„Strukturierte Finanzanlagen bieten interessante risikobereinigte Renditen“

- Massimo Spadotto
- Eurizon
FRANKFURT – Eurizon-Manager Massimo Spadotto macht sich für strukturierte Finanzanlagen wie CLOs und ABS stark. Nach Einschätzung des Leiters Real & Alternative Assets bieten sie hohe Kupons bei günstigen Bewertungen und niedrigen Ausfallraten. Zudem seien sie wenig anfällig für Zinserhöhungsszenarien.
? Massimo, Sie investieren bevorzugt in europäische verbriefte Wertpapiere. Was macht dieses Marktsegment aus Ihrer Sicht interessant?
Massimo Spadotto: Strukturierte Anleihen – sogenannte Asset Backed Securities oder kurz ABS – ermöglichen den Zugang zu verschiedenen Anlagestrategien und Märkten, die für Standardanleger traditionell nicht zugänglich sind. Die zugrunde liegenden Sicherheiten sind vielfältig – Wohnhypotheken, gewerbliche Immobilien, Verbraucherkredite, Autoleasing usw. Dieser Markt unterscheidet sich von Standard-Unternehmenskrediten, er bietet eine zusätzliche Portfoliodiversifizierung sowie einen Aufschlag für die Komplexität des Instruments. Außerdem sind europäische ABS traditionell variabel verzinslich und daher weniger anfällig für Zinserhöhungsszenarien.
? Sie betreuen auch den Eurizon - Securitized Bond Fund – welche Strategie verfolgen Sie mit dem Fonds?
Spadotto: Die Strategie des Eurizon - Securitized Bond Fund ist hauptsächlich auf den europäischen ABS-Markt mit Investment-Grade-Rating ausgerichtet, der ein hohes Maß an Transparenz und Liquidität bietet. Ziel des Fonds ist ein diversifiziertes Portfolio – sowohl in Bezug auf die zugrundeliegenden Sicherheiten als auch geografisch. Jede Transaktion wird einer strengen Due-Diligence-Prüfung unterzogen, die eine genaue Analyse sowohl des Originators bzw. Sponsors, als auch der Qualität der zugrunde liegenden Sicherheiten durch Szenarioanalysen und mehrere Stresstests beinhaltet. Vor der Investition in ein Wertpapier werden verschiedene Kontroll- und Genehmigungsstufen durchlaufen, gefolgt von einer ständigen Überwachung, die schnelle Entscheidungen in einem früheren Stadium ermöglicht.
? 2020 gab es einen erheblichen Kursrückgang, der aber schnell wieder aufgeholt wurde – was war passiert?
Spadotto: Im März/April 2020 erlebte die Anlageklasse einen Abschwung aufgrund der Covid-19-Pandemie, im Einklang mit den allgemeinen Kreditmärkten. Die Erholung verlief jedoch aus mehreren Gründen, die mit den Merkmalen der Instrumente bzw. des Marktes zusammenhängen, langsamer. ABS haben allenfalls indirekt von den außerordentlichen Maßnahmen der Zentralbanken profitiert, während die Anleger den Zahlungsfristen für Hypotheken und Schulden große Aufmerksamkeit schenkten. Dessen ungeachtet haben sich strukturierte Kredite als solide erwiesen, da die in die Strukturen eingebetteten Schutzmechanismen effizient funktionierten und die Auswirkungen der Volatilität der Zahlungsströme begrenzten. Darüber hinaus wurden nur wenige Herabstufungen vorgenommen und die Zahlungen der Schuldendienste nach kurzen Verzögerungen ohne weiteres wieder aufgenommen. Dies hat das Vertrauen der Anleger in die Instrumente gestärkt und die Marktbewertungen gestützt.
? Was sind Ihre Erwartungen für 2022 und auf welche Marktsegmente konzentrieren Sie sich?
Spadotto: Wir sehen den Markt für strukturierte Kredite im Jahr 2022 positiv. Nach dem natürlichen Stresstest im Jahr 2020 wird das Vertrauen der Anleger unserer Meinung nach die Nachfrage nach dieser Anlageklasse steigern. Merkmale wie der variable Zinscharakter der Anleihen, die historisch sehr begrenzten Verluste bei den zugrunde liegenden Sicherheiten und der strukturelle Schutz aufgrund der unterschiedlichen Tranchen werden die Bewertungen und die Wertentwicklung in den nächsten Monaten unterstützen. Insbesondere Collateralized Loan Obligations (CLOs) bieten unserer Meinung nach aufgrund ihrer hohen Kupons und ihrer attraktiven Bewertungen – sowohl im Vergleich zu anderen Kreditinstrumenten als auch in absoluten Zahlen – die interessantesten Möglichkeiten. Diese Faktoren werden einen guten Schutz gegen die für 2022 erwartete Volatilität der Kreditspreads bieten.
? Wie ist das Verhältnis zwischen Ausfallraten und erwarteten Renditen?
