„In Abwärtsphasen können wir unsere Stärken ausspielen“

- Leo Willert
- ARTS Asset Management GmbH
MÜNCHEN – Risikokontrolle steht für Leo Willert ganz oben. Mit seinen ARTS-Fonds investiert er seit 20 Jahren nach einem definierten Regelwerk und ohne menschliche Emotionen, um unter dem Strich langfristig positive risikoadjustierte Erträge zu erzielen. Der Erfolg gab ihm bislang recht.
? Gratulation! ARTS hat jetzt 20 Jahre hinter sich. Sie starteten in der Jahrhundertbaisse – ganz schön mutig.
Leo Willert: Herzlichen Dank – und ja, es war ein schon eine Herausforderung. Aber mein Mut wurde ja auch belohnt. Heute verwalten wir rund zwei Milliarden Euro an Kundengeldern in 13 unterschiedlichen Fonds.
? Wie kam es zum Start als Fondsmanager? Sie haben ja nach Ihrem Studium zunächst einmal eine Ausbildung zum PR-Berater absolviert.
Willert: Mein Interesse an Börse und Geldanlage war einfach überwältigend. Nach Abschluss meines Studiums genoss ich deshalb in den 1990er-Jahren in North Carolina eine Trader-Ausbildung bei Dr. Van Tharp. Er zählte damals zu den berühmtesten Trading-Coaches. Im Anschluss entwickelte ich ein Handelsmodell, ausschließlich für meinen privaten Einsatz. Als ich 2001 meinen privaten Account von den USA nach Österreich zu einer Tochtergesellschaft von C-QUADRAT übertrug, lernte ich die beiden C-QUADRAT-Gründer Alexander Schütz und Thomas Riess kennen. Sie wurden hellhörig, als sie von den Anlageergebnissen meines Accounts in den schwierigen Jahren nach dem Platzen der Dotcom-Blase erfuhren. Dann war die Gründung von ARTS Asset Management schnell beschlossene Sache.
? Was haben Sie in den schwierigen Aktienjahren besser gemacht?
Willert: In der Megabaisse, in denen der Euro Stoxx 50 bis zu 60 Prozent an Wert verlor, zahlte sich aus, dass ich über Algorithmus-basierte Entscheidungen meines Handelssystems aktiv das Risiko meiner Anlagen steuerte. So konnte ich meine Emotionen aus dem Trading fernhalten und größere Verluste vermeiden. Diesem Konzept bin ich bis heute treu geblieben.
? Inzwischen verwalten Sie mehrere Strategien.
Willert: Ja, es ging dann ziemlich schnell voran. Um den Jahreswechsel 2002/2003 erhielt ich ein tolle Chance: Mit meinem selbst entwickelten Handelssystem sollte ich einen Fonds steuern, der damals nur ein Volumen von 1,4 Millionen Euro hatte. Der Fondsstart am 27. März 2003 war perfekt – nach einem halben Jahr schon plus 27 Prozent und in allen Rankings ganz weit oben. So wurde eine deutsche Versicherung auf uns aufmerksam, die uns das Mandat für drei weitere Fonds übertrug. Das war der Durchbruch.
? Was ist aus Ihrem Erstling geworden?
Willert: Der Fonds existiert noch immer und ist heute als C-QUADRAT ARTS Total Return Global AMI bekannt, mit einem Volumen von 500 Millionen Euro. Doch am meisten freut mich eine aktuelle Auszeichnung: Er erzielte über den Zeitraum von 20 Jahren den ersten Platz in seiner Kategorie. Vor allem deshalb, weil er in den 20 Jahren genau das gemacht hat, was wir von ihm erwartet hatten. Der Fonds konnte zwar aufgrund seines aktiven Risikomanagements in starken Aufwärtsphasen mit den meisten Aktienmärkten nicht vollständig mithalten, spielte aber in Abwärtsphasen seine Stärken zuverlässig aus. Dadurch musste er weit geringere Verluste hinnehmen und letztlich auch deutlich weniger aufholen.
? Wie hoch ist der Maximalverlust?
