„Lower for longer“

- Neil Hutchison
- J.P. Morgan AM
FRANKFURT — „Die Zeiten für Anleiheanleger dürften weiterhin herausfordernd bleiben“, sagt Neil Hutchison von J.P. Morgan AM. Seine Strategie gegen die anhaltende Niedrigzinsphase heißt Ultra Short Income.
TiAM: Anleger sind in einer prekären Lage – immer mehr Anleihen sind mit negativen Renditen verbunden, andererseits drohen für Cashbestände zusehends Strafzinsen. Als Ausweg hat J.P. Morgan Asset Management einen ETF aufgelegt, der ein Portfolio aus ultrakurzlaufenden Zinspapieren abbildet. Welches sind die wichtigsten Eigenschaften des ETF?
Neil Hutchison: Intelligentes Cashmanagement ist nicht nur angesichts der negativen Verzinsung von Bankeinlagen sinnvoll. Wir haben auf Basis unserer langjährigen Erfahrungen im Liquiditätsmanagement klassischer Geldmarktfonds eine neue Lösung im Angebot, die außerdem die Vorteile der ETFs – Liquidität, niedrige Kosten und hohe Transparenz – bietet. Nicht zuletzt ist es jederzeit möglich, die im ETF enthaltenen Risiken abzubilden. Und so lässt sich mittels einer solchen Lösung das Zinsrisiko im Gesamtportfolio managen, denn die Kurzläufer sind gegenüber Zinsen und Inflation natürlich weniger anfällig.
TiAM: Dient der ETF als Geldparkplatz? Oder soll er auch eine Rendite bringen?
Hutchison: Die Ultra-Short-Income-Strategie beruht auf der bewährten, konservativen Anlagephilosophie unseres J.P.-Morgan-Global-Liquidity-Teams. Ziel ist nicht nur, eine attraktive Rendite zu ermöglichen. Gleichzeitig liegt der Schwerpunkt auf der aktiven Steuerung des Kreditrisikos, um auch unter schwierigen Bedingungen stabile Erträge zu erzielen. Unser Ziel ist, 20 bis 40 Basispunkte über Geldmarktfonds zu liegen. In diesem Jahr haben wir eine Rendite von 0,36 Prozent erreicht (Stand: Ende Juli 2019).
TiAM: Mit welcher Strategie schaffen Sie es wiederum, im kurzen Laufzeitenbereich und nach Abzug der Kosten überhaupt eine positive Rendite zu erzielen?
Hutchison: Wir nutzen hauptsächlich ultrakurzfristige Anleihen mit Durationen von unter einem Jahr, die eine höhere risikobereinigte Rendite als Bankeinlagen erwirtschaften. Damit lassen sich zumindest leichte Renditevorteile erzielen, die im gegebenen Umfeld entsprechend nachgefragt werden. In unserer JEST-Strategie investieren wir etwas mehr als die Hälfte des Portfolios in diesem Segment. Wir mischen zudem kurzlaufende Euro-Staatsanleihen bis zu drei Jahren bei, denn diese bieten wiederum einen Renditeaufschlag gegenüber den Ultra-Short-Income-Strategien. Zu einem geringen Maße nutzen wir darüber hinaus Euro-Unternehmensanleihen mit einer Laufzeit von einem bis fünf Jahre, um noch einige größere Renditechancen zu vereinnahmen. Nicht zuletzt zeichnen sich ETFs durch ihre sehr günstige Kostenstruktur aus. Das JEST-Produkt ist entsprechend derzeit als aktuell kostengünstigste Ultra-Short-Lösung im ETF-Mantel verfügbar, dessen Kosten bei nur acht Basispunkten per annum liegen.
TiAM: Wie ist Ihre Einschätzung der kurz- bis mittelfristigen Zinsentwicklung?
Hutchison: Die Zeichen sind sehr klar, dass die Zeiten für Anleiheanleger weiterhin herausfordernd bleiben sollten. So senkte in den USA die Notenbank Fed Ende Juli zum ersten Mal seit elf Jahren die Zinsen. Auch in Europa sprechen die Signale der Zentralbank für eine erneute Lockerung der Geldpolitik und wir erwarten eine Kombination aus Zinssenkungen und einer Wiederaufnahme der quantitativen Lockerungsmaßnahmen.
TiAM: Und der längerfristige Trend – wie lange könnte die Niedrigzinsphase gehen?
