„Kernkompetenz: ­Aktienauswahl“

  • Kilian Stemberger (li.)
  • Florian Bohnet

FRANKFURT — Seit Dezember 2017 investiert der DJE – Equity Market Neutral Europe (ISIN: LU1681425523) in rund 50 europäische Aktienwerte, die jeweils gleich gewichtet werden. Über Derivate werden Markt- und Währungsrisiken nahezu vollständig abgesichtert. Damit ist es unerheb­lich, ob der Stoxx Europe 600 Index steigt oder fällt. Solange die 50 ausgewählten Titel im Schnitt besser abschneiden als der zur Absicherung genutzte Index, erzielen Investoren mit dem Fonds eine positive Rendite. Im Interview mit Hedgework News erläutern die Verantwortlichen Florian Bohnet und Kilian Stemberger ihren marktneutralen Teamansatz.

HEDGEWORK: Herr Bohnet, Herr Stemberger, wie kam es zur Gründung des marktneutralen Aktienfonds?
Florian Bohnet: Wir haben uns 2017 gefragt, was Kunden brauchen, wenn der Markt drehen und das Niedrigzinsumfeld in Europa anhalten sollte, wonach es für uns aussieht. Unsere Lösung für schwierige Marktphasen sollte auf der Stärke unserer Aktienauswahl aufbauen, aber mit geringer Korrelation zum europäischen Aktienmarkt und niedriger Volatilität. So haben wir den DJE – Equity Market Neutral Europe entwickelt, der die aus unserer Sicht besten europäischen Anlage-Ideen unseres Research-Teams vereint und auf eine stärkere Wertentwicklung als der breite Markt abzielt. Zugleich sichern wir über Index-Derivate das Marktrisiko weitestgehend ab. So verliert der Zeitpunkt des Investierens für den Anleger an Bedeutung, weil die typischen Marktschwankungen ausgeschlossen werden.

HEDGEWORK: Sie gehen bei der Absicherung einen anderen Weg als viele Wettbewerber, die die Titel im Portfolio einzeln absichern oder auch Short-Selling betreiben.
Bohnet: Unsere Stärke liegt in der Aktienauswahl. Wir verstehen uns als Investoren, die nach attraktiven Anlagegelegenheiten suchen und gute Geschäftsmodelle finanzieren wollen. Wir spekulieren nicht auf kurzfristige Trends, wir hebeln nicht und betreiben bewusst kein Short-Selling auf einzelne Unternehmen. Selbstverständlich treffen wir auch Firmen, deren Geschäftsmodelle wir anzweifeln, aber diese legen wir einfach beiseite. Wir möchten unsere Zeit für das Finden guter Werte nutzen und nicht gegen schlechte Geschäftsmodelle wetten. Daher verzichten wir bei diesem Fonds auf die Einzeltitelabsicherung, weil Aufwand und Risiko hier höher sind als bei der Absicherung des gesamten Marktes. Unser Ziel ist ein einfaches, transparentes Konzept mit der größtmöglichen Absicherung in schwierigen Phasen für unsere Anleger.

HEDGEWORK: Bei der Auswahl der Einzeltitel haben Sie keine Index-Vorgaben. Doch für die Absicherung brauchen Sie eine Referenz. Wie verhält sich das?
Kilian Stemberger: Natürlich müssen wir den Vergleich mit einem europäischen Aktienindex aushalten. Aus unserer Sicht eignet sich der Stoxx 600 am besten, da er mit 600 Titeln breit aufgestellt ist. Dieser Index ist die Basis unserer Marktabsicherung. Die prozentuale Gewichtung von Sektoren oder einzelner Titel ist aber unerheblich. Wichtig ist für uns eine gewisse Unternehmensgröße, denn das Portfolio soll skalierbar sein. Small Caps kommen für uns also nicht in Frage.

