„Mit dem IP Value Faktor signifikantes Alpha generieren“

  • Prof. Andreas Zagos
  • InTraCoM GmbH

FRANKFURT — Immaterielle Vermögenswerte werden in Investmententscheidungen nach wie vor nur selten berücksichtigt, obwohl sie wesentlich den Unternehmenswert determinieren. Die InTraCoM GmbH hat in den letzten 12 Jahren einen mathematischen Algorithmus entwickelt, um alle lebenden Patente aller Unternehmen weltweit monetär zu bestimmen und daraus den „IP value factor“ zu generieren. Im Gespräch mit Hedgework News erklärt Prof. Andreas Zagos, wie dieser Faktor als Art Frühindikator für die Aktienselektion genutzt werden kann.

HEDGEWORK: Prof. Zagos, in Ihrem Vortrag beim 161. Hedgework beschäftigen Sie sich mit immateriellen Wirtschaftsgütern im Allgemeinen und mit Patenten im Speziellen. Was macht ein stärkerer Fokus auf immaterielle Wirtschaftsgüter für einen Investor interessant?
Prof. Andreas Zagos: Ein Investor interessiert sich meiner Ansicht nach immer für die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens, im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung und einer Alleinstellung im Markt durch dessen Produkte oder Services. Immaterielle Wirtschaftsgüter, und insbesondere Patente, liefern hierfür einen wichtigen Einblick.

HEDGEWORK: Sie schenken speziell Patenten besondere Beachtung. Weshalb? Und was unterscheidet Patente von sonstigen immateriellen Wirtschaftsgütern wie etwa Markenrechten und dergleichen?
Zagos: Patente sind, so sagen wir, die „most tangibles under the intangibles“. Unter den gewerblichen Schutzrechten haben sie eine sehr große Bedeutung, da zum Einen eine clevere technische Lösung, die patentiert ist, einem Kleinunternehmen eine starke Monopolstellung und damit die Möglichkeit zum Wachsen geben kann, im Gegensatz zu Marken, die im Wesentlichen für Großunternehmen relevant sind, da erst mit viel Investment ein Produkt bekannt wird und mit einer Marke im Markt geschützt werden kann.

HEDGEWORK: Welchen Wert spielen Patente für ein Unternehmen und was bedeutet das für einen Investor?
Zagos: Patente haben für Unternehmen zahlreiche Facetten. Klassisch ist es ein echter Monopolschutz für eine technische Lösung des Unternehmens, die vor Gericht Bestand hat, beispielsweise im Rahmen einer Verletzungsklage. Ferner bieten Patente auch einen Schutz des Unternehmens vor potenziellen Angreifern, wie etwa Mitbewerbern. Des Weiteren sind gute Patente auch als KPI (key performance indicator) der Forschungs- und Entwicklungsabteilung anzusehen. Die Frage des Investors ist ja letztlich, welche Werte ein Unternehmen durch seine Mitarbeiter schafft. Und eine Antwort darauf sind die Qualität der Patente als Output der Innovationsfähigkeit eines Unternehmens.

HEDGEWORK: Sie haben zum Ziel, alle lebenden Patente aller Unternehmen weltweit monetär zu bestimmen. Eine Herkulesaufgabe. Wie können Sie das leisten?
Zagos: Indem wir ein maschinelles Verfahren entwickelt haben, welches alle lebenden Patente mittels eines Indikatoransatzes bewertet.

HEDGEWORK: Woher bekommen Sie die dazu notwendigen Daten?
Zagos: Wir kaufen Patentdaten, beispielsweise vom Europäischen Patentamt, welches etwa 162 Länder weltweit abdeckt. In unserer Datenbank haben wir derzeit rund 65 Millionen Patentfamilien, die aktiv sind.

HEDGEWORK: Wie genau bestimmen Sie wiederum den Wert eines Patents? 
Zagos: Wir verwenden 26 unterschiedliche Indikatoren, die wir über die bibliometrischen Daten eines Patentes legen. Also zum Beispiel Vorwärts- und Rückwätszitierungen, Restlaufzeit, in welchen Ländern das Patent gültig ist und wie wichtig die Länder für die jeweilige Technologie sind usw. Ferner besitzen wir aufgrund unserer über 20-jährigen Erfahrung eine Transaktionsdatenbank an wirklich gehandelten Patenten. Diese werden dazu verwendet, um einen Algorithmus zu trainieren, der anschließend auf alle lebenden Patente angewendet wird. Das Ergebnis ist, dass wir zu jedem Patent ein aktuelles Wertintervall bestimmen können.

