„Mut zur Konzentration auf das Wesentliche ist wichtig“

- Dirk Söhnholz
- Soehnholz Asset Management GmbH
FRANKFURT – Dirk Söhnholz, der Gründer der Soehnholz Asset Management GmbH, hat den ESG-Fonds FutureVest Equity Sustainable Development Goals aufgelegt, mit dem er strengste Nachhaltigkeitskriterien verfolgt. Hedgework befragte ihn nach seiner Strategie und seiner Motivation.
Hedgework: Herr Söhnholz, Sie sind mit einem neuen Fonds, dem FutureVest Equity Sustainable Development Goals, am Start. Welche Strategie verfolgen Sie mit dem Fonds?
Dirk Söhnholz: Die Strategie ist ganz einfach: Der Fonds soll so nachhaltig wie möglich sein und trotzdem aktienmarkttypische Renditen erreichen.
Hedgework: Wie wählen Sie die Titel für den Fonds aus?
Söhnholz: Der Fonds zeigt schon mit seinem Namen, dass die nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen, SDG abgekürzt, unterstützt werden sollen. Das soll vor allem durch die Auswahl von Branchen erfolgen, die möglichst gut im Einklang mit diesen SDG stehen. Neben diesen Positivkriterien gibt es viele explizite Ausschlüsse. Zudem müssen alle Aktien relativ hohe ESG-Kriterien, also Environmental-, Social- und Governance-Kriterien erfüllen. Um das Risiko im Fonds zu begrenzen, werden Titel mit hohen aktuellen Kursverlusten ausgeschlossen. Ich verzichte aber auf klassische Finanzkriterien, um möglichst anspruchsvolle Nachhaltigkeitskriterien zu nutzen. Dieser Ansatz hat sich seit mehreren Jahren sehr gut bewährt.
Hedgework: Sie haben unter anderem das Investment-Tool DVFA PRISC entwickelt. Wofür steht das und was kann es leisten?
Söhnholz: DVFA PRISC steht für Policies for Responsible Investment Scoring Concept der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management. Mit dem kostenlos online verfügbaren Tool kann man einfach eine individuelle Nachhaltigkeitspolitik bestimmen. Ich gewichte zum Beispiel die Kategorie Impact mit 40 Prozent, Umwelt-, Sozial- und Governancefaktoren mit 45 Prozent und Ausschlüsse mit 15 Prozent. Stimmrechtsausübungen und Engagement sind mir dagegen nicht wichtig, weil ich versuche, nur in die auch ohne externen Einfluss nachhaltigsten Unternehmen zu investieren.
Hedgework: Wie lässt sich DVFA PRISC nutzen?
Söhnholz: Wenn man mit dem DVFA PRISC Tool seine individuelle Politik definiert hat, kann man Fonds und andere Anlagen daran messen. Für Fonds kann man dafür zum Beispiel die ebenfalls frei online verfügbaren Fondsprofile des Forums Nachhaltige Geldanlagen nutzen. Gemessen an meiner eigenen Nachhaltigkeitspolitik erreicht mein Fonds die maximale DVFA PRISC Punktzahl.
Hedgework: Zurück zum Fonds, haben Sie eine Präferenz für Branchen – und welche mögen Sie eher nicht?
Söhnholz: Zulässige Branchen sind vor allem Gesundheit, grüne Infrastruktur und erneuerbare Energien. Aber es sind auch auf Wohn- oder Gesundheitsimmobilien fokussierte Unternehmen bzw. Real Estate Investment Trusts und Arbeitsvermittlungsunternehmen im Portfolio zu finden. Ziel es ist, möglichst nur Unternehmen im Portfolio zu haben, die klar auf SDG-kompatible Marktsegmente fokussiert sind.
Hedgework: Welches sind die wichtigsten Ausschlüsse für den Fonds?
