Signal Iduna Asset Management – Trump mit Timing-Problem

- Philipp van Hove
- Signal Iduna
HAMBURG — Im Handelskonflikt zwischen China und den USA hoffen Anleger auf eine nachhaltige Lösung. Auch US-Präsident Trump dürfte daran gelegen sein, so Signal Iduna-Manager Philipp van Hove, weil er den Erfolg seiner Präsidentschaft an der Börsenentwicklung festmachen möchte. Insofern gehe es darum, die Lösung dicht an den Wahltermin zu schieben.
Ab hier folgt die unredigierte Mitteilung des Emittenten:
„Regelmäßigen Umfrageergebnissen zufolge haben schon seit bald einem Jahr aus Sicht der vermeintlichen Fachleute nur zwei Themenfelder das Potential, die Kurse am Markt signifikant zu bewegen: die Entwicklung des amerikanisch-chinesischen Handelskonfliktes und die Zinspolitik der großen westlichen Notenbanken, zuvorderst der FED und der EZB“, sagt Philipp van Hove, Leiter des Fonds- und Portfoliomanagements Aktien bei der SIGNAL IDUNA Asset Management. Das decke sich mit den Rankings der meistgelesenen Artikel in den internationalen Wirtschaftszeitungen.
„Deutlich weniger Einfluss billigt man – laut besagten Umfragen – Themenfeldern wie dem Brexit, Italien, Währungsentwicklungen und den tatsächlichen Gewinnentwicklungen der einzelnen Unternehmen zu“, so van Hove weiter. „Gerade Letzteres mutet etwas skurril an. Denn Aktien sind vom Grundsatz her weiterhin Unternehmensbeteiligungen, und ihr Eigentümer partizipiert am unternehmerischen Erfolg seines jeweiligen Investitionsobjekts.
Emotionen wie zu Zeiten der Lehman-Pleite
Die Fokussierung auf die oben genannten beiden Themen wird seit geraumer Zeit von einer außergewöhnlich hohen Emotionalität im Markt begleitet. Das zeigt sich in den Sentiment-Indikatoren: So lagen diese beispielsweise im Dezember nach dem kräftigen, gleichwohl nicht dramatischen Kursrückgang auf einem derart niedrigen Niveau wie vor zehn Jahren zu Zeiten der Lehman-Pleite – und das trotz einer im historischen Vergleich deutlich besseren Ausgangslage für Aktien.
Zudem ist ein hoher Uniformitätsgrad bzgl. der Erwartungen an einzelne Entwicklungen erkennbar. So gehen nahezu 100 Prozent aller Marktteilnehmer davon aus, dass die FED und die EZB die Wirtschaft durch monetäre Maßnahmen weiter unterstützen werden. Ebenso hoch scheint die Einigkeit, wenn es darum geht, dass Growth-Titel auch weiterhin Value-Aktien hinter sich lassen werden: Der Performanceabstand zwischen Value- und Growth-Titeln war seit über einer Dekade nicht mehr so groß, wie in diesem Jahr: 13% stehen für die Value- und 25 % für die Growth-Aktien zu Buche. Soviel Einmütigkeit war selten – und war in den letzten Jahrzehnten immer wieder Vorbote für überraschende, gegenläufige Marktbewegungen. Denn bei einer kurzfristigen Gegenbewegung kann schnell ein sogenannter „Squeeze“ entstehen, der Investoren zum Eindecken ihrer Positionen zwingt. Typischerweise sind derartige Bewegungen dann besonders stark ausgeprägt, aber nicht unbedingt von Dauer.
Peking hat den längeren Atem
Schauen wir uns das am Handelskonflikt an: Mit diesem hat Donald Trump ein Thema gefunden, das negative Auswirkungen auf die globale Konjunktur hat, gleichwohl aber den US-amerikanischen Aktienmarkt, gemessen an seiner sichtbaren Kursentwicklung, bis dato nicht zu sehr in Mitleidenschaft gezogen hat. Weil Trump den Erfolg seiner Präsidentschaft aber an der Börsenentwicklung festmachen möchte und zudem mittlerweile sogar wiedergewählt werden will, hat er jetzt ein Timing-Problem.
Sicher scheint, dass die Marktteilnehmer eine Lösung des Handelskonfliktes – also nicht nur einen beliebigen marktpflegenden Tweet, sondern ein unterschriebenes Abkommen – in Breite für ein Kursfeuerwerk nutzen werden. Aber was kommt dann? Danach ist damit zu rechnen, dass die derzeit vernachlässigten, oben zitierten Themenfelder wieder in den Fokus rücken werden. Das wird für Aktien derjenigen Unternehmen, die ihre Hausaufgaben gemacht haben, sehr positiv sein. Und es kann ein Aufbrechen der Uniformität bzgl. Value versus Growth bewirken. Wenn dann aber aufgrund des gelösten Handelskonfliktes und der einhergehenden konjunkturellen Erholung der FED vollends die Argumente ausgehen, die Zinsen weiter zu senken, und sie gar wieder eine Erhöhung ins Auge fasst: Das könnte den US-Aktienmarkt in Mitleidenschaft ziehen. Insofern wird es für Trump darum gehen, die Lösung des Konfliktes so dicht wie möglich an den Wahltermin zu schieben, idealerweise ans Ende des ersten Halbjahres 2020.
Aber so dicht vor der Wahl besteht die Gefahr, dass die Chinesen erstmal abwarten wollen, ob Trump wiedergewählt wird oder ob nicht die Chance besteht, sechs Monate später mit einem konzilianteren Präsidenten oder gar einer Präsidentin verhandeln zu können. Da die chinesische Führung nicht nur system-, sondern auch kulturbedingt eine deutliche längere Perspektive mitbringt als westliche Politiker, sind sechs oder auch 12 Monate lediglich ein Wimpernschlag. Und auch wenn der Konflikt das chinesische Brutto-Sozialprodukt stärker belastet als das US-amerikanische: Chinas Bürger sind wirtschaftliche Leiden gewohnt. Dann aber würde Trump ohne Börsenerfolg dastehen. Insofern sind spürbare Fortschritte der Verhandlungen noch in diesem Jahr durchaus vorstellbar.
Die richtige Positionierung
Wir fühlen uns deshalb wohl in Aktien. Da die Unternehmer in den vergangenen Jahren ihren Teil der Hausaufgaben im Wesentlichen gemacht haben und die Erwartungen angemessen heruntergekühlt haben, lassen sich an Europas Aktienmärkten zahlreiche Titel mit hoher Qualität, fairen Bewertungen und einer ansprechenden Ausschüttung erwerben. Und dazu sind die Investments hoch liquide, auch in Stressphasen. Darüber hinaus werden im vierten Quartal die Diskussionen um die konkreten Jahresprognosen für 2020 so richtig Fahrt aufnehmen. In Relation zu anderen Assetklassen rechnen wir im Konsens auch hier mit einer höheren Ertragserwartung für Aktien und gegebenenfalls Umschichtungsmaßnahmen.
Die Unsicherheit sollte man gleichwohl nicht unterschätzen und risikobewusst investieren. Dabei ist es aus unserer Sicht ratsam, mit einer Strategie im Aktienmarkt engagiert zu sein, die unabhängig von emotionalen Entscheidungen agiert. Denn nicht jeder Tweet oder jedes Umfrageergebnis muss zwangsläufig sinnvolle Transaktionen nach sich ziehen.“