Hedgefonds – Größte Outperformance gegenüber Aktien seit 30 Jahren

- Dr. Christoph Kind
- Chief Investment Officer
- Marcard, Stein & Co
MÜNCHEN – Hedgefonds konnten im ersten Halbjahr in vielen Fällen eine hervorragende Performance erzielen und dürften auch in den kommenden Monaten den Aktienmarkt outperformen, sagt Dr. Christoph Kind von Marcard, Stein & Co. Er rät zu einem diversifizierten und risikokontrollierten Portfolio mit unterschiedlichen Hedgefonds-Strategien.
Ab hier folgt der Marktkommentar von Dr. Christoph Kind, Chief Investment Officer bei Marcard, Stein & Co:
„Gegenüber dem Aktienmarkt hat der breite Hedgefonds-Markt seit Jahresbeginn die größte Outperformance seit 30 Jahren erzielen können. Die Streuung zwischen den Strategien war jedoch groß, wobei Global Macro und Trendfolger die besten Ergebnisse erzielten. Sie profitierten von einem Makro-getriebenen Umfeld und bewiesen besonders im März und April die Fähigkeit, sich gerade in äußerst schwierigen Märkten zu entkoppeln. Die großen Bewegungen auf der Zinsseite konnten sie vor allem mit Zinskurven- und Short-Duration-Positionierungen in Gewinne ummünzen. Während einerseits mehr direktionale Strategien eine positive Korrelation zum Aktienmarkt zeigten (Equity Long Short, Event Driven, Credit Fixed Income), waren marktneutrale Manager tatsächlich neutral.
Die heftigen Marktbewegungen in diesem Jahr haben für interessante Opportunitäten für aktive Manager in diversen Strategien geführt. Die Unsicherheit in den Anlageklassen und die daraus resultierenden unklaren Marktrichtungen führen vermutlich weiterhin zu erhöhten Volatilitätslevels und einem unter- beziehungsweise überschießen von Preisen und Bewertungen. Hedgefonds sind in der Lage, von dieser Dispersion sowohl auf der Long- als auch auf der Short-Seite zu profitieren. Wir analysieren im Folgenden die Aussichten für die unterschiedlichen Hedgefonds-Strategien:
Equity-Long-Short Strategien
Für Equity-Long-Short Strategien bleibt das Umfeld positiv. Nach der starken Korrektur der Aktienmärkte ist das Aufholpotenzial nicht nur in wachstumsorientierten Namen groß. Neuste Daten deuten darauf hin, dass die Hedgefonds-Manager ihre Shorts zurücknehmen und sich vermehrt auf der Long-Seite engagieren. Das De-Grossing (Risikoverminderung über Reduktion des Engagements) hat vorläufig den Boden gefunden. Der Ausblick auf ein sich normalisierendes Aktienumfeld spielt kurzfristig den Beta-orientierten Managern in die Hände, mittelfristig den eher aktiven und fundamental fokussierten Managern.
„Long biased“ Long-Short-Strategien
„Long biased“ Long-Short-Strategien sind stark vom Abschneiden der Aktienmärkte abhängig. Daten zeigen, dass Manager von Wachstumstiteln wieder angefangen haben, ihre Longs in diesem Bereich aufzubauen. Aktien aus den Sektoren Technologie, Gesundheit und Biotech verzeichneten dieses Jahr schmerzliche Verluste. Sollte eine Marktnormalisierung nur annähernd gelingen, ist das Rebound-Potenzial in diesen Titeln enorm.
Marktneutrale Strategien
Marktneutrale Strategien verzeichneten ein starkes Halbjahr. Die Gewinne auf der Short-Seite kompensierten die Verluste auf der Long-Seite. Aber die Zeit der „low hanging fruits“ auf der Short-Seite scheint momentan eher vorbei zu sein, was ein wichtiger Treiber für die gute Performance im Jahr 2022 war. Dies macht die Strategie vulnerabel für Short-Squeezes und mehr abhängig von guter Titelauswahl auf der Long-Seite.