Spadotto: Strukturierte Finanzanlagen bieten aufgrund ihrer sehr geringen Volatilität sehr interessante risikobereinigte Renditen. Darüber hinaus waren die Ausfallraten in der Vergangenheit sehr gering, insbesondere nach 2008. In den letzten 12 Monaten sind die Ausfallquoten bei fremdfinanzierten Krediten von 2,6 Prozent auf 0,8 Prozent gesunken und gehören damit zu den niedrigsten der letzten Jahre. Die Verzugs- und Ausfallquoten bei Wohnbauhypotheken und Verbraucherkrediten sind auf einem historischen Tiefstand geblieben. All dies stellt eine solide Basis dar, von der erwartet wird, dass sie die Performance in der nächsten Zeit selbst bei ungünstigen makroökonomischen Szenarien vorantreiben wird.
? Wie sieht es mit der Emissionstätigkeit aus? Welche Emittenten sind neu auf dem Markt? Wie hoch sind die Volumina und was bedeutet dies für den Gesamtmarkt?
Spadotto: 2021 war ein Rekordjahr für den Markt für strukturierte Kredite, da ca. 122 Milliarden Euro neu emittiert wurden (BofA, Nov. 2021). Die Emissionen im Jahr 2021 waren höher als 2018, dem vorherigen Rekordjahr, und die höchsten seit der globalen Finanzkrise. Der Großteil dieses Ergebnisses ist auf den CLO-Markt zurückzuführen, der sowohl bei Neuemissionen als auch bei Refinanzierungen eine außergewöhnliche Aktivität verzeichnete – 37 Milliarden Euro an Neuemissionen und 59 Milliarden Euro an Refinanzierungen. Bei den Standard-ABS ist der Eintritt mehrerer Nichtbanken und Online-Plattformbetreiber zu erwähnen, während die traditionellen Banken ihre Aktivitäten angesichts der profitableren Finanzierungskanäle durch den Rückgriff auf die Zentralbanken zurückgefahren haben. Dies trägt in der Tat zu einer weiteren Diversifizierung des Portfolios bei.
? Welche Rolle spielen ESG-Faktoren bei Investitionen in verbriefte Anleihen?
Spadotto: Die Einbeziehung von ESG-Faktoren in verbriefte Produkte hinkt anderen festverzinslichen Anlageklassen hinterher, was hauptsächlich auf die Komplexität des Marktes zurückzuführen ist. Es gibt auch einen offensichtlichen Mangel an ESG-Informationen von Drittanbietern, was aus der Vielzahl der beteiligten Parteien – Emittenten, Originatoren, Sponsoren, Treuhänder und auch Verwalter – und der Vielfalt der zugrunde liegenden Sicherheiten resultiert. In den letzten Jahren sind jedoch bereits verbriefte Produkte mit ESG-Kennzeichnung aufgetaucht, wie beispielsweise ESG CLOs, Green und Social RMBS oder CMBS (Residential mortgage-backed securities bzw. Commercial mortgage-backed securities).
? Alles in allem – wie sehen die Aussichten für den Fonds aus und wie werden Sie sich im Jahr 2022 positionieren?
Spadotto: Im Laufe des vergangenen Jahres haben die Kreditspreads den anfänglichen Performance-Rückstand gegenüber Standard-Unternehmensanleihen über die gesamte Kapitalstruktur und die unterschiedliche Qualität der Sicherheiten hinweg vollständig aufgeholt, was auf die verbesserten Fundamentaldaten und die kontinuierliche Suche der Anleger nach Renditen zurückzuführen ist. 2022 erwarten wir, dass die wichtigsten Markttreiber die Entwicklung der Pandemiebedingungen und die Reaktionen der politischen Entscheidungsträger sowie die Politik der Zentralbanken in Bezug auf das Tapering sein werden. Ein gewisses Maß an Volatilität ist ebenfalls zu erwarten, aber solide Fundamentaldaten und eine steigende Nachfrage nach Produkten, die das Risiko steigender Zinssätze abmildern können, werden die Bewertungen im Laufe des Jahres voraussichtlich stützen. Wir denken daher über eine Übergewichtung bestimmter ABS-Marktsegmente nach, die einen höheren Carry bieten, wie CLOs und CMBS-Mezzanine-Tranchen, Euro-Peripherie-Papiere sowie Mezzanine-Papiere aus Kernregionen.
Über Massimo Spadotto
Massimo Spadotto ist Fondsmanager bei Eurizon mit langjähriger internationaler Erfahrung in der Finanzbranche und Leiter des Real & Alternative Assets Team. Bevor er zu Eurizon Capital kam, arbeitete er als Spezialist für strukturierte Finanzierungen in den Londoner Niederlassungen der Deutschen Bank AG, der Royal Bank of Scotland PLC und der Bear Stearns Company Inc. und sammelte zuvor Erfahrungen als Investmentbanker bei Merrill Lynch. Massimo hat an der Università L. Bocconi in Mailand einen Abschluss in Ökonomie der Finanzmärkte und -institutionen mit Spezialisierung auf quantitative Methoden erworben und war außerdem Austauschstudent an der New York University - Leonard N. Stern School of Business.