„Im Detail haben sich insbesondere Tail-Hedge-Strategien bewährt“

  • Georg Reutter
  • Kepler Partners LLP

FRANKFURT –Inzwischen liegen erste Analysen vor, wie sich Alternative UCITS-Fonds, sogenannte Liquid Alternatives, in der jüngsten Krise bewährt haben. HEDGEWORK NEWS hat bei Georg Reutter von Kepler Partners LLP nachgefragt.

Hedgework: Herr Reutter, Sie haben das Marktsegment der Alternativen UCITS-Fonds unter die Lupe genommen. Welches waren unter dem Eindruck der Corona-Krise die wichtigsten Erkenntnisse?

Georg Reutter, Kepler Partners LLP:
Obwohl die Märkte schon einige Zeit die Entwicklung der Probleme in China beobachtet haben, scheinen sie dennoch von den kürzlichen Entwicklungen überwältigt worden zu sein. Es handelt sich hierbei um eine Kumulation sogenannter „Black Swan Events“, welche die Märkte in Rekordgeschwindigkeit zum Fallen gebracht haben. In genau diesen Phasen werden Investoren an die Relevanz von Portfoliodiversifikation erinnert, welche durch einen gewissen Anteil alternativer Investments realisiert werden kann.
Eine Besonderheit der aktuellen Krise ist die Geschwindigkeit der Marktentwicklungen. Dies erschwert es Investoren und Fondsmanagern, sich rechtzeitig an die veränderten Umstände anzupassen. Nie zuvor gingen der Abverkauf und kurzzeitige Erholungen an den Märkten so schnell von statten. Dies hat zu drastisch schwankenden Erträgen geführt, welche die tägliche Preisberechnung von alternativen Investments besonders visualisiert hat.

Hedgework: Welche Strategien haben trotz Krise verhältnismäßig gut abgeschnitten und worauf führen Sie das zurück?

Georg Reutter:
Generell lässt sich sagen, dass Tail-Hedge Strategien und andere Defensive Strategien größtenteils positive Erträge liefern konnten. Einige Strategien waren allein im März zweistellig positiv und auch seit Jahresbeginn sehr ertragreich. Trotzdem tun sich aktuell auch manche eher konservativen Strategien, wie z.B. Merger Arbitrage schwer, da Handelsspannen äußerst stark gestiegen sind.
Im Detail haben insbesondere die Tail-Hedge Strategien positiv abgeschnitten. Während diese Strategien in Zeiten steigender Märkte häufig Opportunitätskosten für investoren darstellen, zahlt sich dies nun wie eine Art Versicherung aus. Sowohl Managed Futures, als auch quantitative Strategien kommen bisher recht gut mit diesem Umfeld klar. Allerdings bedeutet dies nicht, dass jeder Fonds innerhalb dieser Strategien auch zu den Gewinnern zählt. In unserem marktneutralen Index haben die Strategien mit durchschnittlich -2,5% im März nicht positiv, aber verhältnismäßig stabil abgeschnitten.
Einige nennenswerte Gewinner gibt es in nahezu allen Strategien. All diese haben gemeinsam, dass sie entweder strukturell auf eine solche Marktphase vorbereitet waren, oder aber agil genug sind, um sich schnell anzupassen.

Hedgework: Welche Strategien haben demgegenüber eher enttäuscht und weshalb?

Georg Reutter:
Zweifelsohne haben Merger-Arbitrage-Strategien im Durchschnitt am stärksten enttäuscht. Einige Fonds haben zweistellige Verluste erlitten, die einige Jahre an Erträgen aufzehren. Dies beschränkt sich nicht auf einzelne Manager, sondern lässt sich auf ganzer Linie beobachten. Trotz der großen Enttäuschung für Investoren, die dies als Ersatz für Anleihen oder Devisen sahen, glauben wir, dass diese Strategien insbesondere eine Chance für neue Investoren bieten. Die erhöhten Handelsspannen bedeuten höhere Risikoprämien, welche bereits erste Investoren angelockt haben.

Hedgework: Etliche Anleger dürften insbesondere mit ihren Long/Short-Fonds unzufrieden sein. Wie sehen Sie das?

Georg Reutter:
Unser Equity-Long/Short-Index ist diesen Monat bisher 5,1% negativ, während die meisten Aktienmärkte zweistellige Verluste zu verbuchen haben. Für Investoren, die einen marktunabhängigen Absolute-Return-Ansatz verfolgen, mag dies enttäuschend klingen, dennoch haben diese Strategien Investoren aber vor mehr als 50% der Verluste bewahrt. Es ist also wieder einmal eine Frage der Perspektive.
Insgesamt hat der Abverkauf an den Märkten viele Equity-Long/Short-Strategien hart getroffen. Die Verluste dieses Monats sind selbst bei Strategien mit normalerweise geringem Marktexposure drastisch. Da wir bereits jetzt erste Erholungsversuche an den Märkten erleben, wird es spannend zu sehen, wie verschiedene Strategien damit umgehen. Sicherlich werden sich Equity-Long/Short-Investoren im Nachhinein kritisch mit der Performance ihrer Investments auseinandersetzen.

Hedgework: Die Bandbreite der jüngsten Ergebnisse innerhalb einer Anlageklasse sind zum Teil erheblich. Wie ist das zu erklären und welche Schlüsse können Anleger daraus schließen?

Georg Reutter:
Die Differenz zwischen den Fonds mit den höchsten und niedrigsten Erträgen im März 2020 wird mindestens so groß ausfallen wie die Dispersion, welche wir für das gesamte Jahr 2019 feststellen konnten. Es ist fast, als hätten wir ein ganzes Jahr an Marktbewegungen in nur vier Wochen erlebt. Dabei muss man sich immer wieder bewusst machen, dass alternative Investmentstrategien das gesamte Spektrum von Aktienmanagern mit 100% Net-Short, bis hin zu Emerging-Markets-Makrostrategien, welche in verschiedensten Fremdwährungen handeln, abdecken. Beachtet man die häufig flexiblen Mandate und unterschiedlichen Perspektiven der Fondsmanager, ist diese Dispersion nicht verwunderlich.
Abschließend lässt sich noch festhalten, dass der schnelle Wechsel von Bären- und Bullenmarkt höchst kompliziert war. Wir bezweifeln, dass sich ein korrektes Timing in diesem Monat von irgendeinem Manager in Zukunft zuverlässig replizieren lassen kann. Hierbei wäre eher von Glück oder Zufall auszugehen. Stattdessen liegt unser Fokus auf dem Risikomanagement des Managers, wie dies implementiert wurde und welche Auswirkungen dies auf das Portfolio hatte.

Vita
Georg Reutter, CFA, ist Managing Partner von Kepler Partners LLP und leitet das Open-End-Fund-Research-Geschäft. Vor Kepler arbeitete er als Hedge Fund Adviser für die Alternative Investment Group der HSBC Private Bank. Während dieser Zeit konzentrierte er sich auf Hedgefonds-Due-Diligence, Portfolio-Management und Kundenberatung. Zu seinen Aufgaben gehörte die Bewertung, Analyse und Beratung von Hedgefonds-Portfolios, die hauptsächlich in Offshore-Fonds, börsennotierte Hedgefonds, Multi-Manager-Fonds und OGAW-Fonds investieren.

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