Pflege – Wachstumsmarkt im Immobilienbereich

  • Gerald Klinck
  • Cureus GmbH

MÜNCHEN – Immobilieninvestments stehen bei Anlegern hoch im Kurs. Das gilt insbesondere für Pflegeimmobilien. Hier treffe eine steigende Nachfrage nach Pflegeplätzen auf ein begrenztes Angebot, was Investoren eine stabile Rendite in Aussicht stelle, sagt Gerald Klinck, CFO der Cureus GmbH.

„Anleger sind immer auf der Suche nach einem für ihren jeweiligen Horizont attraktiven Rendite-Risiko-Profil. Dieses Grundprinzip gilt umso mehr in Zeiten negativer Yields bei Assets wie Staatsanleihen oder Unternehmensbonds. Die Folgen? Ausweichbewegungen und der Versuch, neue Wachstumspotenziale zu erschließen.
Dieser Anlagedruck ist einer der wesentlichen Treiber für die hohen Steigerungsraten bei den Immobilienpreisen in Deutschland und Europa – laut Statistischem Bundesamt stiegen die Preise für Bauland seit 2010 um mehr als 100 Prozent. Spätestens die umgreifende Renditekompression hat auch Investorengruppen auf den Bereich der Real Assets ausweichen lassen, die in der Vergangenheit deutlich konservativer orientiert waren.

Pflegeimmobilien als Spezial-Assetklasse

Einer der Teilmärkte, die davon relativ gesehen am stärksten profitiert haben und dies auch weiterhin tun, ist der für Gesundheitsimmobilien und insbesondere für Pflegeheime. Die Grundlage für das hohe Investoreninteresse liegt in Deutschland geradezu auf der Hand: Robuste Fundamentaldaten hinsichtlich Volkswirtschaft, Arbeitsmarkt und Verschuldungsquote öffentlicher wie privater Haushalte sind unumstößliche Indikatoren für langfristige Stabilität – während gleichzeitig der demografische Wandel für eine wachsende Nachfrage nach neuen, zusätzlichen Pflegeimmobilien sorgt.
Allein zwischen 2015 und 2020 stieg das Transaktionsvolumen überwiegend von älteren Bestandsgebäuden, da es dem Marktsegment an Neubau mangelt. Es kletterte von etwa 830 Millionen Euro auf mehr als 2,4 Milliarden Euro, ein Plus von fast 300 Prozent.
Die Basis für diesen beeindruckenden Anstieg ist auch für die Zukunft auf Jahre hin prognostizierbar: Wie zuletzt eine Studie der Immobilienanalysten von Bulwiengesa gezeigt hat, wird die Gruppe der älteren Menschen in den kommenden Jahren beständig weiterwachsen. Ausgehend von 2011 rechnen die Forscher mit einer quantitativen Zunahme der Senioren ab 65 Jahren um sechs Prozent bis 2040. Die Gruppe der Menschen ab 85 Jahren, die für die stationäre Pflege relevanteste Alterskohorte, wird im selben Zeitraum in absoluten Zahlen sogar um fast 100 Prozent wachsen – statt 1,9 Millionen werden dann ungefähr 3,8 Millionen Hochbetagte in Deutschland leben, wovon auch das Statistische Bundesamt ausgeht.

Pflegeplatzmangel droht

Zeitgleich wächst die Zahl der Ein- und Zweipersonenhaushalte deutlich. Statt etwa 17,3 Millionen wie noch 2018 könnte sie den Prognosen zufolge im Jahr 2040 bei 19,3 Millionen liegen – mit entsprechenden Folgen für den Bedarf nach Pflegeplätzen. Denn je mehr Menschen allein leben, desto weniger von ihnen können durch Angehörige im häuslichen Umfeld gepflegt werden. Noch deutlicher zeigt sich der zugrunde liegende Trend in der Betrachtung der Menschen ab 60 Jahren: Statt knapp 7,2 Millionen (2019) werden 2040 etwas mehr als neun Millionen Menschen in dieser Altersgruppe einen Einpersonenhaushalt bilden, die Zahl wird somit um etwa 25 Prozent steigen.
Was daraus für den Pflegeimmobilienmarkt folgt, ist aus Sicht der Experten von Bulwiengesa klar: Bis 2040 werden in Deutschland rund 512 000 zusätzliche vollstationäre Pflegeplätze benötigt. Addiert man die Ersatzbauten für den stark überalterten Bestand hinzu, entsteht sogar ein kumulierter Neubedarf von etwa 612 000 Pflegeplätzen. Im Vergleich entspricht dieser Wert der Einwohnerzahl einer Stadt wie Stuttgart.
Der Neubau kann mit dem wachsenden Bedarf indes nicht mithalten. Bulwiengesa sieht – schreibt man die gegenwärtige Bauaktivität fort – immer noch eine Bedarfslücke von 308 000 Pflegeplätzen bis 2040. Um diese zu schließen, muss ab sofort mehr und schneller in zeitgemäßer Qualität neu gebaut werden.
Die Professionalisierung des Gesamtmarkts sowie das gewachsene Anlegerinteresse im vergangenen Jahrzehnt zeigen sich auch an den gesunkenen Mietrenditen. Betrug die Spitzenrendite für Pflegeheime im Jahr 2010 noch fast acht Prozent, sank sie bis 2020 auf vier Prozent. Eine solche Entwicklung lässt erwarten, dass sich auch der Risikograd von Anlagen in diesem Marktsegment reduziert. Hier lohnt sich für Investoren eine genaue Prüfung der wirtschaftlichen Lage der Betreiber und damit des Betreiberrisikos. Bis heute gibt es nur wenige bundesweit tätige Pflegeanbieter. Meist agieren kleine Betreiber mit wenigen Objekten, deren Präsenz und Expertise sich auf einzelne Regionen beschränken.
Ziel sollte es daher für die Akteure am Markt für Pflegeimmobilien sein, dass sich nun mehr und mehr Betreiber etablieren, die – neben der tiefgreifenden Verwurzelung des Pflegegedankens in ihrem Geschäftsbetrieb – vor allem eine gewisse Größe und wirtschaftliche Stabilität mitbringen. Dies steigert überdies die Attraktivität als Arbeitgeber für Pflegefachkräfte und ist Grundlage für die schnelle Skalierbarkeit des Pflegebetriebs auf neu entstehende Objekte.

