Große Risiken bei Managed-Futures- und Absolute-Return-Strategien

  • Umit Kinar
  • BANTLEON

FRANKFURT – Die jüngste Rallye bei Risikoassets habe zu offensichtlichen Überbewertungen geführt, sagt Umit Kinar, Senior Portfolio Manager bei BANTLEON. Er warnt vor hohen Short-Positionierungen im US-Dollar und einer Verzerrung bei Risikomodellen, was bei Managed-Futures- und Absolute-Return-Strategien zu herben Verlusten führen könnte.


Ab hier folgt die unredigierte Mitteilung der Gesellschaft:

«Die rekordverdächtigen staatlichen Stützungsmaßnahmen scheinen alle Risikoassets zu beflügeln. Zumindest mit Blick auf die aktuelle konjunkturelle Lage erscheinen viele Assetpreise inzwischen deutlich zu hoch bewertet. Abseits der offensichtlichen Überbewertungen schlummern aber auch weniger beachtete Gefahren für Investoren: erstens eine gefährlich hohe Short-Positionierung im US-Dollar und zweitens eine Verzerrung bei Risikomodellen. Letzteres kann dazu führen, dass die ohnehin schon extreme Positionierung noch weiter ausgebaut wird, was zusätzliches Gefahrenpotenzial birgt. Die beiden Gefahren betreffen aktive Strategien im Allgemeinen und systematische Trendfolgestrategien (Absolute Return) im Besonderen.

Erste Gefahr: Die Short-Positionierung im US-Dollar
Nach dem beispiellosen Einbruch im März 2020 hat sich an den Finanzmärkten eine übergeordnete Risk-on-Stimmung manifestiert. Dies spiegelt sich in Long-Positionen bei Risikoassets wie Aktien und Rohstoffen und in starken Verkäufen von Save-Haven-Assets wie dem US-Dollar. Die starke Nachfrage nach Aktien gibt bereits Anlass zu Diskussionen, die US-Dollar-Positionierung hingegen scheint trotz der extremen Ausrichtung kaum beachtet zu werden.

Diese Positionierungen sind zwar nicht auf einen bestimmten Anlagestil beschränkt, aber bei systematischen Trendfolgestrategien besonders ausgeprägt. Durch den sinkenden Kurs des US-Dollars wurden hier die negativen Trendsignale verstärkt, was zu einem stetigen Ausbau der Short-Positionierung führte. Diese Entwicklung kann an der Korrelation zwischen Managed-Futures-Fonds (CTAs) und dem US-Dollar verdeutlicht werden (siehe Grafik 1).

Stellvertretend für die CTAs verwenden wir den SG Trend Index, der von Societe General berechnet wird und die Entwicklung der zehn größten Trendfolge-CTAs zusammenfasst. Die Entwicklung des US-Dollars wird mit einem Trade Weighted Index dargestellt. Die Grafik zeigt, dass die negative Exponierung zum US-Dollar kontinuierlich erhöht wurde und die Korrelation zuletzt bei knapp -0,9 lag. Dies entspricht einem sehr hohen Klumpenrisiko. Diese extreme Exponierung überrascht umso mehr, weil erstens der Index aus zehn verschiedenen CTA-Fonds besteht und zweitens der US-Dollar nur einen Bruchteil des Anlageuniversums eines CTAs ausmacht.

Grafik 1: Korrelation zwischen CTAs und US-Dollar*


* CTAs = NIXCTAT - SG Trend Index, US-Dollar = TWI USSP - USD Trade Weighted Index Spot. Ein Punkt in der Grafik zeigt an, wie hoch die realisierte Korrelation vom jeweiligen Datum bis zum aktuellen Datum (31. Ja-nuar 2021) gewesen ist.

Nun könnte man meinen, dass die negative Exponierung zum US-Dollar unproblematisch ist, weil solche Strategien in der Regel einen Multi-Asset-Ansatz verfolgen, der per Definition stark diversifiziert sein sollte. In der Folge müssten die Positionierungen in den anderen Assetklassen diese extreme Ausrichtung diversifizieren beziehungsweise ausgleichen. Das Gegenteil ist aber der Fall: Wie beschrieben, schlagen auch die Positionierungen aller anderen Assetklassen (Long Aktien, Long Rohstoffe, Reduzierte/Short-Duration Anleihen) in dieselbe Kerbe. Alle Positionierungen sind nur ein Abbild der Risk-on-Stimmung, weshalb die einzelnen Positionen sich nicht gegenseitig diversifizieren, sondern aufgrund der positiven Korrelationen der Einzelpositionen eher verstärken. Der Erfolg hängt also allein davon ab, ob die angenommene konjunkturelle Erholung in den nächsten Monaten eintritt oder nicht. Und diese extreme Situation könnte sich in den nächsten Wochen weiter zuspitzen, wenn die zweite Gefahr Realität wird.

