Kursverluste an den Börsen bremsen den nachhaltigen Fondsmarkt kaum

FRANKFURT – Trotz des schwierigen wirtschaftlichen Umfelds mit deutlichen Kursverlusten bei Aktien und Anleihen ist das verwaltete Vermögen von Fonds mit Nachhaltigkeitsmerkmalen gemäß der EU-Offenlegungsverordnung im Jahr 2022 deutlich gewachsen, berichtet der deutsche Fondsverband BVI.
Ab hier folgt die Mitteilung des BVI:
Das verwaltete Vermögen von Fonds mit Nachhaltigkeitsmerkmalen betrug zum Jahresende 739 Milliarden Euro, was einer Steigerung von 12 Prozent im Vergleich zu Dezember 2021 entspricht. Vor allem im ersten und letzten Quartal gab es deutliche Zuwächse.
Bei Fonds mit Nachhaltigkeitsmerkmalen entfallen 135 Milliarden Euro auf Spezialfonds für institutionelle Investoren, bei denen die Anlagestrategie meist individuell zwischen Fondsgesellschaft und Anlegern ausgestaltet werden. Den Löwenanteil machen Publikumsfonds mit einem Volumen von inzwischen über 600 Milliarden Euro aus. Damit entfallen 47 Prozent des gesamten Publikumsfondsvermögens auf Artikel- 8/9-Produkte. Bei Einführung der Offenlegungsverordnung im März 2021 waren es 25 Prozent.
Umklassifizierungen wegen fortdauernder Unsicherheit über die Auslegung der EU-Regulierung haben sich kaum auf den nachhaltigen Fondsmarkt in Deutschland ausgewirkt. Zwar haben die Fondsgesellschaften im zweiten Halbjahr 2022 über 20 Prozent der vormals als Artikel-9-Fonds eingestuften Produkte (die zu mindestens einem Nachhaltigkeitsziel beitragen) zurückgestuft. Gleichzeitig wurden aber bei jedem zehnten zuvor als nicht nachhaltig klassifizierten Fonds Nachhaltigkeitsmerkmale aufgenommen. Dadurch sind nun rund 6000 Publikumsfonds bzw. Anteilscheinklassen mit Nachhaltigkeitsmerkmalen in Deutschland verfügbar.
Im August 2022 haben sich auch die Rahmenbedingungen für den Vertrieb an Privatanleger ein weiteres Mal verändert. An Kunden mit Nachhaltigkeitspräferenzen dürfen seitdem nur noch Produkte vertrieben werden, die entweder die wichtigsten nachteiligen Auswirkungen auf bestimmte Nachhaltigkeitsziele (PAI) in der Anlagestrategie berücksichtigen oder einen Mindestanteil nachhaltiger Investitionen bzw. Investitionen im Sinne der EU-Taxonomie vorsehen. Wegen fehlender verbindlicher Berechnungsmethoden ist unter anderem die Bestimmung der nachhaltigen Investitionen auf Fondsebene schwierig. Für die Zusage von Taxonomiequoten ist wiederum die Datenlage in vielen Fällen noch nicht ausreichend. Dies hat den Nettoabsatz bei Publikumsfonds aber kaum beeinträchtigt. Im Jahr 2022 lag das Neugeschäft bei über 5 Milliarden Euro, besonders im letzten Quartal griffen Anleger verstärkt zu. Aus Fonds ohne Nachhaltigkeitsmerkmale flossen im Jahresverlauf dagegen rund 9 Milliarden Euro ab.
Die Kombination aus Ukrainekrieg, hoher Inflation und Zinserhöhungen sowie wirtschaftlicher Unsicherheit hat die Aktien- und Anleihekurse stark unter Druck gesetzt. Publikumsfonds verloren über alle Anlageklassen hinweg rund 11 Prozent an Wert. Produkte mit Nachhaltigkeitsmerkmalen schnitten mit einem Verlust von 10 Prozent dabei etwas besser ab als konventionelle Fonds (minus 13 Prozent). Das lag vor allem an der unterschiedlichen Bedeutung der verschiedenen Anlageklassen. Die besonders stark von Kursverlusten betroffenen Aktienfonds machen bei nachhaltigen Fonds nur rund ein Drittel der Bestände aus, bei konventionellen Fonds ist es etwa die Hälfte. Dagegen weisen die meisten Sachwertefonds (wie offene Immobilienfonds) Nachhaltigkeitsmerkmale auf. Ihre Anteilwerte sind im Jahr 2022 leicht gestiegen. Innerhalb der jeweiligen Anlageklasse unterscheidet sich die Wertentwicklung von Produkten mit und ohne Nachhaltigkeitsmerkmale kaum.