Kryptoassets – Diversifizieren um jeden Preis?

- Martin Leinweber
FRANKFURT – Krypto-Investments gewinnen an Beliebtheit, was zu einem überbordenden Angebot an Coins geführt hat. Mehr als 13.000 Token sind inzwischen bekannt. Für Anleger eine unübersichtliche Situation, wie Martin Leinweber und Jörg Willig, Wirtschaftsexperten und Buchautoren, bemerken. In ihrem Gastbeitrag empfehlen sie den Zugriff auf regelbasierte Indizes.
Das Kryptobiotop ist nicht nur für Erstinvestoren unübersichtlich. Auch für versierte Anleger ist die Zahl der Token erschlagend. Der Datenanbieter Coinmarketcap weist mittlerweile mehr als 13.000 Token aus, die an 422 Börsen gelistet sind. Doch trotz immer wieder bemerkenswerten Kurskapriolen werden die meisten Token langfristig nicht überleben. So gibt es zahlreiche Meme-Coins, die lediglich mit dem Ziel der kurzfristigen Gewinnerzielung aufgelegt werden. Der Bitcoin ist noch immer das einzige wirklich fertige Produkt, bei dem sich die Weiterentwicklungen um Dinge wie die Anonymisierung von Transaktionen oder die Verbesserung der Skalierbarkeit dreht. Für Anleger, die eine Diversifikation ihrer Kryptoassets anstreben, stellt sich daher die Frage, ob und wie man in die sogenannten Altcoins investieren sollte.
Der einfachste und in vielen Fällen günstigste Schritt, um gestreut in diese noch junge Assetklasse zu investieren, ist ein Index. Einer der bekanntesten Large Cap Indizes ist der „MVIS CryptoCompare Digital Assets 10 Index“ des Anbieters MV Index Solutions. Dieses Produkt bildet die zehn Token mit der größten Marktkapitalisierung ab. Um Klumpenrisiken zu vermeiden, legt der Indexbetreiber über das von zahlreichen Aktienindizes bekannte Cap eine Obergrenze für den Anteil der Konstituenten fest. Einzelne Token dürfen höchstens 30% des gesamten Index ausmachen.
Diese Regel erzwingt ein Mindestmaß an Diversifikation. Gerade in der Frühphase des Kryptomarktes machte sich dies bemerkbar, machte doch seinerzeit der Bitcoin mehr als 90% des Gesamtmarktes aus. Zusätzlich sorgen Liquiditätskriterien für ein ausreichendes Maß an Handelbarkeit und eine realistische Abbildung der Marktentwicklung.
Die Historie des Index beginnt am 31. Dezember 2014. Die folgende Abbildung zeigt die Entwicklung des Index im Vergleich zu einem Direktinvestment in Bitcoin.
Insgesamt entwickelte sich der Index in den vergangenen sechs Jahren besser als der Bitcoin. Den deutlich höheren Kurssteigerungen stehen jedoch stärkere und länger anhaltende Drawdowns gegenüber. Diese sind insbesondere in den ersten Jahren und in der Abwärtsphase zwischen 2018 und dem Frühjahr 2021 augenfällig.
Die stärkeren Kursrückgänge der im Index enthaltenen Altcoins und die generell höhere Schwankungsbreite der Renditen kann angesichts der kleineren und riskanteren Projekte nicht überraschen. Allein die im Vergleich zum Bitcoin niedrigere Handelsliquidität der kleineren Token ist ein die Volatilität steigernder Faktor.
Die folgende Tabelle fasst die wichtigsten Kennzahlen des gesamten Zeitraums zusammen. Wie man an der Sharpe Ratio ablesen kann, wird die höhere Volatilität kompensiert.
Wer noch immer mit dem Gedanken eines Buy-and-Hold Portfolios liebäugelt, den wird die folgende Tabelle interessieren. Dargestellt sind neben den derzeitigen Top 10 auch die größten zehn Werte per Ende 2014, dem Auflagedatum des Index. In Klammern vermerkt ist die Platzierung in der Rangliste nach Marktkapitalisierung im Oktober 2021.
Heute findet sich die Hälfte der Spitzengruppe des Jahres 2014 nicht einmal mehr unter den größten 100 Token wieder. Einige der Top-Ten von 2014 sind heute kaum mehr handelbar.
Ein simpler Buy & Hold Ansatz und eine frühe Festlegung auf eine starre Auswahl an Token kann in einem solchen Markt und in einer solch frühen Phase kaum zum Erfolg führen. Dagegen kann ein regelbasierter Index eine vertretbare Lösung darstellen. Ein auf der Marktkapitalisierung basierender Index ermöglicht es Investoren, eine für den Kryptomarkt repräsentative Performance zu erzielen. Diese Gewichtungsmethode ist simpel und hält die Transaktionskosten im Zaum. Die Systematik ist mit einem langfristig ausgerichteten Trendfolger vergleichbar. Die Gewinner werden gekauft und und nehmen im Erfolgsfall an Gewicht zu. Die Verlierer hingegen werden reduziert.
Auch dieser Ansatz ist nicht frei von Schwächen, stellt jedoch eine gute Ausgangsbasis für eine Allokation dar. Der erste Schritt ist und bleibt jedoch die Etablierung eines systematischen Investmentprozesses, der den Einfluss der größten Feinde der Anleger, des Egos und der Emotionen, minimiert. Denn wer nicht weiß wo er hinwill, kommt dort möglicherweise nicht an.
Literaturhinweis: Martin Leinweber, Jörg Willig.
Asset-Allokation mit Kryptoassets: Das Handbuch