„Jede Krise bietet neue Anlagemöglichkeiten“

- StarCapital
- Simon Westendorf (li.)
- Manfred Schlumberger
- Johannes Alschwee (re.)
FRANKFURT — Die Corona-Krise zwingt Asset-Manager zum Umdenken – beispielsweise bei Multi-Asset-Konzepten. Die Macher von StarCapital starteten bereits voriges Jahr mit einem Multi-Asset-Long/Short-Fonds. Jetzt zeigen Manfred Schlumberger, Simon Westendorf und Johannes Alschwee, wie sich mit dieser Strategie auch in schwierigen Börsenzeiten Rendite erzielen lässt.
Einer der längsten Bullenmärkte ist im März dieses Jahres nach knapp elf Jahren zu Ende gegangen. Der Bärenmarkt, der folgte, war heftig und kurz. Was kommt als Nächstes?
Manfred Schlumberger: Wir stehen vor einem wirtschaftlichen Scherbenhaufen. Die Corona-Krise hat sich zu einer Weltviruskrise entwickelt. Die USA befinden sich infolge der Lockdown-Maßnahmen in der tiefsten Rezession seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Auch in Europa vernichtete die Virusbekämpfung das gesamte Wachstum der vergangenen drei Jahre. In den Industrieländern werden in diesem Jahr die Unternehmensgewinne um 25 Prozent bis 30 Prozent sinken. Es ist dramatisch, womit wir rechnen müssen. Die Konjunkturerholung wird nicht so schnell kommen wie zunächst erwartet. Den größten Teil werden wir erst im kommenden Jahr sehen – verbunden mit der Hoffnung, dass es Ende dieses Jahres oder Anfang 2021 einen Impfstoff gibt. Erst dann sollten wir aus dem Gröbsten heraus sein. China zeigt, dass es keine Alternative zu einer schrittweisen Rückkehr in ein normales Leben gibt. Auch in Europa sind Lockerungen für eine Erholung der Wirtschaft unabdingbar.
Für Anleger sind die Aussichten für das Jahr 2020 also ungewiss. Niedrige Zinsen, schwankende Aktienkurse und kaum Aussicht auf Ertrag. Sollten Anleger demnach besser über eine Alternative zum Kapitalmarkt nachdenken?
Schlumberger: Wir stehen vor einer neuen Zeitrechnung. Dennoch bleibt der Kapitalmarkt für Anleger alternativlos. Aktuell sehen wir eine bis dato unvorstellbare geldpolitische Flutungsaktion der Notenbanken. Die Federal Reserve etwa hat ihre Bilanzsumme seit März von vier Billionen auf 6,5 Billionen Dollar erhöht, die Europäische Zentralbank kommt auf knapp 5,3 Billionen Dollar. Diese geldpolitischen Maßnahmen der Notenbanken führten zu der gewaltigen Erholung an den Aktienmärkten. Gleichwohl sollte man in Zeiten wie diesen bestehende Konzepte überdenken. Als antizyklischer Investor haben wir Erfahrung mit Krisensituationen und wissen, dass jede Krise auch neue Anlagemöglichkeiten bietet.
Wie sehen diese neuen Anlagemöglichkeiten aus?
Simon Westendorf: Wir haben dazu eigens das Multi-Asset-Konzept weitergedacht und um einen Long/Short-Ansatz ergänzt. Das Ergebnis ist unser neuer StarCapital Long/Short Allocator. Ein Fonds, der die gesamte Klaviatur der Anlageklassen nutzt – und das weltweit. So werden auch Edelmetalle und Anleihen zur Renditeoptimierung eingesetzt.
Was ist die Idee hinter dem Fonds?
Schlumberger: Wir haben nach einer intelligenten Erweiterung unseres Multi-Asset-Konzepts gesucht. Die Ergänzung durch eine Long/Short-Strategie bedeutet: Der Fonds kann zusätzlich von steigenden und fallenden Aktienmärkten profitieren. Mit dieser Risikostreuung stellt er eine echte Innovation dar.
Westendorf: Zugleich schließt der Fonds die Lücke zwischen unserem defensiven Multi-Asset-Klassiker StarCapital Winbonds plus und unserem offensiven StarCapital Strategy 1.
Was macht den Unterschied zu den anderen Fonds?
