Investmentchancen in einer inflationären Welt

- Henning Busch
- Capital Group
FRANKFURT – „Die steigende Inflation ist zu Jahresbeginn in aller Munde – und dürfte auch 2022 hoch bleiben“, sagt Henning Busch von Capital Group. Allerdings liegen in einer erhöhten Inflation auch Chancen, gibt er zu bedenken: „Eine Wiederholung der Siebzigerjahre sei zudem nicht zu erwarten.“
Ab hier folgt die unredigierte Markteinschätzung von Henning Busch, Managing Director für institutionelle Kunden bei Capital Group:
Die Nervosität mancher Marktteilnehmer sei zunächst verständlich, erläutert Busch. Schließlich sei das Phänomen für viele neu. In den letzten 30 Jahren sei die Inflation in den Industrieländern kein Thema gewesen, um das sich Anleger große Sorgen machen mussten. In den meisten Industrieländern habe sie lange Zeit konstant unter fünf Prozent gelegen.
Selbst nach der Finanzkrise von 2007 bis 2009 sei sie, trotz ausgeprägter Konjunkturprogramme und historisch niedriger Zinsen, kaum auf das Zwei-Prozent Ziel der Fed gestiegen. Das habe sich letzten Sommer geändert, als manche Konsumgüterpreise begannen, aufgrund der Corona-Pandemie massiv zu steigen. „Heute sind die wichtigsten Fragen für Investoren, wie stark diese Inflation noch steigen und wie lange sie anhalten wird“, sagt Busch.
Hyperinflation?
Grundsätzlich sei nicht mit einem schnellen Abflauen zu rechnen. „Wir gehen davon aus, dass die hohe Inflation noch etwas länger anhalten wird als allgemein erwartet.“ Dies läge an der weiterhin starken Nachfrage, der lockeren Geldpolitik sowie dem Arbeitskräftemangel und den nach wie vor unterbrochenen Versorgungsketten. Aber auch eine länger andauernde Inflation sei kein Grund zur Panik, schließlich lägen darin auch Chancen.
„Eine moderate und stabile Inflation hilft den Volkswirtschaften, sich an den Pandemieschock anzupassen“, erläutert Busch. Sie ermögliche es den Unternehmen, die Preise zu erhöhen und die Rentabilität zu steigern. Zudem sollten gerade Investoren bedenken, dass Aktien und Anleihen historisch gesehen in verschiedenen Inflationsumgebungen gut performt hätten.
Eine Hyperinflation wie in den Siebzigerjahren, als die Inflationsraten teilweise im hohen zweistelligen Bereich lagen, ist laut Busch ohnehin unwahrscheinlich. „Es ist anzunehmen, dass Politik und Notenbanken nicht die gleichen Fehler von damals wiederholen“, erläutert er. „Der extreme Preisanstieg von damals war eine Ausnahme.“
Wie Anleger reagieren sollten
Auch wenn Extrem-Inflations-Situationen unwahrscheinlich seien, rät Busch Investoren dazu, sich vor einem dauerhaften Preisanstieg zu schützen. „Auf der Aktienseite eignet sich dazu ein Bottom-up Ansatz. Eine angemessene Selektivität bei der Auswahl der Unternehmen ist der Schlüssel.“ Dividendenstarke Aktien könnten helfen, die Folgen der steigenden Teuerung, durch regelmäßige Auszahlungen, zumindest abzumildern. Auch Unternehmen mit Preissetzungsmacht würden guten Schutz vor Inflation bieten, da diese in der Lage seien, die höheren Kosten ohne eigene Verluste an den Endverbraucher weiterzugeben. Auf der Anleihenseite seien High-Yield-Titel in Erwägung zu ziehen, hier seien eine steigende Kreditqualität und weniger Zahlungsausfälle zu erwarten. Über Investment-Grade-Anleihen könnte man ebenfalls nachdenken, da diese bei einer Aktienmarktkorrektur Aussicht auf Stabilität bieten würden.
Auch Emerging Markets Debt sei eine interessante Option, da diese Anlageklasse fundamental günstig bewertet sei: „Die langfristigen Nominal- und Realrenditen sind hier deutlich gestiegen, sodass die Realrenditen jetzt sehr viel höher sind als in den Industrieländern“, erläutert Busch. Besonders Lokalwährungsanleihen seien hier in Betracht zu ziehen.