Künstliche Intelligenz: Hype oder Megatrend?

- Prof. Dr. Jan Viebig
- CIO von ODDO BHF
FRANKFURT – „Zahlreiche Anwendungen aus dem Feld der Generativen Künstlichen Intelligenz haben eine erstaunliche Leistungsfähigkeit erreicht“, sagt Prof. Dr. Jan Viebig, CIO von ODDO BHF. Dies zeige sich auch am Aktienmarkt: Seit ChatGPT vorgestellt wurde, hätten alle drei Subindizes des Technologiesektors den S&P 500 Index deutlich geschlagen.
Ab hier folgt die Mitteilung der Gesellschaft:
Die Vorstellung von ChatGPT hat in der Öffentlichkeit und natürlich auch unter den Anlegern erhebliche Aufmerksamkeit erregt. Zahlreiche Anwendungen, die dem Feld der „Generativen Künstlichen Intelligenz“ zuzurechnen sind, haben mittlerweile eine erstaunliche Leistungsfähigkeit erreicht. Das spiegelt sich auch in der Entwicklung des Aktienmarktes wider. Seit November 2022, als ChatGPT vorgestellt wurde, haben alle drei Subindizes des Technologiesektors des S&P 500 den Gesamtindex deutlich geschlagen.
Wie können Anleger profitieren?
„In der ersten Reihe stehen diejenigen Unternehmen, die unmittelbar zur Entwicklung und immer breiteren Nutzung Künstlicher Intelligenz beitragen“, erläutert Prof. Dr. Jan Viebig, CIO von ODDO BHF. Ohne eine sehr gute Datenbasis gehe nichts. „Die Daten werden benötigt, damit die Maschinen lernen können. Das macht Unternehmen interessant, die über große Datensätze verfügen“, so Viebig.
Darüber hinaus sind KI-Anwendungen sehr rechenintensiv. Dazu bedarf es einer Hardware, die oftmals Milliarden von Parametern anhand von großen Datenmengen optimiert. Entsprechend zentral seien Rechenleistung, Speicherkapazität und High Speed Internet.
„Außerdem braucht man die eigentliche KI, den Algorithmus oder das Modell, das mit Daten trainiert und lernt.“ Schätzungen zufolge dürfte der Markt für KI-Software von 340 Milliarden US-Dollar im Jahr 2021 auf 790 Milliarden US-Dollar im Jahr 2026 steigen. Das bedeutet ein jährliches Wachstum von 18%. Davon dürften auch IT-Dienstleister profitieren, da immer mehr Unternehmen beginnen, Anwendungsmöglichkeiten für KI zu entwickeln.
Mehr als ein Hype
Neben den unmittelbar beteiligten Technologieunternehmen dürften zahlreiche andere Unternehmen von der Nutzung Künstlicher Intelligenz profitieren. „Der Einsatz von KI wird über die nächsten 10 Jahre zu einer deutlichen Produktivitätssteigerung beitragen und die Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft über lange Zeit wesentlich prägen. Dies macht KI nach unserer Meinung zu einem Megatrend“, führt der Chefanlagestratege aus.
Die wirtschaftlichen Chancen und Risiken für die mittelbar betroffenen Unternehmen seien zu diesem frühen Zeitpunkt nur schwer abschätzbar. Sie könnten Gewinner, aber auch Verlierer des technischen Fortschritts sein. Für ODDO BHF stehen Unternehmen im Vordergrund, die unmittelbar von der wachsenden Verbreitung von KI profitieren, da sie über große Datenmengen oder effiziente KI- Algorithmen verfügen oder die Hardware, insbesondere Halbleiter herstellen, die man zur Optimierung der neuronalen Netze benötigt.
„Wir meiden weiterhin spekulative Adressen, deren Bewertung sich allein auf große Hoffnungen stützt“, so Viebig. „Das entspricht unserem Ansatz, der auf Qualität und langfristigen Anlageerfolg ausgerichtet ist. In diesem Sinne fühlen wir uns mit Unternehmen wie beispielsweise ASML, TSMC, Samsung, Microsoft, Alphabet und Synopsis gut aufgestellt.“
Durchbrüche im Machine Learning
Einen Durchbruch haben Forscher in den letzten Jahren in einem Teilbereich der künstlichen Intelligenz gemacht, der als „Machine Learning“ bezeichnet wird. Hier lernen Computer aus einer Vielzahl von Daten und anhand von neuronalen Netzen oder anderen Verfahren des maschinellen Lernens Regeln, die ständig verbessert werden. Viebig: „Dies ist ein fundamentaler Durchbruch, da Computer heute aus Daten lernen können und nicht mehr explizit programmiert werden müssen. Maschinen können heute aus Daten lernen, wie Menschen aus Erfahrungen lernen (können).“
Die größten Fortschritte haben Forscher mit Verfahren im Bereich des „Supervised Machine Learning“ gemacht. Hier werden dem Computer Daten wie Texte oder Bilder und die zugehörigen, gewünschten Ergebnisse vorgelegt. Dann überlässt man es dem Computer, anhand dieser Informationen die „Regeln“ zu entwickeln. Der Rechner nimmt nach bestimmten Methoden Datentransformationen vor, die zu neuen „Repräsentationen“ der Daten führen.
Von Deep Learning zu Transformer-Verfahren
„Deep Learning“ bezeichnet ein Konzept, bei dem Datentransformationen über eine Vielzahl von Ebenen vorgenommen und optimiert werden. Zu den bahnbrechenden Entwicklungen im Bereich des „Deep Learnings“ zählen „konvolutionale neuronale Netzwerke“ sowie Transformer-Modelle. Erstere sind auf die Bilderkennung und -verarbeitung spezialisiert, eignen sich aber auch für andere Zwecke, wie beispielsweise Sprach- und Audiosignale. Wichtige Anwendungsfelder sind beispielweise die Gesichtserkennung oder die medizinische Bildanalyse. Es gibt aber inzwischen auch Systeme, die nach Vorgaben Bilder kreieren.
„Die Stärke der Transformer-Verfahren ist die Verarbeitung von natürlicher Sprache, die Übersetzung von Sprache und Text und die Generierung von Texten einschließlich der Entwicklung von Programmiercode. Dies beherrschen sie effizienter als frühere Algorithmen“, erläutert Viebig. Aktuelle Beispiele für Transformer-Modelle sind ChatGPT oder BARD, eine Google-Entwicklung.