Impact Investing erfordert eine neue Due Diligence

- Tobias Huzarski
- Commerz Real
FRANKFURT – Impact Investment bedeutet wirkungsorientiertes Investieren bezüglich Klima, Umwelt oder gesellschaftlichen Herausforderungen. Dahinter verbirgt sich auch eine Revolution im Ankaufsprozess: Die Due Diligence wird jetzt um eine gänzlich neue Dimension erweitert, sagt Commerz-Real-Manager Tobias Huzarski.
Ab hier folgt die unredigierte Analyse von Tobias Huzarski, Head of Impact Investing bei Commerz Real:
„Vielen Investoren mag die Unterscheidung vor allem semantisch erscheinen: Ob ein klassischer Renewables- oder ein Impact-Fonds – investieren doch beide etwa in Windräder. Doch die Unterschiede sind enorm – im Reporting und in der Due Diligence, im Ankauf und in der Entwicklung des Assets. Investoren stellt sich nicht nur die Frage, welche Grenzwerte laut EU-Taxonomie in den wichtigsten Renewables-Assetklassen einzuhalten sind und wie sich diese Werte in Zukunft entwickeln, sondern auch welche Externalitäten es je nach Assetklasse zu analysieren und welche Kriterien es konkret anzuwenden gilt. Und: Welche Auswirkung haben die strengen DNSH (Do No Significant Harm)-Standards?
Impact Investment – das bedeutet wirkungsorientiertes Investieren mit dem Ziel eines konkreten positiven Effekts auf Klima, Umwelt oder gesellschaftliche Herausforderungen. Die erzielte Wirkung ist dabei kein willkommener Nebeneffekt, sondern explizites Ziel des Impact Investments, auf einer Ebene mit Faktoren wie Rendite oder Kapitalerhalt. Es geht keineswegs um traditionelle Investments in erneuerbare Energien per se. Vielmehr verbirgt sich dahinter eine kleine Revolution im Ankaufsprozess: Die Due Diligence wird um eine ganz neue Dimension erweitert.
Selbst in einem konventionellen Due-Diligence-Prozess werden längst auch ESG-Risiken beleuchtet. Das gilt für jedes professionelle Investment, gleich welcher Assetklasse – Unternehmensübernahmen (M & A) eingeschlossen. Das Thema Nachhaltigkeit ist dabei jedoch meist eher eine Frage für das Risikomanagement: Erwachsen daraus mögliche Rechts- oder Reputationsrisiken und welche Folgen hätten diese?
Letztlich geht es bei herkömmlichen Prozessen immer primär um die Frage, inwieweit Nachhaltigkeits- oder ESG-Risiken langfristig das Ertragspotenzial eines Investments beziehungsweise das Geschäftsmodell eines Unternehmens wirtschaftlich beeinflussen oder gar gefährden könnten.
Impact Due Diligence will mehr
Beim Impact Investing hingegen spielt die Nachhaltigkeits-Due-Diligence eine fundamental andere und existenziellere Rolle. Nachhaltigkeit ist dabei kein Thema der Risikovermeidung. Im Gegenteil, ein positiver Impact ist Ziel des Investments. Deshalb muss die Impact Due Diligence klären, inwieweit das Investment geeignet ist, dieses – genau zu definierende – Ziel zu erreichen, und welche Risiken und Herausforderungen dem entgegenstehen könnten. Nachhaltigkeit wird mithin nicht als Risikofaktor betrachtet, sondern als notwendige Bedingung des als nachhaltig definierten Investmenterfolgs.
Von dieser Grundsatzüberlegung ausgehend ist die Impact Due Diligence ein strukturierter Prozess mit drei Kernbausteinen. Der erste Schritt besteht darin, die konkreten Impact-Ziele zu definieren und festzulegen, nach welchen Kriterien der Anlageerfolg objektiv messbar nachgewiesen werden soll. Geht es um Klima- und Umweltschutz, können einschlägige Definitionen und Zielsetzungen supranationaler Organisationen von den Vereinten Nationen über die OECD bis zur Europäischen Union die Grundlage für eine valide und verifizierbare Definition darstellen.
Die Vereinten Nationen beispielsweise haben 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung definiert, die sogenannten Sustainable Development Goals, kurz SDGs, die allerdings noch keine Standards und konkreten Handlungsschritte festlegen. Als greifbareres Regelwerk der Vereinten Nationen dürfen die Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte gelten.
Die OECD wiederum hat Leitlinien für multinationale Unternehmen sowie für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht für verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln entwickelt – dies nur als Beispiele, die Beachtung finden können und sollten in einer Impact Due Diligence.
