ESG-Faktoren als Element des Risikomanagements

  • Frank Diesterhöft
  • Insight Investment

MÜNCHEN – Die Vermeidung von ESG-Risiken kann sich langfristig positiv auf die Performance auswirken, betont Frank Diesterhöft von Insight Investment im TiAM-Interview. Sein Haus hat daher eine sehr weitgehende ESG-Analyse entwickelt, um Investments detailliert bewerten und einschätzen zu können.

Welche Rolle spielt das Thema ESG für das Asset-Management von Insight?
Frank Diesterhöft: Das ist ein unglaublich wichtiges Thema, das uns seit vielen Jahren am Herzen liegt. Die Analyse von ESG-Faktoren bedeutet für uns in erster Linie Risikomanagement. Insight versteht sich als Pionier bei der Implementierung von Nachhaltigkeitskriterien im Bereich Fixed Income und kann hier auf langjährige Erfahrung zurückblicken. Insight war Gründungsunterzeichner der UN PRI im Jahr 2006 und veröffentlicht bereits seit 2002 ESG-Jahresberichte.

Inwiefern ist ESG relevant für das Risikomanagement?
Diesterhöft: Wir glauben, dass ESG-Risiken signifikante Treiber von Bond-Performance sein können. Deswegen ist die Analyse dieser ESG-Risiken bei uns ein integraler Bestandteil der Kreditanalyse. Für jedes Unternehmen wird zuerst ein quantitatives Rating für E, S und G sowie ein Overall-ESG-Rating erstellt. Unsere Kreditanalysten legen einen starken Fokus auf die Analyse dieser Risiken und sprechen im Rahmen von Engagement aktiv mit den Unternehmen darüber.

Auf welche Daten beziehen Sie sich dabei?
Diesterhöft: Für unsere Analyse nutzen wir Daten von verschiedenen externen Anbietern. Auf Basis von 29 Kriterien haben wir ein eigenes ESG-Rating-Framework geschaffen. So besitzen 99 Prozent der Unternehmen, die in Investment-Grade-Indizes vertreten sind, ein quantitatives Insight-ESG-Rating. Wo Daten von externen Anbietern nicht verfügbar sind, gehen wir auf die Emittenten mit einem eigenen ESG-Fragebogen zu.

Wieso erstellen Sie ein eigenes Rating? Sie könnten doch auch auf vorhandene Ratings zurückgreifen.
Diesterhöft: Die Ratings der verschiedenen Anbieter weichen in den einzelnen Kategorien E, S und G teils deutlich voneinander ab. Umso wichtiger war es für uns, hier ein eigenes Bild der Risiken zu schaffen. Aktuell weichen die ESG-Ratings auf Basis unseres eigenen Frameworks beispielsweise in rund 20 Prozent der Fälle von MSCI-ESG-Ratings ab.

Inwieweit profitieren Ihre Kunden von diesen Ratings?
Diesterhöft: Zum einen können unsere Kunden davon ausgehen, dass, neben allen anderen relevanten Risiken, ESG-Risiken bei jeder Investition von uns bewertet und bepreist werden. Zum anderen sind wir in der Lage, Portfolios nach den ESG-Präferenzen unserer Kunden zu gestalten. Neben klassischen Ausschlusskriterien können sie zum Beispiel den Carbon-Footprint des Portfolios reduzieren, ESG-Minimum-Ratings vorgeben und Best-in-Class-Ansätze umsetzen. Auch die Analyse von Impact Bonds für das Portfolio, also Strategien, die das Geld nutzen, um bestimmte soziale oder Umweltziele zu erreichen, führen wir für unsere Kunden durch. Hier muss genau hingeschaut werden, denn bisher gibt es dafür keine verbindlichen Standards. In unserem Corporate Sustainability Fonds kombinieren wir sogar alle genannten Faktoren.

Wie genau unterscheiden Sie bei Impact Bonds?
Diesterhöft: Wir haben in den vergangenen Jahren ein starkes Wachstum bei der Emission von Impact Bonds gesehen, angeführt von Green Bonds. Auch hier haben wir einen eigenen Evaluationsprozess geschaffen, um Impact Bonds zu analysieren und eine Aussage treffen zu können, wie grün ein Bond wirklich ist. Wir analysieren das ESG-Profil des Emittenten, die Bond-Struktur und den Impact des Bonds. Ein Ampelsystem zeigt dann an, ob der Bond alle Insight-Kriterien erfüllt (grün), Schwächen hat (gelb) oder aus unserer Sicht nicht als Impact Bond infrage kommt (rot). In der Vergangenheit erhielt nur ein Drittel aller Impact-Emissionen von uns grünes Licht.

Sie haben meines Wissens auch ein eigenes Klimarisikomodell für Unternehmen entwickelt. Wie sieht das aus?
Diesterhöft: Richtig, das haben wir bereits 2017 entwickelt. Dort bewerten wir circa 1900 Unternehmen in Bezug auf den Umgang mit klimabezogenen Risiken und Chancen und zur Positionierung auf dem Weg zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft. Auch hier nutzen wir verschiedene Datenanbieter und 35 Indikatoren zur Beurteilung dieser Unternehmen. Das Ergebnis ist ein Schulnotenrating von 1 bis 5.

Und wie sehen die Ergebnisse aus?
Diesterhöft: Im Investment-Grade-Bereich besitzen ein Drittel der Unternehmen ein Top-Rating, im High-Yield-Bereich haben wir dieses Rating nur an rund zehn Prozent der Unternehmen vergeben können.

Wie viel Rendite kostet den Investor am Ende die Integration von ESG?
Diesterhöft: Quantitative Untersuchungen zeigen, dass es keinen systematischen Renditenachteil bei der Integration von ESG-Kriterien gibt. