Frauen sind die besseren Fondsmanager

- Kathryn Koch
- Goldman-Sachs
FRANKFURT – Die Finanzbranche ist noch immer stark männlich geprägt. Doch eine Untersuchung von Goldman Sachs zeigt: Vermögensverwalterinnen erzielen oft bessere Ergebnisse als Männer. Aber nicht nur beim Portfoliomanagement mache sich mehr Diversität bezahlt, sagt Goldman-Sachs-Managerin Kathryn Koch.
Ab hier folgt der unredigierte Kommentar von Goldman-Sachs-Managerin Kathryn Koch:
„Unternehmen tragen heute mehr denn je Verantwortung, nachhaltig zu wirtschaften. Dazu gehört auch, unterschiedliche Gesellschaftsgruppen zu stärken. Diversität ist dabei von Vorteil. Beispiel Frauenförderung: Sie zahlt sich aus, wenn sie mehr ist als nur Quotenerfüllung. Hier sollten Fondsgesellschaften Diversität auch aus Investoreninteresse einfordern und zeigen, was sie erreicht haben – und noch umsetzen wollen. Der Anteil von Frauen im Fondsmanagement ist trotz lebhafter Diskussionen in den vergangenen Jahren zu wenig gestiegen. Demgegenüber nehmen die Forderungen von Politik, Wirtschaft sowie gerade auch der Investoren nach mehr Diversität zu.
Vielfalt bedeutet Wertsteigerung
Das gilt auch für die Besetzung der Managementteams von Fonds bei Vermögensverwaltern und Versicherungen. Eine Studie des Global-Investment-Research-Teams von Goldman Sachs aus dem Jahr 2020 zeigt: Wer keine oder nur wenige Frauen in Entscheiderpositionen beschäftigt, hat im Schnitt im laufenden Jahr auf wertvolle Rendite verzichtet. Untersucht wurden 496 amerikanische Aktienfonds mit einem Gesamtvolumen von 2,3 Billionen Dollar – anschauliche Kernergebnisse:
- Von Frauen oder einem gemischten Management verwaltete Investmentfonds haben rein von Männern gesteuerte Fonds hinsichtlich ihrer Performance übertroffen.
- Risikobereinigt haben von Frauen gemanagte Fonds inmitten der pandemiebedingten Marktschwankungen besser abgeschnitten als die rein männlich verantworteten Pendants.
- Grund für den größeren Erfolg: In den begünstigten Branchen, etwa E-Commerce, Communications und Tech, griffen Fondsmanagerinnen wirksamer zu tragenden Werten wie Apple, Microsoft oder Tesla.
- Interessant dabei: Nur drei Prozent der untersuchten Fonds hatten ein rein weibliches Fondsmanagementteam; diese verwalten nur zwei Prozent des für die Studie betrachteten Gesamtvermögens. Im Gegensatz dazu werden 77 Prozent der Fonds von rein männlichen Teams verwaltet – das entspricht 57 Prozent des Gesamtvermögens.
Die Zeiten ändern sich langsam
Bislang galt der Techbereich – wie auch das Finanzgeschäft – als quantitativ und zahlengetrieben, was viele Frauen vermeintlich abschreckte. Doch mittlerweile ist Technologie ein Alltagsthema – privat wie beruflich. Goldman Sachs steht für diesen Wandel. Bei den Berufseinsteigern liegt das Verhältnis mittlerweile bei 50 zu 50 (Mann/Frau). Darüber hinaus prägt das Megathema Nachhaltigkeit den Fortschritt. Das facettenreiche Themenfeld rund um Soziales, Ökologisches und gute Unternehmensführung ist nicht nur für Frauen sehr spannend – und bleibt einer der großen Wachstumstreiber.
Diversität ist mehr als nur Gender
Darüber hinaus gilt: Auch in der Finanzwelt müssen Diversitätsmaßnahmen besser, breiter und konsequenter in die Auswahlprozesse von Managern und Führungskräften einbezogen werden. Denn bei der Geldanlage ist es wichtig, dass unterschiedliche Perspektiven mitberücksichtigt und systematisch in die Vermögensaufbaustrategie inkludiert werden. Eine Erklärung für das bessere Abschneiden gemischter Teams ist also, dass bei gemischten Teams die Sichtweisen vielschichtiger und diverser ausfallen – was, richtig kanalisiert, das Gesamtverständnis und letztlich die Anlageentscheidung verbessert. Treiber, die eine generelle Rolle spielen:
- Performance: Vielfalt ist ein Wettbewerbsvorteil für Investments und Portfolios. Multiperspektivität wird wichtiger in einem immer komplexeren Wirtschaftsumfeld und Kapitalmarkt.