Söhnholz: Ich habe eine ziemlich lange und strenge Ausschlussliste. Für die von mir genutzten SDG-kompatiblen Segmente spielen diese aber keine so wichtige Rolle. So sind Atom- und fossile Energieproduktion und vieles andere ausgeschlossen, aber in der Liste der zulässigen Branchen stehen sowieso nur nachhaltige Branchen wie erneuerbare Energien und Schienen-, Wasser- und Telekommunikationsinfrastruktur.
Hedgework: Und auf Länderebene?
Söhnholz: Länderausschlüsse spielen eine wichtigere Rolle. So sind für den Fonds nur Unternehmen mit Hauptsitz in einem Land zulässig, das zu den besseren 50 Prozent nach Rechtsstaatlichkeitskriterien gehört. Damit sind zum Beispiel China, Brasilien und Russland ausgeschlossen.
Hedgework: Stichwort ESG. Welches ist für Sie der wichtigste Faktor: E, S oder G? Oder alle drei kombiniert?
Söhnholz: Alle drei Faktoren sind mir gleich wichtig. Alle Aktien im Portfolio müssen relativ hohe Umwelt- aber auch Sozial- und Governance-Mindestanforderungen erfüllen. Andere Anbieter von Nachhaltigkeitsfonds nutzen meist aggregierte Ratings und müssen E, S und G deshalb gewichten. Dabei kann zum Beispiel ein guter Governance-Score einen schlechten Öko- oder Sozial-Score kompensieren. Das ist bei meinem Ansatz nicht möglich.
Hedgework: Ein wichtiges Element des Fonds ist auch, dass Sie ein Best-in-Universe-Prinzip anwenden. Was steckt dahinter?
Söhnholz: Die Nutzung des Best-in-Universe Prinzips ist mir sehr wichtig. Dabei sind nur die absolut besten Unternehmen nach ökologischen, sozialen und Governance-Kriterien zulässig. Viele andere Anbieter nutzen den sogenannten Best-in-Class Ansatz. Damit soll meist sichergestellt werden, dass die größten Branchen auch in einem Portfolio vertreten sind.
Hedgework: Wie wirkt sich das im Detail aus?
Söhnholz: Nehmen wir als Beispiel die traditionellen Energieerzeuger, die meist als eine separate Klasse definiert werden. Deshalb finden sich in vielen als nachhaltig bezeichneten Portfolios auch die angeblich ökologischsten traditionellen Energieanbieter. Mit dem von mir genutzten Best-in-Universe-Ansatz findet man allenfalls Anbieter von erneuerbaren Energien im Portfolio. Das Greenwashing-Risiko ist bei einem Best-in-Universe-Ansatz viel geringer als bei einem der vorherrschenden Best-in-Class-Ansätze.
Hedgework: Für den Fonds sind Sie vor allem bei Mid Caps fündig geworden – wieso das?
Söhnholz: Aktien müssen mit 250 Millionen Euro nur eine relativ geringe Mindestkapitalisierung haben, um für mein Portfolio zugelassen zu werden. Ich nutze aber keine Top-Down-Allokationen: Weder für Länder, noch Branchen noch Kapitalisierungen. Der hohe Mid-Cap-Anteil ist also Bottom-Up entstanden.
Hedgework: Und was hat den Ausschlag gegeben?
Söhnholz: Ich habe bewusst einen ESG-Ratinganbieter ausgewählt, der durch den Einsatz von maschinellem Lernen ein möglichst breites Aktienuniversum in Bezug auf interne und externe ESG-relevante Daten bewertet. Ich wende meine Aktienselektionsregeln auf alle aktuell knapp 30.000 Aktien an, die dieser Anbieter analysiert. Der hohe Mid-Cap-Anteil meines Fonds ergibt sich aus dem besonders breit abgedeckten ESG-Ratinguniversum und der Unabhängigkeit von Benchmarks. Aus Anlegersicht kann das interessant sein, weil mein Fonds so relativ wenig Überschneidungen mit anderen nachhaltig genannten Fonds hat, die oft viele Mega-Caps enthalten.