HEDGEWORK: Sie verzichten auch darauf, durch Über- und Untergewichtung einzelner Titel eine bessere Wertentwicklung zu erzielen als der breite Index, warum?
Bohnet: Vor allem, um ein weiteres Risiko auszuschließen, denn mit einer höheren oder niedrigeren Gewichtung gegenüber einem Index können Sie richtig liegen – oder eben nicht. Bei uns geht es um die reine Aktienauswahl, die dem Index überlegen sein sollte. Darum sind alle Titel in etwa gleich gewichtet, bei täglichem Rebalancing und monatlicher Reallokation des Portfolios. Das heißt auch: Sollte ein Titel die Erwartungen nicht erfüllen, wird er nicht sukzessive reduziert, sondern komplett verkauft.

HEDGEWORK: Wie funktioniert die Absicherung bei Ihnen?
Stemberger: Wir ermitteln das Beta aller im Portfolio gehaltenen Werte und kaufen eine entsprechende Anzahl an Index-Futures, um eben dieses Beta abzusichern. Zudem prüfen wir täglich, ob die Absicherung ausreicht, und passen sie im Bedarfsfall an. Sie soll ja nicht nur in ruhigen Phasen funktionieren, sondern vor allem dann, wenn es Sektorrotationen gibt oder sich der Markt dreht.

HEDGEWORK: Lockern Sie die Absicherung, wenn sich die Marktaussichten wieder verbessern?
Bohnet: Nein, dieser Versuchung widerstehen wir vehement. Wir behalten unser Konzept der vollständigen Absicherung in jeder Marktphase bei. Ansonsten liefe das auf Timing hinaus, und das würde unser Konzept, das Herausdestillieren der reinen Outperformance, verwässern.

HEDGEWORK: Haben Sie Präferenzen für bestimmte Länder oder Sektoren?
Stemberger: Die DACH-Region, West- und Nordeuropa stehen im Vordergrund. Wir investieren auch in Großbritannien, aber wegen des bevorstehenden Brexits in relativ geringem Ausmaß. Süd- und Osteuropa spielen nur eine untergeordnete Rolle. Bei den Sektoren sind wir flexibel und haben keinerlei Präferenzen – auch nicht in Richtung Value/Growth oder einzelner Faktoren wie Momentum oder Profitablität.

HEDGEWORK: Wie verhält sich Ihr Aktienportfolio vor der Absicherung gegenüber dem Vergleichsindex?
Stemberger: Unser Aktienportfolio resultiert aus der Top-down-Sektorenanalyse und der Bottom-up-Titelauswahl des DJE-Researchteams. Vor der Absicherung liegt der Betafaktor unseres Aktienportfolios gegenüber dem Index um den Wert 1, das heißt, es bewegt sich weitgehend ähnlich wie der Markt, aber leicht besser.

HEDGEWORK: Spielt das Timing im Handel eine Rolle?
Bohnet: Nicht mehr und nicht weniger als bei anderen Fonds. Wir setzen die Empfehlungen unserer Analysten um, idealerweise unmittelbar und in vollem Umfang. Das heißt, wir überlegen nicht, wie stark wir eine Position gewichten sollen, weil sich das rechnerisch ergibt. Bei rund 50 Titeln und einem Cash-Puffer von 15 Prozent wird der einzelne Titel mit 1,7 Prozent gewichtet. Insofern sind wir vielleicht etwas schneller als andere Fondsmanager.

HEDGEWORK: Wie steht es mit Fremdwährungen?
Stemberger: Wir wollen das nach der Marktabsicherung verbleibende Währungsrisiko komplett ausschließen. Daher sichern wir alle Werte, die nicht auf Euro lauten, aktuell rund 30 Prozent des Portfolios, durch Devisentermingeschäfte ab.

HEDGEWORK: Welche Kriterien muss ein Titel erfüllen, um in Frage zu kommen?
Bohnet: Neben einer ausreichenden Marktkapitalisierung sollte er attraktiv bewertet sein, und wir sollten einen guten Zugang zum Management haben, um das Geschäftsmodell einschätzen und prognostizieren zu können. Der Cashflow sollte stabil und die Verschuldung gering sein. Zudem muss der Titel unseren ESG-Kriterien entsprechen, denn DJE hat die „Prinzipien für verantwortungsvolles Investment“ der UN unterschrieben.