Zweite Gefahr: Die Risikomodelle
Absolute-Return-Strategien im Allgemeinen und CTAs im Besonderen verfolgen im UCITS-Mantel oft den Value-at-Risk-(VaR) Ansatz. Der VaR (99%) darf dabei den Maximalwert von 4,4% nicht übersteigen. Zur Berechnung wird simuliert, welche Tagesrenditen das aktuelle Portfolio in den letzten 250 Handelstagen (1 Jahr) generiert hätte. 99% von den 250 Handelstagen müssen kleinere Verluste als 4,4% ausweisen. Maximal 2 Tage (Genau genommen 2,5: 1% von 250) dürfen größere Verluste ausweisen.

Im aktuellen Betrachtungszeitraum sind dementsprechend noch die von extremen Verlusten geprägten Handelstage von Ende Februar und Anfang März 2020 enthalten. In der Folge sind zum Beispiel Aktienquoten von mehr als 50% aufgrund der Risikomodelle nahezu aus-geschlossen.

Wie stark die erzwungene Risikoreduktion ist, hängt neben der Allokation auch von der Zielvolatilität der Strategie ab. Während Fonds mit einer defensiven Zielvolatilität von 7% kaum betroffen sind und ihre Zielallokation vollständig umsetzen können, müssen offensivere Strategien mit einer Zielvolatilität von 10% hingegen ein um 15% bis 20% reduziertes Exposure umsetzen.

Mit dem unmittelbar bevorstehenden Herausfallen der extremen Tage von Ende Februar und Anfang März 2020 aus den Risikomodellen löst sich das Problem allerdings in Luft auf und es werden wieder Risikobudgets frei: Unseren Berechnungen zufolge wird für eine 10er Zielvola-Strategie der VaR circa 40% unter die kritische Marke von 4,4% fallen. Dank dieses freigewordenen Risikobudgets können die Modelle sich wieder völlig frei entfalten und ihre gewünschte – aber bis dato von den Risikomodellen unterbundene – Zielallokation wieder-herstellen, indem sie die Reduktion von 15% bis 20% aufheben. Die ohnehin schon extreme und fokussierte Allokation (Short-Positionierung im US-Dollar) wird weiter ausgebaut, was zu einer nochmaligen Erhöhung des absoluten Verlustrisikos führt.

Fazit: Die aus den freigewordenen Risikobudgets entstehenden Mittelflüsse in Risikoassets könnten mittelfristig die positiven Trends an den Finanzmärkten unterstützen. Gleichzeitig mahnt diese Entwicklung zur Vorsicht, weil die aktuelle Ausrichtung – auch bei Multi-Asset-Strategien – im Grunde nur eine einzige Wette auf die Erholung der Konjunktur ist. Schon kleine Rückschläge beim Impffortschritt könnten die Stimmung arg belasten und entsprechend ausgerichteten Fonds herbe Verluste bescheren. Deshalb sollte eine breit aufgestellte Strategie neben der Diversifizierung über verschiedene Assetklassen auch eine Diversifizierung über verschiedene Modelle anstreben. Die meisten Trendfolgemodelle haben zwar in den vergangenen Monaten einen wesentlichen Beitrag zur positiven Performance beigetragen, aber eine diversifizierte Strategie muss die Signalgenerierung breit abstützen. Einen wesentlichen Beitrag können hierbei nicht-marktpreisbasierte Modelle liefern.

Darüber hinaus sollten die Portfoliokonstruktion und das Risikomodell hinterfragt werden: In einem normalen Marktumfeld (Long Aktien und Long Anleihen) ist das Ignorieren von Korrelationen eine konservative Haltung, da dadurch die positiven/risikoreduzierenden Diversifikationseffekte der negativen Korrelationen zwischen diesen beiden Assetklassen unberücksichtigt bleiben. In der aktuellen Situation, die von einer Risk-on-Allokation geprägt ist, führt das Ignorieren der hohen Korrelationen indes zu einer Unterschätzung der Risiken. Sollte darüber hinaus die Konjunkturerholung ins Stocken geraten, dürfte die Stimmung an den Finanzmärkten schnell kippen. In einem solchen Szenario würden die ohnehin schon hohen Korrelationen gegen 1 tendieren. Aus diesem Grund sollten zu jedem Zeit-punkt sowohl die Einzelrisiken als auch das Gesamtrisiko stets kontrolliert werden.»

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