Hedgework: Sie arbeiten eher mit Ausschlüssen als mit Engagement und sie geben auch Divestments den Vorzug. Das dürfte in der Praxis zu konzentrierten Portfolios mit starken Abweichungen von der Benchmark führen. Ein Problem?
Söhnholz: Mit dem Fonds will ich in die möglichst intrinsisch nachhaltigsten Aktien weltweit investieren. Je höhere Nachhaltigkeitsanforderungen ich stelle, desto weniger Aktien finde ich, die alle Anforderungen erfüllen. Mit 30 Titeln ist der Fonds deshalb tatsächlich ziemlich konzentriert. Statistisch ist das kein Problem, denn die Titel sind annähernd gleich gewichtet und man kann zeigen, dass der Grenznutzen weiterer Aktien im Portfolio schnell stark abnimmt. Der Fonds orientiert sich zudem an keiner Benchmark. Das liegt vor allem daran, dass ich keine Benchmark kenne, die mir nachhaltig genug ist. Für Anleger, die möglichst geringe Benchmark-Abweichungen haben wollen, ist mein Fonds als Stand-Alone-Investment nicht geeignet.
Hedgework: Was entgegnen Sie der immer wieder gehörten Kritik, ESG-Strategien gingen zu Lasten der Performance?
Söhnholz: Schon seit 2017 gibt es ein globales ESG-SDG-Modellportfolio, das nach den gleichen Prinzipien wie der Fonds erstellt wurde. Dieses Portfolio hat fast die gleichen Rendite- und Risikokennzahlen wie traditionelle globale Aktien-ETFs.
Hedgework: Sie haben früher Hedgefonds und Private-Equity-Fonds analysiert. Hat Ihnen das für Ihr Portfolio geholfen?
Söhnholz: Ja, sicher. Von den besten Fondsmanagern kann man lernen, dass Investmentstrategien nicht kompliziert sein müssen, um gut zu sein. Auch der Mut zur Konzentration auf das Wesentliche ist wichtig. Und eines der wichtigsten Beurteilungskriterien für alternative Fonds war das sogenannte Alignment of Interest der Fondsmanager mit den Investoren. Ich habe ziemlich viel Geld selbst in den Fonds investiert, um mein Commitment zu zeigen.
Hedgework: Als Fondsberater agiert die Deutsche Wertpapiertreuhand GmbH. Erklären Sie uns kurz, was hinter diesem Unternehmen steckt?
Söhnholz: Meine speziell für das Fonds-Advisory gegründete Soehnholz Asset Management GmbH berät den Fonds unter dem Haftungsdach der DWPT Deutsche Wertpapiertreuhand GmbH. Das hat den Vorteil, dass ich keine eigene Lizenz brauche. Das Portfoliomanagement-Team der Deutschen Wertpapiertreuhand unterstützt mich sehr gut bei der Fondsberatung. Hinzu kommt, dass Marketing, Vertriebskooperationen etc. über die DWPT koordiniert werden.
Hedgework: Welche anderen Dienstleistungen offeriert Ihre Firma?
Söhnholz: Auf www.prof-soehnholz.com veröffentliche ich ungefähr alle zwei Wochen kostenlose Zusammenfassungen von und Links zu interessantem, neuen wissenschaftlichen Nachhaltigkeitsresearch. Mein Schwerpunkt liegt aber auf evidenzbasierten und konsequent nachhaltigen Modellportfolios für Vermögensverwalter, Banken, Family Offices und Stiftungen. Auf www.soehnholzesg.com werden 15 solcher Portfolios veröffentlicht, davon alleine fünf mit SDG-Fokus. Ungefähr die Hälfte sind Multi-Asset- und Aktien-ETF-basiert und die anderen sind direkte Aktienportfolios. Mehrere meiner ESG-ETF-, SDG-ETF- und ESG-SDG-Aktienportfolios waren die wohl ersten derartigen öffentlichen Portfolios weltweit. Ich helfe meinen Kunden auch bei der Entwicklung von Nachhaltigkeitsstrategien und individuellen nachhaltigen liquiden Anlagelösungen.