Rohstoffe als Diversifikationsinstrument für Multi-Asset-Portfolios

- Natalie I. Shapiro
- MFS Investment
FRANKFURT – „Während Aktien und Anleihen in Zeiten hoher Teuerung immer unter Druck geraten, haben sich Rohstoffe und andere reale Werte gut entwickelt“, sagt Natalie I. Shapiro von MFS Investment. Deshalb seien sie zu Diversifikationszwecken gut geeignet.
Ab hier folgt der unredigierte Marktkommentar von Natalie I. Shapiro, Portfoliomanagerin bei MFS Investment Management:
„In den letzten 30 Jahren war die Inflation in den USA stabil niedrig. Dies und die zugleich sinkenden Zinsen bei steigenden KGV und Gewinnmargen haben für ein günstiges Umfeld für Aktien- und Anleiheninvestments gesorgt. Nach COVID-19 war die Zeit der niedrigen Inflation vorbei. Aufgrund von Lieferkettenstörungen und steigender Nachfrage stieg der Verbraucherpreisindex, der die durchschnittliche Veränderung der Preise im Zeitablauf misst, auf seinen höchsten Stand seit 1990. Angesichts der zuletzt stabil hohen Teuerung muss man wissen, welche Auswirkungen eine höhere Inflation auf traditionelle Investmentportfolios hat.
Inflationsanstiege sind sowohl für Aktien- als auch für Anleiheninvestoren ungünstig, vor allem für jene, die laufende Erträge benötigen. Durch eine hohe Inflation sinkt die Kaufkraft der Cashflows, und eine starke Teuerung geht häufig mit steigenden Renditen und fallenden Anleihenkursen einher. Für Aktieninvestoren sind die inflationsbedingt fallenden KGVs und manchmal auch rückläufigen Gewinnmargen ein Problem. Beides belastet die Aktienmärkte. Während Aktien und Anleihen in Zeiten hoher Teuerung immer unter Druck geraten, haben sich Rohstoffe und andere reale Werte gut entwickelt. Deshalb eignen sie sich auch sehr gut zur Diversifikation.
Inflationsschutz über längeren Zeitraum
In Phasen wie in den 1970er-Jahren, als die Teuerungsrate im Durchschnitt bei 6,8% lag, erzielten Rohstoffe meist hohe Erträge. Wir gehen zwar nicht davon aus, dass wir wieder Verhältnisse wie in den 1970ern bekommen werden, aber auch kurzfristige Inflationsanstiege können erhebliche Auswirkungen auf Portfolios haben. Das gilt vor allem für Investoren mit kurzen Anlagehorizonten, die einen starken Einbruch nicht verkraften können. Kurzfristig belasten unerwartete Inflationsanstiege in der Regel die Verbraucherstimmung und sorgen für eine höhere Marktvolatilität. Langfristig senkt eine hohe Inflation die Kaufkraft aufgelaufener Erträge.
Häufig versäumen Investoren, Positionen aufzubauen, die gegen Inflation schützen. Es ist zwar fast unmöglich zu prognostizieren, wann und wie stark die Inflation steigt, aber in der Vergangenheit haben Rohstoffe aufgrund ihrer Korrelation einen gewissen Schutz gegen eine hohe Teuerung geboten.
Betrachtet man die monatliche, quartalsweise und jährliche Korrelation von Rohstoffen, US-Aktien und US-Anleihen mit der Inflation seit 1972, zeigt sich eine positive Korrelation der Rohstofferträge, vor allem über 1-Jahres-Zeiträume. Die Korrelation der Aktien- und Anleihenerträge mit der Inflation ist dagegen über alle Zeiträume negativ. Die mit der Länge des Zeitraums steigende positive Korrelation zwischen Rohstoffen und der Inflation lässt davon ausgehen, dass Rohstoffe Inflationsschutz bieten, vor allem über längere Zeiträume. Die mit der Länge des Zeitraums steigende negative Korrelation zwischen Aktien/Anleihen und der Inflation spricht dagegen dafür, dass Inflation über längere Zeiträume ungünstig für diese beiden Assetklassen ist.
Attraktive Erträge bei hoher und steigender Inflation
Rohstoffe sind nicht nur ein guter Inflationsschutz, sondern dienen bei strategischer Allokation auch als Diversifikationsinstrument. In der Vergangenheit waren Rohstoffe nur schwach mit Aktien und Anleihen korreliert. Außerdem stellen sie attraktive Erträge in Zeiten hoher Inflation in Aussicht, wenn Aktien und Anleihen schlecht abschneiden.
Seit Januar 1973 haben sich Rohstoffe in Phasen mit höherer Inflation erheblich besser entwickelt als Aktien und Anleihen. In Zeiten hoher und steigender Inflation erzielten Rohstoffe durchschnittlich 29,2% Ertrag. Das entspricht 18,8 und 23,5 Prozentpunkten Mehrertrag gegenüber Aktien und Anleihen. In Phasen hoher und rückläufiger Inflation war der Mehrertrag geringer. Bei einer Inflation von unter 3% schnitten Rohstoffe dagegen deutlich schlechter ab als Aktien und Anleihen.
Investoren können auf unterschiedliche Art in Rohstoffe investieren. Eine Möglichkeit ist der Kauf von Rohmaterialien wie Edelmetallen. Eine weitere sind Anlagen in Terminkontrakte oder börsengehandelte Fonds, die einen Rohstoffindex direkt abbilden. Sie sind aber sehr volatil und komplex, sodass sie sich grundsätzlich eher für sehr erfahrene Investoren eignen. Publikumsfonds, die in Rohstoffe investieren, sind eine dritte, für die meisten Investoren am besten geeignete Lösung, um einen Teil des Portfolios in diese Assetklasse zu investieren. Wichtig ist aber auch, dass Rohstoffe volatil und nicht für jeden Investor geeignet sind. Vor allem in Zeiten niedriger und rückläufiger Inflation können sie an Wert verlieren.“