Willert: Seit Auflage beläuft sich der maximale Wertverlust auf minus 18,24 Prozent, bei einem durchschnittlichen Jahresertrag von 5,41 Prozent. Der globale Aktienmarkt verlor hingegen im gleichen Zeitraum in der Spitze über 55 Prozent, bei einem jährlichen Ertrag von 6,64 Prozent. Der Euro Stoxx 50 verzeichnete sogar ein Minus von über 60 Prozent und erzielte einen Jahresertrag von 3,43 Prozent. Nicht zu vergessen: Nach einem Kursverlust von 60 Prozent braucht es 150 Prozent Gewinn, um wieder zum Ausgangslevel zurückzukommen. Unseren Maximalverlust konnten wir schon mit einem Anstieg von gut 20 Prozent wieder aufholen.
? Was bedeutet das Kürzel ARTS?
Willert: ARTS steht für „Absolute Return Trading Solutions“, also ein quantitatives Handelssystem mit Risikokontrolle, um auch in turbulenten Zeiten einen angemessenen Ertrag zu erzielen. Sämtliche Anlageentscheidungen werden kompromisslos nach einem definierten Regelwerk getroffen, und dies unabhängig von menschlichen Emotionen.
? Wie definieren Sie Absolute Return?
Willert: Absolute Return heißt für uns, Benchmark-unabhängig langfristig positive und risikoadjustierte Erträge zu erwirtschaften. Der wichtigste Bestandteil ist sicherlich „risikoadjustiert“, nämlich die Vermeidung großer Kursrücksetzer, was man wiederum nur über ein aktives Risikomanagement erreicht. Das bedeutet, die Aktienquote im Fonds zu reduzieren, wenn die Märkte fallen, und zu erhöhen, wenn der Aktienmarkt im Aufwind ist. Zur Aufrechterhaltung dieser Flexibilität darf man aber nicht an einer bestimmten Benchmark festkleben und dieser ohne Wenn und Aber folgen. Das sieht man oftmals bei passiven Investments, wie bei ETFs, die in schlechten Marktsituationen ungebremst im Kurs fallen.
? Sie haben mittlerweile Ihr Produktangebot erweitert – worin liegt das Hauptunterscheidungsmerkmal?
Willert: Das ist richtig, wir haben aufgrund von Kundenwünschen unsere Produktpalette laufend erweitert. Die Fondspalette richtet sich nach den Risiko- beziehungsweise Ertragseigenschaften unserer Kunden und reicht vom reinen Total-Return-Anleihefonds, der das komplette Anleiheuniversum von Staatsanleihen über Unternehmens- bis hin zu High Yield- oder Emerging-Markets-Anleihen abdeckt, bis zum reinen Aktienfonds, der aufgrund seiner hohen Flexibilität und Sektorrotation in die trendstärksten Titel investieren kann. Der volumenstärkste Bereich liegt jedoch bei den Mischfonds, die unterschiedliche maximale Aktienquoten aufweisen und sich entsprechend der jeweiligen Marktentwicklung positionieren. Bei allen Fonds gibt es jedoch das aktive Management, um größere Wertverluste an den Märkten, die immer wieder auftreten können, zu vermeiden.
? Damit zum Schluss die Frage, wie es Ihrer Einschätzung nach in diesem Jahr an den Börsen weitergehen wird?
Willert: Gute Frage. Aber wir überlassen Vorhersagen lieber den Analysten am Markt, denn ein Trendfolger, der eine Marktmeinung hat, ist in Wahrheit keiner. Ein Trendfolger agiert wie ein Kapitän, der das Segel entsprechend dem jeweils herrschenden Wind setzt. Unser quantitativer Handelsansatz blendet emotionale Anlageentscheidungen und Marktmeinungen aus und steigt in Aktien oder Fonds der verschiedensten Länder und Branchen erst dann ein, wenn sich ein positiver Kurstrend manifestiert hat.
Leo Willert ist Geschäftsführer der ARTS Asset Management GmbH. Nach dem Studium der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften in Wien und einer Ausbildung zum akademisch geprüften PR-Berater avancierte er im Jahr 2003 zum Head of Trading bei ARTS Asset Management, wo er heute mehr als zwei Milliarden Euro verwaltet. Bislang wurde er bereits neunmal in Folge zu Österreichs bestem Dachfondsmanager gewählt.
Hinweis: Dieser Beitrag ist zuerst erschienen in TiAM 01/2023
Falls Sie sich für TiAM interessieren, klicken Sie bitte hier.