HEDGEWORK: Und wie können Investoren dieses Wissen in ihre Kalkulationen einbeziehen? 
Zagos: Wir liefern Investoren ein globales Modell der Patent-Portfolio-Werte aller Unternehmen weltweit. Die Historie haben wir seit dem Jahr 2008 mit je zwei Bewertungsscheiben pro Jahr. Investoren können diese Daten von uns beziehen, in Form des sogenannten IP Value Faktors. Wir liefern Investoren damit ein globales Modell der Patent-Portfoliowerte aller Unternehmen weltweit.

HEDGEWORK: Was versteckt sich hinter dem IP Value Faktor? 
Zagos: Das ist ein auf dem Patentwert basierender Faktor, der eigens für die Investmentindustrie entwickelt wurde, wobei IP für intellectual property rights steht. Hierbei wurden weitere fundamentale Indikatoren mit dem Patentwert verwendet, um dem quantitativen Asset Management Signale über alle gelisteten Aktien global liefern zu können.

HEDGEWORK: Welche Erfahrungswerte haben Sie bislang mit Ihrem Ansatz gewonnen? 
Zagos: In langjährigen Out-of-sample-Tests wurde nachgewiesen, dass der IP Value Faktor ein signifikantes Alpha generiert. Vergleicht man einen IP-Sektor mit dem entsprechenden Index-Sektor, ist eine Outperformance des IP Sektors – vor allem in den technologielastigen Sektoren – zu beobachten. So performen im Fall des MSCI World Index 12 der 15 IP-Sektoren den jeweiligen Indexsektor aus.

HEDGEWORK: Für welche Finanzprodukte eignet sich Ihr Faktor?
Zagos: Prinzipiell ist er zur Selektion und Bewertung von Technologieunternehmen geeignet. Da aber viele Sektoren von neuen Technologien betroffen sind, sehen wir, dass Patente in Branchen angemeldet werden, die das früher nicht gemacht haben, so beispielsweise Banken, Kreditkartengesellschaften, Versicherungen oder Social-Media-Unternehmen. Darüber hinaus eignet sich der Faktor, um eine eigene Strategie zu enhancen. Produktseitig sind wir sehr vielseitig – von Fondsprodukten für institutionelle Anleger oder im Retail-Bereich, wie auch Smart-Beta-Produkte auf Corporate Bonds bis hin zu Total-Return-Strategien ganzer Indizes.

HEDGEWORK: Wie viele Asset Manager nutzen bereits die Dienstleistungen Ihres Hauses?
Zagos: Die, die wir nennen dürfen, sind Quoniam Asset Management und Acatis ­Asset Management, die insgesamt mehr als 35 Milliarden Euro verwalten.

HEDGEWORK: Und gibt es gegebenenfalls auch bereits Anlagevehikel, die explizit den IP Faktor als Basis ihrer Anlageentscheidungen verwenden?
Zagos: Die gibt es bislang noch nicht – aber wir arbeiten daran.



Das Interview führte Ronny Kohl

Vita
Prof. Andreas Zagos ist Gründungsmitglied und Management Partner der InTraCoM GmbH. Er ist im Bereich Research & New Business tätig. Sein Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung von Indikatoren für die automatische Patentbewertung mit Fokus auf Anwendungen im Finanzmarkt, wie das Quantitative Asset Management aber auch Transfer Pricing, Aktivierung unter IFRS und Verbriefung von Patenten zur Besicherung von Darlehen. 
Prof. Zagos studierte Verfahrenstechnik in Stuttgart, war wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Fraunhofer Gesellschaft, seit dem Jahr 2006 Gastprofessor an der Universität Clausenburg mit dem Schwerpunkt Patentmanagement und seit 2018 Dozent am Athens Institute of Technology. Er ist als Patentexperte als Advisor exklusiv für die IPR Strategies Ltd. tätig.


IPR Strategies Ltd. ist ein Anbieter von technischen Signalen basierend auf dem „IP value factor“. Hierbei wird das gesamte Universum aller Unternehmen an allen Aktienmärkten analysiert und als Datensatz 2x pro Jahr an Kunden ausgeliefert. Aktuell wird der IP value factor von Asset Managern mit global über 35 Milliarden Euro genutzt.

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