Analysten – Schroders verfügt auch über ein großes Team von Buy-Side-Analysten – haben wir Unternehmen selektiert, die unter die Räder gekommen sind, aber über eine solide finanzielle Basis verfügen. Da haben wir investiert und auch in Green Bonds, die unter Druck standen. Immer mit dem längerfristigen Blick auf die Werte.

? Mit der Hoffnung auf Besserung?
Eggerstedt: Genau – in zweierlei Hinsicht. So wie wir bestimmte Anleihen in Erwartung eines besseren Credit-Ratings kaufen, um die Performance zu stärken, so können wir auch Titel erwerben, bei denen wir eine Verbesserung des Sustainable Score erwarten – Titel, die quasi ebenfalls unterbewertet sind. Das ermöglicht es uns, das Portfolio so zu konstruieren, dass es im Schnitt ein MSCI-„AA“-Rating beinhaltet, während die Benchmark überwiegend Single-„A“-Titel enthält.

? Sie haben die Bedeutung von Corona für die ESG-Entwicklung betont. Wie sieht das aus, wenn die Corona-Krise vorbei ist? Wird die Bedeutung von Nachhaltigkeit dann wieder abnehmen?
Eggerstedt: Ich erwarte weiterhin positive Entwicklungen. Corona hat viel bewirkt, hinsichtlich der Kommunikation innerhalb der Bevölkerung, aber auch mit und in den Unternehmen. Schroders und die Investmentbranche insgesamt sind dafür ein gutes Beispiel. Andererseits gibt es gerade bei den Jüngeren noch sehr viel Unsicherheit, weshalb viel mehr unternommen werden muss, strategischer und langfristiger.

? Wie könnte das aussehen?
Eggerstedt: Beispielsweise in technologischer Sicht, da lassen sich die Entwicklungen nicht zurückdrehen. Die werden auch nach Corona weitergehen. Zumal die Techbranche eine große Verantwortung in sozialer und ökologischer Hinsicht hat. Auch Regulatoren und Zentralbanken nehmen zunehmend Nachhaltigkeit ins Visier.

? Wie reagieren Sie mit Ihren Investitionsentscheidungen darauf?
Eggerstedt: Zunächst denke ich, dass man die Portfolios relativ aktiv managen muss. Im letzten Jahr hatten wir den Sell-off, sodass wir viele Benchmark-Titel, die sich im Anschluss rasch erholt haben, sehr günstig kaufen konnten. Jetzt schauen wir etwas mehr auf die Risikoseite. Weil die Finanzierungskosten so günstig sind, könnten sich manche Unternehmen undiszipliniert verhalten und sich stark verschulden – darauf achten wir. Andererseits gibt es mittlere und große Unternehmen, die durch neue Emissionen Diversifikationschancen bieten. Zudem sind die Wachstumsaussichten gut, sodass ich die externen Faktoren insgesamt positiv beurteile.

? Sie betreuen mit dem Carbon Neu­tral Fund einen weiteren ESG-Fonds?
Eggerstedt: Ja, mit einer Carbon-Neutral-­Strategie, die deutlich ambitionierter ist als bei Paris-konformen Produkten. Hintergrund ist, dass bis zum Jahr 2050 die globale Erwärmung um maximal 1,5 Grad begrenzt werden soll, wovon wir im Moment extrem weit entfernt sind. Unser internes Modell sagt, dass, wenn wir zum gegenwärtigen Stand nichts ändern, es auf eine Erwärmung um 3,6 Grad hinausläuft.

? Was bedeutet das für Sie?
Eggerstedt: Dass wir mit dem Carbon Neutral Fund nun erstmals einen Rentenfonds haben, mit dem wir global in Anleihen von Emittenten – Investment Grade und High Yield – investieren, die mit ihrem CO2-Ausstoß auch hinsichtlich Energieverbrauch bis 2025 bei null sein müssen. Dabei bewegen wir uns in einem fokussierten Universum von Leadern, wie wir sie bezeichnen, die verstanden haben, dass die CO2-Emissionen sich weiter verteuern, dass die Kunden zunehmend CO2-effiziente Produkte und Dienstleistungen nachfragen und dass sie mit CO2-Neutralität letztendlich dem Klimawandel entgegentreten.

Über Saida Eggerstedt, CFA
Die ESG-Expertin arbeitet seit August 2019 bei Schroders und ist als Leiterin des nachhaltigen Anleihebereichs auch als Fondsmanagerin für die ESG Credit Funds tätig. Sie hat mehr als 20 Jahre Erfahrung, die sie unter anderem bei Deka, Standard Life Investments und Union Investment erworben hat, und hält einen Master of Sciences.

Hinweis: Dieser Beitrag ist zuerst erschienen in TiAM – Trends im Asset Management 03/2021
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