- Human Resources/Recruiting: Diversität und Inklusion müssen zusammen gedacht und gemacht werden – nicht nur auf höchsten Führungsebenen (Vorstand/Aufsichtsrat), sondern systematisch frühzeitig und talentfördernd umgesetzt, ab Junior-Level.
- Vorbildfunktion: Frauen arbeiten gerne dort, wo andere Frauen erfolgreich sind, bis hoch ins Top-Management. Wenn eine kritische Masse überschritten ist, wird es einfacher.
- Millennials: Diese Altersgruppe, in den frühen 1980ern bis zu den späten 1990ern geboren, lebt als Marktteilnehmer Diversity-Werte fast schon selbstverständlich. So treffen in den USA, aber zunehmend auch in den Emerging Markets, 90 Prozent der wichtigen privaten Haushalts- und Wirtschaftsentscheidungen Frauen – ein weltweiter Wachstumstreiber.
Diversität ist nicht nur bei allen Investmententscheidungen bedeutsam, sondern Bestandteil der strategischen Überlegungen bei Goldman Sachs. Überdies beziehen wir Diversität konsequent sowie ganzheitlich auf uns und andere. Wir sprechen das Themenfeld aktiv an, sensibilisieren als Investor und Kapitalgeber. Wir haben bereits durch unseren steten Dialog mit Firmen, etwa als Vermögensmanager für weltweit tätige Pensionskassen und Versicherungen, viel gelernt und bewegt.
Immer mehr Firmen begreifen, wie wichtig Vielfalt für Geschäftsmodell, Services und Produkte ist. Nehmen wir zur Veranschaulichung ein japanisches Konsumgüterunternehmen. Es hat unter anderem eine viel gefragte Babyflasche im Sortiment, die dem natürlichen Stillen nahe kommt. So ausgereift war kein Wettbewerber. Wir waren als Investor bewusst mit einem diversen Team vor Ort. Unsere Expertinnen hatten das Potenzial verstanden – und wollten vor Ort mehr erfahren, stellten im Meeting konkrete Fragen. Die versammelten Verantwortlichen bestanden allerdings nur aus Männern. Und diese mussten angesichts unserer Impulse und neuer Anregungen der Kolleginnen – darunter auch Mütter – ständig in ihren iPads nach Infos suchen, um ihr eigenes Produkt besser erklären zu können. Dem Anschein nach waren die versammelten Herren weiter weg vom eigenen Erzeugnis als meine Kolleginnen.
Nicht nur fordern, sondern auch fördern
Diversität ist kein Selbstzweck, sondern muss stets mit konkreten sowie erreichbaren Zielen verknüpft sein. Stichwort: Stewardship. Nehmen wir zum Beispiel das Stimmverhalten auf Hauptversammlungen, also Forderungen an Aufsichtsräte und Vorstände von Unternehmen, in die wir investiert sind. So haben wir in den USA seit März 2019 gegen 332 Firmen gestimmt, weil sie keine Frau im Vorstand hatten. Mit ersten Erfolgen: Stand Dezember 2020 hatten knapp die Hälfte der Unternehmen nachjustiert, mit mindestens einem weiblichen Mitglied.
Wir coachen Unternehmen auch dabei, das passende Personal zu finden oder zu entwickeln. Wir wollen nicht nur Probleme aufzeigen, sondern Teil der Lösung sein.
Wir leben diese Haltung – und lassen nicht locker. Im Gegenteil. Seit Juli 2020 unterstützt Goldman Sachs nur noch Börsengänge von europäischen und amerikanischen Unternehmen, deren Aufsichtsrat beim Listing mindestens ein Mitglied mit diversem Hintergrund hat – ab Juni 2021 erhöhen wir diese Zahl auf zwei. Zugleich gehen wir mit gutem Beispiel voran: Im August hatte Goldman Sachs angekündigt, bis 2025 weltweit 40 Prozent Frauen im mittleren Management (Vice Presidents) anzustreben, sieben Prozent schwarze Kollegen in USA und Großbritannien sowie neun Prozent Hispanics in USA. Hinzu kommen weitere Initiativen und Aktionen weltweit. Hier gibt es noch viel zu tun!“
Kathryn Koch Ist Co-Head Fundamental Equity Business, Goldman Sachs Asset Management. Im Jahr 2002 startete die Analystin bei Goldman Sachs und wurde 2011 zum Managing Director und schließlich 2016 zum Partner ernannt. 2015 zeichnete das Weltwirtschaftsforum sie als „Young Global Leader“ aus – und die „Financial Times“ nahm sie in die FT HERoes-Liste auf.
Hinweis: Dieser Beitrag ist zuerst erschienen in TiAM – Trends im Asset Management 01/2021
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