Mezzanine – neuer Weg zu erneuerbaren Energien

  • Christoph Lüken
  • HANSAINVEST Real Assets

FRANKFURT — Klimadiskussion und Energiewende treffen auf Niedrigzinsphase und Anlagenotstand. Die Konsequenz: Erneuerbare Energien haben sich für institutionelle Investoren von einer Kapitalanlage für Exoten zu einer etablierten Asset-Klasse gewandelt. Mezzanine-Finanzierungen bieten jetzt einen neuen Zugang.

Von Christoph Lüken, Leiter Portfolio Management Infrastruktur, HANSAINVEST Real Assets

Mit der steten Vergrößerung, Professionalisierung und politischen Förderung der Asset-Klasse erneuerbare Energien kommt ein weiterer Aspekt hinzu: Strategische Investoren, vor allem Stromversorger, haben in den vergangenen Jahren ebenfalls stark in die Entwicklung neuer Kapazitäten investiert – mit dem Ziel, diese dauerhaft in ihrem Erzeugungsportfolio zu halten. Anders als bei reinen Projektentwicklungen, die nach Fertigstellung an Investoren veräußert werden, kommen solche Anlagen gar nicht erst auf den Investmentmarkt. Dies verknappt das Angebot für Investoren zusätzlich – und drückt die Renditen.

Doch genau diese strategischen Investments von Bestandshaltern bieten eine bislang wenig genutzte Chance – wenn man nicht nur in klassischen Eigenkapitalstrukturen denkt. Diese Chance liegt in geeigneten und passend für diese Asset-Klasse strukturierten Mezzanine-Finanzierungen, die von institutionellen Investoren stammen können. Entscheidend für die Versorger ist es, einen Mezzanine-Kapitalgeber mit großer Vertrauensbasis und gleichgerichteten Interessen zu finden.

Expansion ohne Kontrollverlust
Mezzanine – also Fremdkapital mit bestimmten eigenkapitalähnlichen Eigenschaften, das gegenüber klassischen Bankdarlehen nachrangig behandelt wird, wie Nachrangdarlehen, Wandelanleihen und Ähnliches – hat sich in der Immobilien- und Unternehmensfinanzierung längst etabliert. Die Beleihung ihrer Stromerzeugungskapazitäten mit MezzanineMitteln kann jedoch auch Versorgern einen Vorteil eröffnen: Sie können so Liquidität für weitere Projektentwicklungen oder kapitalintensive Zukäufe schaffen, ohne die Kontrolle über ihre Bestandsanlagen zu verlieren. Viele der Projektentwickler leiden unter knapper Liquidität, wenn sie auf regelmäßige Exits verzichten und stattdessen die Anlagen dauerhaft im Bestand halten, um so ihr Portfolio kontinuierlich zu vergrößern. Sie können in der Regel nicht laufend den Kapitalmarkt anzapfen.

Clevere Lösung
Ein mögliches Vorgehen kann – vereinfacht gesagt – so aussehen: Ein Projektentwickler finanziert sein Vorhaben ganz klassisch mit Eigenkapital und konventionellem Fremdkapital wie Bankdarlehen. Nach Fertigstellung hält er es – statt eines Exits – weiterhin im Bestand und „bilanziert“ den nicht realisierten Wertgewinn als stille Reserve. Es entsteht quasi freies neues Eigenkapital und die Möglichkeit, frisches Mezzanine-Kapital aufzunehmen. Die Liquidität fließt dann in neue Projekte. Das langfristige Mezzanine bietet in diesem Fall einen attraktiven Mittelweg zwischen der Gewinnrealisierung durch einen Exit und dem Halten im Bestand ohne neue Liquiditätszuflüsse.

Die konkrete Strukturierung eines solchen Instruments ist allerdings komplex. Welche rechtliche Strukturierung sich am besten eignet, hängt beispielsweise davon ab, um welche Art institutioneller Investor es sich handelt und welche konkreten Ziele er verfolgt. Gängige Möglichkeiten sind Schuldscheindarlehen und Orderschuldverschreibungen, zum Teil ergänzt durch einen Genussschein als teilweise gewinnabhängige Ertragskomponente. Zur Emission wird dann zumeist die Gründung einer Zweckgesellschaft erforderlich. Auch eine möglichst lange Laufzeit ist ein wichtiges Kriterium, nicht zuletzt für die spätere regulatorische Behandlung auf Seiten des Investors. Das gilt vor allem dann, wenn es sich dabei um eine Versicherung handelt, die sich bei ihrer Investmentpolitik stark an ihren Liabilities ausrichten muss.