Merger Arbitrage
Durch die Marktunsicherheit haben sich die Merger Arbitrage Spreads dieses Jahr stark ausgeweitet. Einerseits wurden einige Deals in die Länge gezogen, andererseits haben sich Fragen der Finanzierung erstmals aufgestaut. Das M&A-Volumen hat zwar im ersten Halbjahr im Vorjahresvergleich um 27 Prozent abgenommen, ist aber gemäß Daten der Unternehmensberatung EY dennoch um ein Drittel höher als im Durchschnitt der Jahre 2015 bis 2019. Grenzüberschreitende Deals reflektieren die geopolitischen Spannungen. So werden vermehrt Zusammenschlüsse von Firmen eng verbundener Länder vereinbart. Die aktiven Manager profitieren von besserer Visibilität auf der Finanzierungsseite, hohen Spreads und anhaltend attraktiven Opportunitäten durch regulatorische oder medial-befeuerte Unsicherheiten (Elon Musk und Twitter). „Special Situations Manager“ profitieren von den Umstrukturierungen der Unternehmen und den zunehmenden Verkäufen von Vermögenswerten zur Reduktion der Verschuldung in der Bilanz. Firmen haben Druck zu Zusammenschlüssen, um in einem stagflationären Umfeld die Kosteneffizienz zu steigern.
Fixed Income
Im Bereich Fixed Income führte das völlig neue Zinsumfeld und die starke Ausweitung der Credit-Spreads zu herben Verlusten in dieser Anlageklasse. Für aktive Hedgefonds ist das ein ideales Umfeld, da sich durch die Dispersion sowohl direktionale als auch Relative Value-Opportunitäten aufgetan haben. Alleine schon die hohen Renditen machen Investments in Kredit- und Fixed-Income-Märkten attraktiv. Manager im „Stressed“-Kredit-Bereich verzeichnen teilweise Preise, die ähnlich tief wie zum Höhepunkt der Pandemiekrise im ersten Halbjahr 2020 waren. Unternehmensanleihen werden teils mit Preisen von 80 gehandelt, also mit 20 Prozent Abschlag zum Nominalwert, obwohl das Management erfolgreich die Verschuldung reduziert und eine Refinanzierung eingeleitet hat. Der Markt hat diese Umstände aber noch nicht eingepreist. Für den ganzen Fixed Income-Bereich besteht zurzeit eine vorteilhafte Konvexität: Die Upside-Risiken sind nach der Preiskorrektur attraktiv, die Downside-Risiken jedoch relativ beschränkt.
Global Macro
Die Opportunitäten für Global Macro Manager auf der Zinsseite verschieben sich zurzeit von direktionalen Durations-Positionen zu Relativ-Value-Positionen auf der Zinskurve bzw. zwischen Ländern, die sich an unterschiedlichen Punkten im Zinserhöhungszyklus befinden. Dies hat wiederum Implikationen auf die jeweiligen Währungen. Das momentane Umfeld mit geopolitischen Unsicherheiten, gepaart mit aktiven Zentralbanken, die dem Markt Liquidität zu entziehen versuchen, sollte der Makro-Strategie weiterhin Aufwind verleihen. Viele Manager reagieren relativ flexibel und allokieren ihr Kapital opportunistisch in die zur Verfügung stehenden Anlageklassen.
Die in der Regel computergestützten Modelle von CTA-Managern nutzten in diesem Jahr die Richtungssignale dank klaren und stark ausgeprägten Bewegungen in den Märkten erfolgreich. Ob solche stark ausgebildeten Trends in den nächsten Monaten weiter anhalten, ist schwer vorherzusagen und eher unsicher. Das Risiko von heftigen Richtungswechseln ist dafür gestiegen. In Phasen, in denen sich der Markt immer wieder neu finden muss, keine klare Richtung vorherrscht oder sich erratisch auf und ab bewegt, haben Trendfolgemodelle naturgemäß Schwierigkeiten. Sollte sich das Marktumfeld jedoch wieder merklich eintrüben, dann können Trend Follower und auch Makro-Manager ein wichtiger Baustein zur Portfoliodiversifikation sein.
Insgesamt sehen wir ein gutes Umfeld dafür, dass Hedgefonds auch in den kommenden Monaten den Aktienmarkt outperformen können. Um diese Chancen wahrnehmen zu können, sollten Anleger in ein diversifiziertes und risikokontrolliertes Portfolio mit unterschiedlichen Hedgefonds-Strategien investieren.“