Mario Draghi – ein Mann für offene Optionen

  • Klaus Stopp
  • Head of Market Making Bonds
  • Baader Bank

FRANKFURT — Wenn sich die Granden der Europäischen Zentralbank (EZB) am heutigen Donnerstag zu ihrer turnusmäßigen Sitzung treffen, dürfte es zwar keine Überraschungen geben. Dennoch erhoffen sich Marktteilnehmer Angaben zu einigen Detailfragen. Eine Einschätzung von Klaus Stopp, Head of Market Making Bonds der Baader Bank.


Ab hier folgt die unredigierte Mitteilung des Emittenten:

Wenn sich die Granden der Europäischen Zentralbank (EZB) zu ihrer turnusmäßigen Sitzung am heutigen Donnerstag treffen, dürfte es zwar keine Überraschungen geben. Dennoch erhoffen sich Marktteilnehmer Angaben zu einigen Detailfragen. Zunächst war ja der grundlegende geldpolitische Rahmen für das kommende Jahr bereits in der Juni-Sitzung festgelegt worden. So ist zu erwarten, dass die Leitzinsen auf ihrem Rekordtief von null Prozent belassen werden. Erst frühestens in der zweiten Jahreshälfte 2019 dürfte es hier einen Ruck nach oben geben. Dies gibt der EZB genügend Spielraum, um künftige Wirtschaftsdaten einschließlich der Inflationsentwicklung zu berücksichtigen.

Ob aber der Rentenmarkt heute neue Erkenntnisse zu Einzelheiten der künftigen Reinvestitionsstrategie erwarten kann, darf eher bezweifelt werden. Denn noch ist nicht klar, wie die Zentralbank den Erlös ihrer fälligen Wertpapiere wieder anlegen will. So wie man EZB-Chef Mario Draghi kennt, wird er sich hierzu aber keine Details entlocken lassen. Vor dem Hintergrund der angespannten geopolitischen Situation würde es nicht verwundern, wenn er sich hierzu wieder einmal alle Optionen, respektive alle Hintertürchen, offenhalten wird.

Im Juni hatte die EZB beschlossen, ihre umstrittenen Käufe von Staatsanleihen der Euroländer bis Dezember 2018 einzustellen. Von Oktober bis Dezember sollen sie von 30 auf 15 Mrd. € monatlich halbiert werden. Voraussetzung für die komplette Einstellung der auf 2,6 Billionen € angelegten Transaktionen ab 2019 ist, dass sich die Inflationsrate weiter in Richtung der von der EZB angestrebten Rate von knapp zwei Prozent bewegt.

Schlüsselrolle der türkischen Regierung

Mit ihrem September-Treffen eröffnet die EZB den Sitzungsreigen der Zentralbanken nach der Sommerpause. Ebenso am heutigen Donnerstag stehen die Sitzung der türkischen Zentralbank und der Bank of England (BoE) auf der Agenda, während am 19. September die Bank of Japan folgt. Eine Woche später ist die US-Notenbank Fed dran. Während von der BoE keine geldpolitischen Schritte erwartet werden, blicken die Märkte gespannt auf die Türkei. Nachdem die türkische Lira massiv an Wert verloren hat, steht die Zentralbank weiter unter Handlungsdruck. Um das Vertrauen der internationalen Investoren zurückzugewinnen, stünde eine Zinserhöhung an. Doch dies dürfte nicht im Sinne des Präsidenten Recep Tayyip Erdogan sein, der die Notenbank wiederholt kritisiert hatte. Dennoch ist auch der Druck auf Erdogan groß, von dem die Märkte eine entscheidende Reaktion zur Wiederherstellung des Anlegervertrauens erwarten. Sowohl der Regierung in Ankara als auch der türkischen Zentralbank kommt eine Schlüsselrolle für die Stabilisierung der Schwellenländer insgesamt zu.

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