Regelmäßiger Cashflow aus Zins und Tilgung
Einen weiteren Vorteil stellt vor diesem Hintergrund die Vereinbarung eines Tilgungsprofils dar, das der Betreiber aus den regelmäßigen Stromerträgen deckt, anstelle einer endfälligen Rückzahlung am Laufzeitende. Um ihm gleichzeitig ein geeignetes und zugleich komfortables Vehikel für eine stabilitätsfördernde Diversifizierung zu bieten, ist die Bündelung mehrerer Mezzanine-Finanzierungen in einer Kreditfondsstruktur denkbar, etwa in einem fokussierten Spezial-AIF mit einer ebenfalls passenden Laufzeit.

Trotz gewisser eigenkapitalähnlicher Eigenschaften bleibt das Mezzanine-Kapital freilich im Großen und Ganzen festverzinsliches Fremdkapital. Und genau hierin liegt ein entscheidender Vorteil für den institutionellen Investor: Er erhält nicht nur Zugang zu Erneuerbare-Investments, die am herkömmlichen Investmentmarkt immer schneller und zu immer höheren Preisen vergriffen sind. Da es sich um Fremdkapital handelt, kann er bei planmäßiger Entwicklung der Anlage mit regelmäßigen und gut prognostizierbaren Zinszahlungen rechnen – und erzielt damit einen Cashflow, den er zur Bedienung seiner eigenen Verpflichtungen und aus regulatorischen Gründen dringend benötigt, aber durch Investments in mündelsichere liquide Investments wie Staatsanleihen nicht mehr in ausreichender Höhe generieren kann.

Schlussendlich entscheiden die Erlöse aus den Stromerträgen darüber, ob die regelmäßigen Zinszahlungen für das klassische Bankdarlehen, für das Mezzanine-Kapital sowie letztlich auch die Rendite des Betreibers erwirtschaftet werden. Diese Erlöse hängen von zwei Faktoren ab: von der produzierten Strommenge sowie vom damit erzielbaren Preis. Ersteres ist bei Erneuerbare-Energie-Anlagen naturgemäß saisonal und witterungsbedingt schwankend. Diese Schwankungen lassen sich nicht direkt beeinflussen, aber durch zwei Maßnahmen begrenzen: durch einen Aufbau von Speicherkapazitäten und eine möglichst breite Streuung der Investments nach Regionen und Erzeugungsarten.

Paradigmenwechsel beim Strompreis
Der Preis für alternativ erzeugten Strom wird in den meisten Fällen durch staatliche Subventionen oder gesetzlich garantierte Einspeisevergütungen festgelegt, sodass hierbei keine Schwankungen zu berücksichtigen sind. Doch in diesem energiepolitisch regulierten Umfeld findet ein langsamer Paradigmenwechsel statt: Die Energiepolitik vieler Staaten Europas setzt zunehmend auf zumindest teilweise marktwirtschaftlich ausgerichtete Mechanismen zur Strompreisfindung. Deutschland beispielsweise führte mit der Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) 2017 ein Ausschreibungsverfahren zur Ermittlung der Förderhöhe anstelle der starren und über 20 Jahre garantierten Einspeisevergütung ein.

Am Ende dieses Prozesses werden die Betreiber der Anlagen ihren erzeugten Strom zumindest zum Teil am freien Markt verkaufen müssen. Doch an den Spotmärkten sind die Strompreise sehr volatil. Eine Möglichkeit, diese Preisvolatilität einzudämmen, stellen Power Purchase Agreements (PPAs) dar, langfristige Stromabnahmeverträge, die direkt mit den Versorgern abgeschlossen werden.

Letztlich haben bei Erneuerbare-Energien-Investments in einer solchen Konstellation alle Beteiligten ein gleichgerichtetes prioritäres Interesse. Seien es die Projektentwickler und langfristigen Betreiber der Anlagen, die Eigenkapital- und die Mezzanine-Investoren oder die Darlehen gebenden Banken: möglichst stabile und gut prognostizierbare Cashflows in ausreichender Höhe. Eine Mezzanine-Finanzierung, die bei Erneuerbaren noch nicht so weit verbreitet ist wie bei Immobilienfinanzierungen, kann institutionellen Investoren Zugang zu einem Investment mit diesen Eigenschaften eröffnen.

Christoph Lüken ist seit 2010 bei der HANSAINVEST. Seit 2016 leitet der Wirtschaftsprüfer und Bankkaufmann die Abteilung Portfolio Management Infrastruktur der HANSAINVEST Real Assets GmbH mit einem verwalteten Vermögen von mehr als 1,1 Milliarden Euro.

Hinweis: Dieser Beitrag ist zuerst erschienen in TiAM – Trends im Asset Management 01/2020
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