FERI-Ausblick Deutschland 2020 – Moderates Wachstum trotz schwacher Industrie

  • Axel Angermann
  • Chef-Volkswirt von FERI

Bad Homburg – „Die deutsche Wirtschaft kann im Jahr 2020 auf eine Erholung hoffen, die Wachstumsdynamik bleibt aber sehr moderat“, fasst Axel Angermann, Chef-Volkswirt von FERI, das Ergebnis der Konjunkturprognose für das neue Jahr unter Branchengesichtspunkten zusammen.

 

 „Branchengewinner sind die Telekommunikation und die Informationstechnologie“, so Angermann weiter. „Dagegen dürften die Autoverkäufe im Jahr 2020 zurückgehen und die Bauwirtschaft weiterhin an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen. Die exportorientierten Industriebranchen werden sich 2020 zwar erholen, insgesamt aber dennoch weniger produzieren als 2019. Die Nachfrage nach Bauleistungen bleibt hoch, und der anstehende Aufbau der 5G-Netze beschert der Telekommunikation ein kräftiges Plus.

Industrieproduktion weiter rückläufig

Nach zwei Jahren dauernder Talfahrt dürfte die Industrierezession Anfang des Jahres 2020 zwar ihren Tiefpunkt erreichen. Dennoch geht die Produktion mit -0,4 Prozent im Jahresdurchschnitt weiter leicht zurück. Allein diese Prognose zeigt bereits, dass Deutschland auch gesamtwirtschaftlich nur eine moderate Erholung erwarten darf.

Sieht man sich die einzelnen Industriebranchen näher an, so fällt auf, dass unter den großen Sektoren allein die Elektrotechnik mit einem Produktionsplus im nächsten Jahr rechnen kann. Der Maschinenbau leidet hingegen noch immer unter dem deutlichen Einbruch der Auftragseingänge und der Produktion im Jahr 2019. Hier wird die Erholung etwas Zeit benötigen, deshalb verbleibt auch für das neue Jahr insgesamt ein deutliches Minus der Produktion.

Der Autoindustrie könnten die konjunkturelle Erholung sowie die Einführung neuer Modelle und die Erweiterung des Angebotes von Elektrofahrzeugen neue Impulse bescheren. In Deutschland selbst dürften die Zulassungszahlen allerdings im Vergleich zu 2019 rückläufig sein. Die Autoproduktion in Deutschland leidet außerdem darunter, dass deutsche Hersteller ihre Fertigung zunehmend in andere Länder verlagern. Bevorzugt nach Osteuropa wegen der Produktionskosten oder in die USA, um Autozöllen zu entgehen.

Insgesamt ist die Industrieprognose mit erheblichen Unsicherheiten nach unten behaftet: Eine Stabilisierung der wirtschaftlichen Lage Chinas und ausbleibende Eskalationen in den Handelskonflikten sind ebenso Voraussetzung wie ein anhaltend solides Wachstum der US-Wirtschaft.

Wachstumstreiber Digitalisierung

Deutlich bessere Wachstumsaussichten als die Industrie hat wie schon in den Vorjahren der Dienstleistungssektor. Unternehmensnahe Dienstleistungen wie das Leasing sowie die Rechts- und Steuerberatung und die Wirtschaftsprüfung bleiben auch 2020 eine Stütze der Konjunktur. Diese Branchen wachsen genauso wie der Informations- und Telekommunikationssektor spürbar stärker als die Gesamtwirtschaft. Die IT-Branche profitiert dabei besonders von der fortschreitenden Digitalisierung.

Dienstleistungen der Informationstechnologie, zu denen beispielsweise Softwareprogrammierung gehört, sowie die Telekommunikation dürften ihr Umsatzwachstum im Jahr 2020 gegenüber 2019 noch einmal steigern. Hintergrund ist vor allem der Investitionsbedarf für den Ausbau der 5G-Mobilfunkinfrastruktur.“

Axel D. Angermann analysiert als Chef-Volkswirt der FERI Gruppe die konjunkturellen und strukturellen Entwicklungen aller für die Asset Allocation wesentlichen Märkte. Diese Daten bilden die Grundlage für die strategische Ausrichtung der Vermögensanlagen der FERI. Angermann verantwortet seit 2008 die von FERI erstellten Analysen und Prognosen für die Gesamtwirtschaft sowie einzelne Branchen. 2002 trat er als Branchenanalyst in das Unternehmen ein. Seine berufliche Karriere begann beim Max-Planck-Institut für Ökonomie und beim Verband der chemischen Industrie. Angermann studierte Volkswirtschaftslehre in Berlin und Bayreuth.

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