Hutchison: Mit Blick auf Japan, das sich von der Geldpolitik her gut als Blaupause für Europa eignet und schon seit über 20 Jahren bei einem Zinsniveau von deutlich unter einem Prozent verharrt, nennen wir das Phänomen, das uns umgibt, „Lower for longer“. Laut dem Institut der deutschen Wirtschaft könnte das Niedrigzinsumfeld in Europa sogar bis 2050 dauern.
TiAM: Das macht deutlich, dass Anleger sich dauerhaft nach Alternativen umsehen müssen. Wie stark ist denn bereits der Zuspruch für den JEST-ETF?
Hutchison: Das Fondsvolumen ist auf 330 Millionen Euro angewachsen und wir sehen stetig weitere Zuflüsse. Damit ist der Fonds auch für das Liquiditätsmanagement größerer Einheiten geeignet, die sich bisher noch zurückhalten mussten.
TiAM: Gibt es andererseits eine Kapazitätsgrenze nach oben?
Hutchison: Die Kapazität wird durch eine Reihe von Faktoren beeinflusst. Dazu zählen auch Zeitpunkt und Umfang von Kapitalzuflüssen und die Umschlagshäufigkeit. Bei J.P. Morgan AM liegt es in der Verantwortung des Fondsmanagements festzustellen, wann sich das Fondsvolumen einer Größe nähert, bei der es nicht mehr im Einklang mit den jeweiligen Anlagezielen verwaltet werden kann. Unsere vom gleichen Team gemanagten Geldmarktfonds sind mehrere Milliarden Euro/US-Dollar groß und es gab bisher noch keinen Tag, an dem sie nicht verfügbar waren.
TiAM: Wie viele Positionen enthält das ETF-Portfolio und wie wählen Sie die einzelnen Titel aus?
Hutchison: In der Regel sind in unserem JEST rund 200 aktiv verwaltete Positionen enthalten. Die Auswahl der einzelnen Titel findet im Rahmen unseres tiefgreifenden, disziplinierten Investmentprozesses statt, der sehr konservativ und auf Kapitalerhalt ausgerichtet ist. Bei J.P. Morgan Asset Management als weltweit führendem Anbieter im Bereich Global Liquidity kann ich als Fondsmanager auf unser globales Team aus 155 Experten für kurzfristige Anleihen zugreifen. Unsere Credit-Researcher verfügen im Durchschnitt über 20 Jahre Erfahrung, die Portfoliomanager im Durchschnitt über 21 Jahre.
TiAM: Gibt es Schwerpunkte, die besonders berücksichtigt werden?
Hutchison: Der JEST-ETF zielt darauf ab, die Volatilität und das Durationsengagement zu reduzieren, indem er in einen diversifizierten Korb von sehr kurzfristigen Anleihen und Schuldtiteln investiert – von variabel und festverzinslichen Unternehmensanleihen mit Investment Grade und strukturierten Schuldinstrumenten bis hin zu Staatsanleihen. Die Duration liegt in der Regel zwischen drei Monaten und einem Jahr.
TiAM: Wie schätzen Sie die Entwicklung der Ausfallquoten ein? Ist hier mit einer Zunahme zu rechnen?
Hutchison: Eine Zunahme der Ausfallquoten erwarten wir vor allem im hauptsächlich investierten Bereich Investment Grade nicht.
TiAM: Welche Bonitäten sind für den Anleihekorb zulässig?
Hutchison: Dies lässt sich gut an unserer aktuellen Allokation per Ende Juli erkennen. Wir nutzen Anleihen mit der Bonität „AAA“ bis „BBB“, wobei die durchschnittliche Bonität bei „A-“ liegt.
TiAM: Wie steht es mit Währungen beziehungsweise Währungsrisiken?
Hutchison: Etwas mehr als ein Drittel der Holdings im JEST sind tatsächlich außerhalb des Euroraumes. Diese werden aber währungsgesichert.
TiAM: Abschließend gefragt – mit welchem Ertrag können Anleger mit dem JEST-ETF dauerhaft rechnen?
Hutchison: Angestrebt werden wie gesagt dauerhaft 20 bis 40 Basispunkte über Geldmarktfonds. Seit Auflegung im Juni 2018 haben wir dieses Ziel auch erreicht (Stand: 31. Juli 2019).
Vita:
Neil Hutchison ist Executive Director und seit Mai 2011 als Lead Portfolio Manager der Managed Reserves Portfolios bei J.P. Morgan AM tätig. Zuvor war er bei State Street Global Advisors. Er ist CFA Charterholder und hält einen Master in Management Economics & Politics von der St. Andrews University.
Hinweis: Dieser Beitrag ist zuerst erschienen in TiAM – Trends im Asset Management 03/2019
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