DNSH-Klausel als komplexe Aufgabe
Am weitesten in der Konkretisierung von Nachhaltigkeitsstandards und -zielsetzungen geht die EU mit ihrer neuen Taxonomie-Verordnung für die Kapitalanlage- und Finanzbranche. Auch hier gibt es im Detail noch offene Fragen, die erst mit der Zeit beantwortet werden können, wenn die neue EU-Verordnung mit Leben gefüllt wird. Im Wesentlichen werden sechs übergeordnete Ziele festgelegt: Abschwächung des Klimawandels, Anpassung an den Klimawandel, nachhaltiger Umgang mit Wasser und maritimen Ressourcen, Wandel zu einer Kreislaufwirtschaft, Vermeidung und Kontrolle von Luftverschmutzung sowie Erhalt und Wiederherstellung von Biodiversität und Ökosystemen.
Es wäre wenig praktikabel, diese Nachhaltigkeitsaspekte gleichrangig als Ziel einer Impact-Strategie zu definieren und den Erfolg stetig zu überwachen. Auch die EU-Taxonomie empfiehlt, einen substanziellen Beitrag zu einem der sechs genannten ökologischen Ziele zu leisten. Gleichwohl muss eine Impact Due Diligence auch alle übrigen Aspekte in Augenschein nehmen und genau abklopfen.
Der Grund ist die für das Impact Investing definitorische Klausel „do not significant harm“, kurz: DNSH. Dies stellt den zweiten Baustein der Impact Due Diligence dar. Ein Impact Investment soll also vorrangig ein Nachhaltigkeitsziel verfolgen, darf aber keinen signifikanten Schaden an anderen ökologischen Zielsetzungen anrichten.
Ein gigantisches Staudammprojekt beispielsweise könnte einen großen Beitrag zu einer CO2-effizienten Stromversorgung leisten, gleichzeitig aber immense Auswirkungen auf lokale Ökosysteme haben und deshalb bei der ESG Due Diligence einer Impact-Strategie durchfallen. Alle diese Faktoren zu beachten und Szenarien durchzuspielen, stellt operativ mit die umfangreichste Aufgabe einer Impact Due Diligence für Impact-Investoren dar.
Doch auch bei der Bewertung des eigentlich angestrebten Impacts sind komplexere Fragestellungen zu beachten. Eine auf den ersten Blick leicht nachvollziehbare Impact-Absicht kann zum Beispiel darin liegen, einen positiven Beitrag zur Energiewende und damit zu einer CO2-effizienteren und emissionsärmeren Energie- und Stromversorgung zu leisten. Dies gelingt durch die Installation von Erneuerbare-Energie-Kapazitäten wie Photovoltaik-, Windenergie-, Geothermie- oder Wasserkraftanlagen.
Letztlich lässt sich der daraus erzeugte und vermarktete Strom in Kilowattstunden gut beziffern und in Relation zum herkömmlichen Strommix ausrechnen, wie viele Tonnen CO2 dank der Anlagen nicht emittiert, also eingespart wurden. Damit lässt sich ein positiver Beitrag zum Klimaschutz nachvollziehen.
Social- und Governance-Faktoren
Den dritten und finalen Baustein der Impact Due Diligence bilden die sogenannten Minimumstandards bezüglich sozialer oder Governance-Thematiken. So werden Projektpartner, Dienstleister und Lieferketten dahingehend beleuchtet, inwiefern beispielsweise Arbeitnehmerrechte hinreichend berücksichtigt sind.
Im Vergleich zu einem herkömmlichen ESG-konformen Investment oder einer Kapitalanlage in Renewables fällt die Due Diligence bei Impact-Investments komplexer und ganzheitlicher aus, weil Zielkonflikte noch tiefgehender beleuchtet und vielfältige Nachhaltigkeitsdimensionen beachtet werden.
Dieser Aufwand ist notwendig und gerechtfertigt und dürfte mittelfristig zum Standard für Renewables-Investments werden – denn letztlich macht er den Unterschied aus. Langfristig ist zu erwarten, dass die erweiterte Due Diligence über Impact Investing hinaus Anwendung findet, um damit die finanzielle Rendite und ökologische Wirkung von Investitionen enger miteinander zu verzahnen.“
Tobias Huzarski ist Head of Impact Investing bei Commerz Real. Nach seinem Bachelor-Studium an der Universität Oxford begleitete Huzarski internationale Private-Equity-Transaktionen in Höhe von insgesamt 800 Millionen Euro. Besondere Erfahrung sammelte er bei verschiedenen deutschen und britischen Fondshäusern in den Bereichen Fondsstrukturierung, Finanzierung und Produktentwicklung.
Hinweis: Dieser Beitrag ist zuerst erschienen in TiAM – Trends im Asset Management 01/2021
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