Günstiger Zeitpunkt für den Stil-Faktor Value

- Ingrid Trawinski
- METROPOLE Gestion
FRANKFURT – „Der Angriff auf die Ukraine hat zu einer Rückkehr der Risikoaversion an den europäischen Aktienmärkten geführt“, sagt Ingrid Trawinski, Co-CIO von METROPOLE Gestion, weshalb etwa der Finanzsektor im Februar kräftige Verluste hinnehmen musste. Daher sieht sie den jetzigen Zeitpunkt zum Einstieg in den Stilfaktor Value als günstig an.
Ab hier folgt die unredigierte Mitteilung der Gesellschaft:
Der Angriff auf die Ukraine hat die internationalen Finanzplätze erschüttert und zu einer Rückkehr der Risikoaversion an den europäischen Aktienmärkten geführt. In der Folge sei es zu einer breit angelegten, zum Teil wahllosen Sektor-Rotation gekommen, schreiben Isabel Lévy and Ingrid Trawinski, Co-CIOs der zu ODDO BHF Asset Management gehörenden Value-Boutique METROPOLE Gestion, in einem aktuellen Marktkommentar.
Der Finanzsektor habe im Februar kräftige Verluste hinnehmen müssen, während der Versorgungssektor dagegen vorrückte. Die langfristigen wirtschaftlichen Folgen ließen sich zum jetzigen Zeitpunkt kaum abschätzen, so Lévy und Trawinski.
„Gemessen an den tatsächlichen Risiken war die Reaktion an den Märkten überzogen. So bezifferte die Bank BNP Paribas ihr kombiniertes Risiko in Russland und der Ukraine beispielsweise auf 500 Millionen Euro, während ihre Marktkapitalisierung im Februar dagegen um fast 13 Milliarden Euro einbrach.“ Die Volatilität nutzten die Portfoliomanagerinnen, um das Engagement im Ölsektor zu reduzieren, wo die Bewertungen inzwischen einen anhaltend hohen Ölpreis einpreisten. Im Gegenzug stockten sie gezielt die Gewichtung bei Ausrüstern und bei Pharmawerten auf.
Vorläufiges Ende von „long duration“
„Wir denken, dass es ein günstiger Zeitpunkt zum Einstieg in den Stilfaktor Value ist, denn Value-Anlagen tragen zur Diversifikation bei. Die meisten anderen Anlageklassen wurden in den letzten Jahren durch den Rückgang der Renditen langfristiger Anleihen in die Höhe getrieben. Insbesondere das Growth-Management wurde seit 2014 durch den starken Rückgang der Renditen langer Anleihen, auch „long duration“ genannt, angetrieben.
Growth-Manager preisen das Wachstum von Unternehmen ein, indem sie deren künftige Cashflows auf der Grundlage eines Diskontsatzes abzinsen. Dies hat dazu geführt, dass die Bewertung dieser Unternehmen automatisch nach oben korrigiert wird, auch wenn sich ihre Rentabilität nicht verändert hat“, schreiben die Co-CIOs. Value Management weise daher eine umgekehrte Korrelation zu anderen Anlageklassen auf. Die Zeichen stünden daher noch länger auf Value und die Anleger kehrten vor allem wegen der plötzlichen Umkehrung der Inflationserwartungen und der langfristigen Zinssätze zum Value-Management zurück. „Aber die Anleger sind auch besorgt über die Bewertungen von Wachstums-, Technologie- und grünen Aktien, die sich auf einem Niveau befinden, das mit dem der Technologieblase im Jahr 2000 vergleichbar sei.“
Viele Qualitätsunternehmen wurden übersehen
Die im letzten Jahr weltweit verabschiedeten Konjunkturprogramme, die für die nächsten zehn Jahre geplanten Infrastrukturausgaben, die für die Energiewende erforderlichen Investitionen und die Rückkehr der expansiven Finanzpolitik habe zu einer Verjüngung der eher traditionellen Unternehmen geführt. „Sie haben ihr Geschäftsmodell aktiv umgestaltet, wurden aber in den letzten Jahren übersehen. Das können Unternehmen sein, die einen tiefgreifenden technologischen Wandel eingeleitet haben, wie etwa in der Automobil- oder Medienbranche.“
Auch Unternehmen, die den Wandel ihres Geschäftsmodells beschleunigen, wie beispielsweise in der Papier- oder Ölindustrie, die in einigen Jahren zu den Giganten der erneuerbaren Energien gehören werden, finden das Interesse der beiden Value-Expertinnen. Daneben gebe es Unternehmen, die in den letzten Jahren von der Pandemie hart getroffen wurden und von der Wiederbelebung der Volkswirtschaften profitierten. Beispielsweise Bankaktien, deren Bilanzen 14 Jahre nach der Finanzkrise nun recht solide seien, die der Markt nach Russlands Invasion in der Ukraine übermäßig abgestraft hätte, so die Value-Expertinnen von METROPOLE Gestion.