Nachhaltig mehr bauen

Vor allem mit Blick auf diesen Neubau, der angesichts des Produktmangels für den Investmentmarkt stetig attraktiver wird, sind deshalb, neben einem stabilen Betreibernetzwerk, zwei Dinge von zentraler Relevanz: Investoren sollten erstens darauf achten, dass ihr Asset den Anforderungen in der Praxis genau gerecht wird und es dem Pächter gute Bedingungen für einen wirtschaftlichen Betrieb bietet. Zweitens lassen sich Risiken durch Netzwerke, schlank definierte Prozesse und einheitliche Baustandards minimieren.
Während ein festes Netzwerk aus General- und Nachunternehmern, Planern und Architekten sowie Betreibern die Menge des erforderlichen Neubaus sicherstellt, beschleunigen standardisierte und optimierte Prozesse die Errichtung und Inbetriebnahme neuer Gebäude. Definierte Baustandards sind Garant für eine immer gleichbleibend hohe Qualität der Pflegeimmobilien. In diesem Dreiklang laufen Wertschöpfungsketten optimal ab, was sowohl die Rentabilität als auch die Sicherheit für Investoren erhöht. Die damit verbundene Skalierbarkeit sorgt somit für Optimierung bei Baukosten und Bauzeiten, bei gleichzeitig höherer Bauleistung.
Angesichts der enormen Bedarfslücke, auf die Deutschland in der Pflege zusteuert, gibt es nichts zu deuteln: Sowohl aus wirtschaftlicher als auch aus sozialer Perspektive muss dringend mehr gebaut werden. Dies allein wäre indes nur eine unzureichende Abhilfe. Denn langfristige Renditen hängen selbstverständlich von mehr Faktoren ab als der Nachfrage. Um nachhaltig erfolgreiche Investitionen zu ermöglichen, muss auch der Bestand an Pflegeheimen eine besonders hohe Qualität ausweisen, beispielsweise durch wirksamen Klimaschutz und funktionierende soziale Netzwerke.
Anleger sollten daher schon heute darauf achten, mit welchem Anspruch und welchem Fokus ein Pflegeheim errichtet wurde: Werden moderne Effizienzkriterien erfüllt, sodass die Immobilie auch in zehn oder 20 Jahren noch betrieben werden kann? Ist das Umfeld in das Konzept einbezogen worden, um eine hohe Akzeptanz bei Anwohnern, Kommunen und Bewohnern zu erreichen? Ist dem nicht so, sind auch die besten Fundamentaldaten kein Garant für einen Erfolg.

Immobiliensegment mit Zukunft

Die beschriebenen Entwicklungen und Abhängigkeiten verdeutlichen, dass Pflegeimmobilien trotz aller Professionalisierung eine Assetklasse mit besonderen Herausforderungen bleiben. Weiterhin mangelt es dem Marktsegment in entscheidenden Bereichen an Transparenz, etwa bei den Projekten im Bau und den Entwicklungskapazitäten der wichtigsten Marktteilnehmer. Für Investoren ist deshalb entscheidend, starke Partner mit hoher Expertise und einem Bekenntnis zu Transparenz und ESG-Kriterien auf diesem Spezialfeld zu finden. Wenn dies gelingt, wird der Markt auch langfristig dynamisch bleiben und die benötigten Kapazitäten aufbauen können.“

Gerald Klinck ist CFO der Cureus GmbH und verfügt über langjährige Erfahrung in der Immobilienbranche. Cureus ist ein Bestandshalter von Pflegeimmobilien, der sein Portfolio selbst entwickelt.

Hinweis: Dieser Beitrag ist zuerst erschienen in TiAM – Trends im Asset Management 04/2021
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