Johannes Alschwee: Bei klassischen Long/Short-Konzepten hängt die Rendite zu einem Großteil vom Erfolg der Einzeltitelselektion ab, sowohl auf der Long- als auch auf der Short-Seite. Ein prominentes Beispiel sind angelsächsische Hedgefonds, die seit Jahren vergeblich gegen die Aktienkurse von teuren Wachstumstiteln wie Tesla oder Netflix wetten. Das ist hochriskant, denn die vermeintliche Irrationalität der Märkte kann nach Keynes deutlich länger anhalten als die Solvenz des Anlegers. Das eigentlich Wichtige – nämlich das breite Marktrisiko – spielt bei einem solchen Ansatz nur noch eine untergeordnete Rolle.
Westendorf: Deshalb haben wir die Spielregeln bei unserem Fonds erweitert. Statt bei Einzeltiteln short zu gehen, sichern wir breit über Indexfutures ab. Das hat den Vorteil, dass das komplette Marktrisiko abhängig von der Markteinschätzung abgesichert werden kann, und gibt uns den Spielraum, flexibler auf extreme Marktsituationen reagieren zu können. Außerdem steht uns das gesamte Multi-Asset-Universum zur Verfügung. So können wir bei Bedarf zum Beispiel auch eine negative Duration fahren. Das beinhaltet die konzeptionelle Möglichkeit, auch von steigenden Renditen zu profitieren. Während traditionelle Multi-Asset-Fonds in einem Umfeld steigender Zinsen grundsätzlich auf der Rentenseite Probleme bekommen, kann der Long/Short Allocator durch eine angepasste Duration Rückenwind erhalten.
Alschwee: Um das noch zu ergänzen – auf der Long-Seite erfolgt der Auswahlprozess für Aktien aktiv und mit Blick auf die Ausnutzung von Unterbewertungen einzelner Werte an den internationalen Märkten. Wir sehen eine bewertungs- und qualitätsorientierte Aktienselektion sowie antizyklische Investitionen als Grundlage für eine nachhaltige Überrendite, insbesondere wenn sich an den Märkten in Rückschlagsphasen Chancen eröffnen.
Ist der Long/Short Allocator damit ein Allwetterfonds? Oder sollte man bei einem optimistischeren Ausblick gegebenenfalls in eine offensivere Variante wechseln?
Schlumberger: Durch seinen Ansatz ist er für einen unklaren Marktverlauf sowie für Anleger mit begrenztem Risikobudget bestens aufgestellt, denn er kann auch von fallenden Kursen profitieren. Wir nutzen Short-Investments überwiegend, um Risiken zu reduzieren, anstatt das Risiko durch das Hebeln der Einzeltitelselektion zu erhöhen. Zudem bietet der Einsatz von Indexfutures eine hohe Liquidität bei geringen Kosten. Somit macht der Fonds quasi bei jedem Börsenwetter seinen Job.
Wie ist er denn bislang gelaufen?
Schlumberger: Dass die Aktienquote aktiv gesteuert werden kann, hat sich als großer Vorteil erwiesen. 2019, als sich der Aktienmarkt in einem intakten Aufwärtstrend befand, konnte die Strategie durch den Long-Bias von den global steigenden Aktienmärkten profitieren, und der Fonds erzielte eine Rendite von 8,5 Prozent. Infolge der Corona-Krise wurde das Aktienmarktrisiko dieses Jahr deutlich reduziert. Sollte sich die aktuelle Erholungsbewegung am Kapitalmarkt nicht fortsetzen, kann der Fonds schnell so positioniert werden, dass fallende Kurse als Rückenwind dienen. Ein zusätzliches Sicherheitsnetz in Form von Investments in Edelmetallen sollte nicht nur weitere Rückschläge verhindern, sondern ebenfalls einen positiven Beitrag zur Wertentwicklung liefern.
Dr. Manfred Schlumberger ist Vorstand der StarCapital und leitet seit 2017 das Portfoliomanagement bei StarCapital. Er verantwortet neben dem StarCapital Long/Short Allocator auch den StarCapital Winbonds.
Johannes Alschwee ist Portfoliomanager und Analyst Aktien bei StarCapital und mitverantwortlich für die globale Aktienanalyse und Einzeltitelauswahl der aktiven Anlagestrategien.
Simon Westendorf ist Portfoliomanager Aktien bei StarCapital und gehört seit 2018 zum Team für aktive Anlagestrategien. Er ist Co-Portfoliomanager des StarCapital Long/Short Allocator.
Hinweis: Dieser Beitrag ist zuerst erschienen in TiAM – Trends im Asset Management 01/2020
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