Steigende Ölpreise trotz schwacher Konjunktur stellen Notenbanken vor ein Problem

  • Carsten Mumm
  • DONNER & REUSCHEL

FRANKFURT – „Die Notenbanken richten ihre Geldpolitik derzeit von Sitzung zu Sitzung aus“, sagt Carsten Mumm von DONNER & REUSCHEL. Mit dem Ölpreis sei nun einer der wichtigsten Inflationstreiber erneut in den Fokus gerückt, weshalb die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Leitzinsanhebung in der Eurozone steige.

Ab hier folgt der Marktkommentar von Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei der Privatbank DONNER & REUSCHEL:

„Monatelang war der sogenannte Preis-Basis-Effekt durch den Vergleich deutlich gesunkener Energie- und Rohstoffpreise mit den Höchstnotierungen des Jahres 2022 der wichtigste Faktor für nachgebende Teuerungsraten. In den letzten Wochen haben die Rohölnotierungen allerdings wieder zugelegt – und dass, trotz der immer deutlicheren wirtschaftlichen Abkühlung und damit sinkender Nachfrage.

Der Preis für ein Barrel der Nordseesorte Brent notiert mit knapp 89 US-Dollar auf dem höchsten Stand seit April dieses Jahres. Bemerkenswert ist zudem, dass der seit Ausbruch des Ukrainekrieges und der Etablierung der westlichen Sanktionen bestehende Vorsprung des Brent-Preises zur russischen Sorte Urals zuletzt auf wenige Dollar zusammengeschrumpft ist. Der Preis für Urals-Öl ist also noch stärker gestiegen.

Förderkürzungen beschlossen

Einerseits hat Russland offensichtlich Wege gefunden, wieder mehr Öl zu exportieren, bspw. in Richtung China und Indien. Andererseits haben sowohl Russland als auch Saudi-Arabien Förderkürzungen implementiert, die kurzfristig bis zunächst Oktober verlängert werden könnten.

In den USA ist die Anzahl der aktiven Förderanlagen seit November 2022 von 784 auf nur noch 631 gesunken, denn neben niedrigeren Absatzpreisen hat sich im Zuge des Zinsanstiegs der letzten Monate die Fremdkapital-Finanzierung der Anlagen erheblich verteuert.

Weitere Leitzinsanhebung möglich

Vor diesem Hintergrund sind in dieser Woche die Ölimporte Chinas sowie die in den USA vermeldeten Rohöllagerbestände und die Anzahl der aktiven Bohrlöcher besonders interessant. Und auch die Notenbanken dürften mit Blick auf die anstehenden Zinsentscheide Mitte September den Ölpreis eng beobachten. Der Preis-Basis-Effekt dürfte in den kommenden Monaten nur noch im geringen Ausmaß zu einer weiter sinkenden Inflation beitragen. Die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Leitzinsanhebung in der Eurozone steigt.“

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