Helaba Invest/Lingner: Kein Ende mit Schrecken am Immobilienmarkt
FRANKFURT — Die deutschen Immobilieninvestoren eint die Erkenntnis, dass der Marktaufschwung nicht ungebremst weitergehen kann, so Ulrich Lingner Geschäftsführer von Helaba Invest. Folgerichtig haben sich die Marktakteure zwischen Vorsicht und Übermut positioniert. Deshalb dürfte das Ende des Aufschwungs wahrscheinlich nicht zu Verwerfungen führen.
Ab hier folgt die unredigierte Mitteilung des Emittenten:
So atomisiert die deutsche Immobilienwirtschaft auch ist – einmal im Jahr kommen alle relevanten Marktakteure zur Expo Real in München zusammen, um sich zum Stand der Dinge auszutauschen, Geschäfte anzubahnen, das Netzwerk zu pflegen. Kurz: um einen gemeinsamen Nenner zu finden. Anfang Oktober war es wieder einmal so weit. Nach den drei Messetagen lässt sich feststellen, dass es der Branche zwar so gut geht wie selten zuvor.
Doch gleichzeitig ist die Stimmungslage merkwürdig gedämpft. Es lässt sich eine Art positive Verunsicherung diagnostizieren. Die Investorengruppe eint die Erkenntnis, dass wir uns in der Spätphase des laufenden Marktzyklus befinden. Seit fast 10 Jahren kennen Marktmieten und -preise nur eine Richtung: nach oben. Wer frühzeitig eingestiegen ist, darf sich über eine erfreuliche Performance seiner Immobilieninvestition freuen. Doch wer sich erst jetzt einkauft, für den wird die Luft angesichts des hohen Preisniveaus allmählich dünn.
Jedem ernsthaften Marktakteur ist bewusst, dass es mit dem Marktaufschwung nicht ungebremst weitergehen kann. Beinahe ängstlich wird nach Bedrohungsszenarien Ausschau gehalten, die das Potenzial haben, dem langjährigen Boom ein Ende zu setzen. Allein auf die Zinsentwicklung zu schauen, ist da zu wenig. Andauernd niedrige Zinsen sind ein wesentlicher, aber nicht der einzige Treiber für den Immobilienmarkt. Die Flächennachfrage gehört genauso dazu. So wirkt sich ein Konjunktureinbruch – ausgelöst etwa durch eskalierende Handelskriege oder einen aus dem Ruder laufenden Brexit – unmittelbar negativ auf den gewerblichen Immobilienmarkt aus. Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass im Abschlussbericht der Expo Real 2018 bei den Trendthemen der Messe „Risiken“ als Erstes genannt wird.
So seltsam es vielleicht klingen mag: Für mich ist das eine gute Nachricht. Dieser Umstand macht nämlich deutlich, dass insbesondere Immobilieninvestoren aus der letzten Krise offenbar gelernt haben. Ein Markteinbruch kann jederzeit kommen. Höchst wahrscheinlich ausgelöst durch einen Vorgang, den heute noch niemand richtig im Blick hat – so, wie 2008 kaum jemand voraussah, dass ausgerechnet die anrüchige Subprime-Nische ein veritables Finanzbeben auslösen konnte.
Entscheidend ist, auf diesen Moment so gut wie möglich vorbereitet zu sein. Dazu gehört, die Grundsätze einer erfolgreichen Immobilieninvestition nicht zu vergessen: die Qualität des einzelnen Objekts, die Nachhaltigkeit der erzielbaren Mieterträge, die Refinanzierungsstruktur und natürlich die Risikostreuung auf verschiedene Märkte, Mieter und Nutzungsarten. Gerade bei letzterem Punkt war in den vergangenen Jahren eine erfreuliche Entwicklung zu verzeichnen. So konnten sich Immobilien-Multi-Manager-Fonds für institutionelle Investoren mit ihrer breiten Risikostreuung hierzulande endlich als Anlageform etablieren. Unser Haus als Marktführer in diesem Segment verwaltet inzwischen mehr als 7 Mrd. Euro.
Übertriebene Vorsicht ist derzeit im Immobiliengeschäft genauso wenig angebracht wie irrationaler Überschwang. Die Expo Real war in diesem Jahr ein erfreuliches Ereignis, weil sie deutlich gemacht hat, dass die relevanten Marktakteure nicht zu einem der Extreme tendieren, sondern sich dazwischen positionieren. Die zunehmende spätzyklische Verunsicherung ist mit Händen zu greifen. Gleichzeitig ist diese eingebettet in die positive Erkenntnis, dass die Übertreibungen aus den Jahren 2006 und 2007 wie etwa extrem hohe Fremdfinanzierungsquoten oder vorweggenommene Mieterhöhungen in den Businessplänen diesmal weitgehend ausblieben. Dies macht es wahrscheinlicher, dass das Ende des laufenden Marktausschwungs nicht als Schock durch das Platzen einer Blase kommt, sondern als beherrschbare Korrektur.
Positive Verunsicherung ist deshalb das Beste, was Immobilieninvestoren derzeit passieren kann.