Grünes Licht für Nachranganleihen von Industrieunternehmen

- Ercan Demircan
- Bantleon
FRANKFURT – „Nach zweistelligen Verlusten im Jahr 2022 sind Nachranganleihen von Industrieunternehmen sehr erfreulich ins neue Jahr gestartet“, sagt Bantleon-Manager Ercan Demircan. Vor allem aber seien die Perspektiven für das Jahr 2023 durchweg positiv. Er hält eine Wertentwicklung von über 6% für möglich.
Ab hier folgt der Marktkommentar von Ercan Demircan, Senior Portfolio Manager Unternehmensanleihen bei Bantleon:
„Die Kombination der Folgen aus dem Ukraine-Konflikt und der stark falkenhaften Geldpolitik der EZB zur Bekämpfung der ausufernden Inflation hat im Jahr 2022 in nahezu allen festverzinslichen Anleihesegmenten zu hohen Verlusten geführt. Das gilt auch für Unternehmensanleihen: Erstrangige und nachrangige Unternehmensanleihen (Corporate Hybrids) kamen auf ein Minus von 15,14% und 14,55%.
Nach den massiven Verlusten im vergangenen Jahr können Anleger sich vor allem bei Corporate Hybrids über einen besonders positiven Start ins neue Jahr freuen. So erzielten Corporate Hybrids per Ende Februar aufgrund der deutlichen Einengung der Risikoprämien von 30 Basispunkten – bei nahezu unveränderten Renditen deutscher Bundesanleihen – einen Gesamtertrag von 2,95% (gemessen am »ICE BofA Euro Non-Financial Subordinated Index«). Erstranginge Unternehmensanleihen kamen seit Jahresanfang nur auf eine Performance von 1,50% (gemessen am »ICE BofA Euro Senior Non-Financial Index«).
Großes Angebot und hohe Überzeichnungsquoten
Die positive Entwicklung der Risikoprämien wirkte sich nicht nur auf die Performance, sondern auch auf das Angebot aus: Das Volumen seit Jahresanfang neu begebener Corporate Hybrids ist mit knapp 6 Milliarden Euro fast doppelt so hoch wie im Vorjahreszeitraum und beträgt schon knapp 40% des Primärmarktangebots im gesamten Jahr 2022. Auch die Nachfrage nach den neu begebenen Corporate Hybrids war sehr hoch, was an den hohen Überzeichnungsquoten und teilweise auch an den sehr attraktiven Coupons von durchschnittlich über 6% ersichtlich ist. Der 8,5-jährige Corporate Hybrid des italienischen Energieversorgers Enel beispielsweise war bei einem Emissionsvolumen von 750 Millionen Euro im Januar mehr als 10-fach überzeichnet und überzeugte bereits drei Tage nach der Platzierung mit einer Performance von 2,28%.
Trotz dieses starken Jahresauftakts ist bei der Neuemissionsbewertung von Corporate Hybrids eine strikte Disziplin mit konsequenter Limit-Setzung erforderlich, da in einigen Marktphasen keine Neuemissionsprämie gezahlt wird und in manchen Fällen die neuen Anleihen sogar eine tiefere Rendite haben als die Anleihen mit ähnlicher Laufzeit am Sekundärmarkt. Deshalb ist es gut, dass Investoren nach Bekanntgabe der finalen Rendite einer Anleihe die Möglichkeit haben, die Zeichnung zurückzuziehen. Beispielsweise wurden im Januar bei dem 5,5-jährigen grünen Corporate Hybrid des spanischen Energieversorgers Iberdrola aufgrund der starken Anpassung der anfänglichen Rendite (IPT = Initial Price Talk) von 5,75% auf die finale Rendite von 4,875% Zeichnungen im Volumen von über 3 Milliarden Euro aus den Orderbüchern zurückgezogen.
An diesem Beispiel kann man sehr gut erkennen, dass ein zu aggressives Vorgehen des Emittenten in der Zeichnungsphase bis zur fixierten Rendite einen Verkaufsdruck nach der Platzierung entstehen lassen kann. Aus Investorensicht kann es daher sinnvoll sein, ein paar Tage abzuwarten, um die neue Anleihe dann zu einem tieferen Kurs im Sekundärmarkt zu erwerben.
Trotz der aktuell insgesamt hohen Nachfrage bei Unternehmensanleihen, raten wir Anlegern wegen der bevorstehenden Rezession in der Eurozone und den USA zur Vorsicht. Insbesondere das High-Yield-Segment sollte gemieden werden, weil die bilanziell schwächeren High-Yield-Unternehmen die strafferen Finanzierungskonditionen zu spüren bekommen werden – mit der Folge kurz- bis mittelfristig deutlich steigender Ausfallraten.
Corporate Hybrids hingegen sollten aufgrund der soliden Investment-Grade-Emittentenbonität dieses raue ökonomische Umfeld ohne größere Probleme überstehen, da in der Vergangenheit bei diesen Emittenten nahezu keine Ausfälle zu verzeichnen waren. Ein Blick auf das Ertragspotenzial zeigt, dass Corporate Hybrids aktuell mit 6,4% knapp 95% der High-Yield-Rendite bieten, womit sie das deutlich bessere Risiko-Ertrags-Profil haben.
Durchschnittlicher Kupon dürfte weiter steigen
Unter dem Strich sind die Aussichten für Corporate Hybrids im Jahr 2023 durchweg positiv. Einerseits dürfte der durchschnittliche Kupon des Segments durch eine weiterhin rege Primärmarktaktivität steigen und das ordentliche Ertragspotenzial wachsen. Andererseits ist die laufende Verzinsung der Corporate Hybrids nach wie vor historisch sehr attraktiv und beschert ohne aktives Management in einem Umfeld unveränderter Zinsen und Risikoprämien auf 12-Monats-Sicht eine attraktive Wertentwicklung von 6,34%.
Unter Berücksichtigung unserer Konjunkturprognose und der damit verbundenen Erwartung fallender Zinsen ist sogar eine noch bessere Wertentwicklung möglich. Zudem sollten bei Corporate Hybrids von bilanziell gesunden Unternehmen, die nahezu kein Ausfallrisiko und zugleich höhere Coupons haben, aufgrund der hohen laufenden Rendite etwaige Kursverluste infolge steigender Risikoprämien mittelfristig überkompensiert werden. Investoren mit Bedarf an hohen ordentlichen Erträgen mit einer soliden Rendite als Inflationsschutz sind im aktuellen Marktumfeld mit Corporate Hybrids bestens bedient.“