Home Bias kostet institutionelle Anleger wertvolle Renditepunkte

FRANKFURT – Institutionelle Investoren in Deutschland legen übermäßig große Anteile ihres Kapitals am Heimatmarkt an und erzielten dadurch in den vergangenen zehn Jahren erheblich geringere Renditen als diversifizierten Portfolios, so das Ergebnis einer Studie der Frankfurt School of Finance and Management im Auftrag von Nomura Asset Management.


Ab hier folgt die unredigierte Mitteilung der Gesellschaft:

Die institutionellen Anleger in Deutschland gewichten Aktien ihres Heimatmarktes (Deutschland und Europa) in ihren Portfolios deutlich höher als es ein international diversifiziertes Portfolio implizieren würde. So haben Euroland-Aktien am Weltaktienindex MSCI World ein Gewicht von 10 Prozent, in institutionellen Portfolios sind sie hingegen mit mehr als 40 Prozent überproportional hoch vertreten. Die Differenz von rund 33 Prozentpunkten quantifiziert den sogenannten „Home Bias“ der institutionellen Anleger hierzulande. Dieser lag vor zehn Jahr zwar noch bei 45 Prozent, bewegt sich aber noch immer auf hohem Niveau.

Ineffiziente Portfolios

„Durch ihre noch immer starke Heimatbezogenheit müssen die institutionellen Anleger hohe Nutzenverluste in Kauf nehmen. Die deutliche Übergewichtung von deutschen und europäischen Aktien führt zu ineffizienten Portfolios“, kommentiert Olaf Stotz, Professor für Asset Management und Pension Economics an der Frankfurt School of Finance and Management. „Der Home Bias kostet die Investoren einerseits Rendite und erhöht andererseits die Risiken.“

Erhöhtes Kursschwankungsrisiko

Das durchschnittliche institutionelle Aktienportfolio erzielte im vergangenen Jahrzehnt eine jährliche Rendite von 10,53 Prozent, wie eine Schätzung auf Basis der Statistiken der Deutschen Bundesbank ergibt. Demgegenüber erreichte das Weltaktienportfolio (MSCI World) eine Performance von 11,68 Prozent p.a. Die Differenz, 1,15 Prozent pro Jahr, ist der direkte Renditeverlust aufgrund einer schlechteren Performance.
Zusätzlich weist das durchschnittliche institutionelle Aktienportfolio ein deutlich höheres Kursschwankungsrisiko auf (14,76 Prozent gegenüber 13,19 Prozent im Weltaktienportfolio). Rechnet man diese Risikoerhöhung in Renditepunkte um, ergibt sich der zweite Opportunitätsverlust von 1,39 Prozentpunkten. Insgesamt hat der institutionelle Anleger somit im Durchschnitt auf 2,54 Prozentpunkte an Rendite verzichten müssen. Nimmt man an, dass institutionelle Investoren rund 600 Milliarden Euro in Aktien investieren, dann entgehen ihnen im Schnitt pro Jahr rund 15 Milliarden Euro an potentiellen Gewinnen. Die Berechnungen wurden durchweg in Euro vorgenommen, sodass eventuelle Wechselkurseffekte berücksichtigt sind.

„Der Renditenachteil von 2,54 Prozentpunkten entspricht bei vielen institutionellen Investoren rund der Hälfte des Zielertrags. Im Anleihenportfolio kämpfen die Anleger mit allen Mitteln um den letzten Basispunkt, während im Aktienportfolio leicht zu erreichende Diversifikationsvorteile liegen gelassen werden“, sagt Gerhard Engler, Geschäftsführer von Nomura Asset Management. „Insbesondere in Asien ist das Untergewicht deutscher Investoren eklatant und sollte dringend überdacht werden.“

Vernachlässigtes Asien

Tatsächlich ist mit Blick auf die asiatischen Länder der Unterschied zwischen Anteil am Weltaktienportfolio und faktischen Investitionssummen der Investoren groß. Im japanischen Aktienmarkt, der noch am stärksten bei deutschen institutionellen Anlegern vertreten ist, sind nur 24 Milliarden Euro (4 Prozent der Anlagesumme) investiert. Dagegen waren die investierten Aktienvolumina in China (4,9 Milliarden Euro) und Indien (4,5 Milliarden Euro) mit 0,77 Prozent und 0,70 Prozent fast zu vernachlässigen. Die Anteile der jeweiligen Länder am MSCI World sind erheblich höher. Auch die USA sind als Anlageregion gemessen an ihrer faktischen globalen Bedeutung noch immer unterrepräsentiert.
„Die Gewichtungen der asiatischen Länder im institutionellen Portfolio werden weder ihrer momentanen noch ihrer zukünftigen Bedeutung gerecht. Das gilt vor allem für China und Indien, wo ein langfristig denkender Anleger mit Blick auf das Wachstumspotenzial der Länder eigentlich sogar ein Übergewicht fahren müsste“, sagt Engler. „Allerdings beobachten wir zahlreiche Vorurteile und damit eine systematische Überschätzung der Risiken in diesen Ländern.“
Diese Einschätzung wird gestützt von einer im Rahmen der Studie von Nomura Asset Management im November 2021 durchgeführten (nicht-repräsentativen) Umfrage. Demzufolge erwarten rund drei Viertel der institutionellen Anleger in Asien höhere Kursschwankungen als in Deutschland. Bei der faktischen Risikobetrachtung zeigte sich jedoch der deutsche Aktienmarkt deutlich schwankungsanfälliger (18,33 Prozent annualisierte Volatilität) als der japanische (14,50 Prozent) und der breite asiatische Markt (12,92 Prozent).

Verzerrte Risikowahrnehmung der Anleger

„Die Risikowahrnehmung der Anleger ist deutlich verzerrt und durch die empirisch feststellbare Volatilität in den jeweiligen Märkten nicht gedeckt. Wir sehen das auch in der Einschätzung unterschiedlicher Risikoarten, die mit Ausnahme von Zinsrisiken allesamt in Asien höher eingeschätzt werden als in Europa. Wäre dies zutreffend, müssten auch die Schwankungen höher ausfallen, was jedoch nicht der Fall ist“, erklärt Stotz.
Neben der Risikowahrnehmung identifiziert die Studie wahrgenommene Informationsasymmetrien als Grund für den Home Bias. Insbesondere die Verfügbarkeit von Informationen und die eigene Kompetenz in der Verarbeitung der Informationen wird von den Investoren im Heimatmarkt höher eingeschätzt, wie die Umfrage ergeben hat. Dieses Phänomen ist in der Forschung als Familiarity Bias bekannt.

Gerhard Engler: „Investoren sollten im Interesse ihrer Endkunden ihre Vorbehalte gegenüber Asien überwinden. Dies kann gelingen, wenn sie neben den objektiven Fakten auch ein Gefühl für die Besonderheiten der jeweiligen Anlageregionen bekommen und sich mit Experten vor Ort austauschen. Wer erst einmal die Vorteile einer stärkeren globalen Diversifizierung und einer höheren Asien-Allokation für sich erkannt hat, der bleibt nach unseren Erfahrungen meist auch dabei.“

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