HEDGEWORK: Schränken Sie die ESG-Kriterien in der Aktienauswahl ein?
Stemberger: Die Einschränkungen fallen kaum ins Gewicht. Wenn wir auf einen Titel „verzichten“ müssten, weil er gegen Menschen- und Arbeitsrechte oder den Schutz der Umwelt verstößt, dann ist das kein Verzicht. Wir haben schon immer gewissenhaft investiert und möchten solche Praktiken nicht unterstützen. Doch heute stehen uns für diese Analyse, dank der Zusammenarbeit mit MSCI, viel mehr Daten zur Verfügung.
Bohnet: Auch unter Risikogesichtspunkten ist das ein Vorteil. Sollte es zu Skandalen oder Umweltschäden kommen, geht der Aktienkurs schnell in die Knie. Es passt zu unserem Fonds, neben den Markt- und Währungsrisiken auch diese Risiken zu vermeiden und nach Möglichkeit allein mit der aktiven Aktienauswahl erfolgreich zu sein.

DJE - Equity Market Neutral Europe:
Modellhafte Wertentwicklung bei steigendem und fallendem Markt

In einem steigenden Markt belastet die Absicherung das Ergebnis des DJE – Equity Market Neutral Europe, in einer Phase fallender Kurse wirkt sie sich in der Regel positiv auf die Wertentwicklung aus.

Quelle: DJE Kapital AG. Die modellhafte Darstellung der monatlichen Wertentwicklung dient nur zur Illustration und ist keine Garantie für die tatsächliche Wertentwicklung des Fonds in fallenden oder steigenden Marktphasen.

Das Interview führte Ronny Kohl

Vita
Florian Bohnet (re.) ist Leiter des Bereichs Research & Portfoliomanagement. Zusammen mit seinen Teammitgliedern ist er für die Asset Allocation und Einzeltitelauswahl der DJE Kapital AG verantwortlich. Mit FMM 2.0 entwickelt er die 1974 etablierte FMM-Methode weiter und treibt damit die Digitalisierung und Quantifizierung des DJE-Investmentprozesses voran. Nach Stationen in Berlin, Frankfurt und New York ist Florian Bohnet seit 2004 bei der DJE Kapital AG.

Kilian Stemberger (li.) arbeitet seit Oktober 2013 bei der DJE Kapital AG im ­Bereich Research & Portfoliomanagement. Gemeinsam mit Florian Bohnet ist er verantwortlich für den DJE – Equity Market Neutral Europe. Sein Schwerpunkt liegt auf der Datenanalyse mit Fokus auf Datenvalidierung und ESG. Darüber hinaus beschäftigt er sich intensiv mit quantitativen Portfolioansätzen. Stemberger studierte Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Controlling mit Abschluss als Bachelor of Arts im September 2014. Sein Studium General Management mit Schwerpunkt Finanzmanagement schloss er im August 2018 als Master of Arts ab.

DJE Kapital AG
ist seit über 40 Jahren als unabhängige Vermögensverwaltung am Kapitalmarkt aktiv. Das Unternehmen aus Pullach bei München verwaltet mit ca. 120 Mitarbeitern (davon rund 20 Fondsmanager und Analysten) aktuell über 12,5 Milliarden Euro (Stand: 31.07.2018) in den Bereichen individuelle Vermögensverwaltung, institutionelles Asset Management sowie Publikumsfonds. Vorstandsvorsitzender ist Dr. Jens Ehrhardt, sein Stellvertreter Dr. Jan Ehrhardt. Kern des Anlageprozesses und aller Investmententscheidungen ist die FMM-Methode (fundamental, monetär, markttechnisch), welche auf dem hauseigenen, unabhängigen Research basiert. Der Anspruch der DJE Kapital AG ist, ihren Kunden weitsichtige Kapitalmarktexpertise in allen Marktphasen zu bieten.

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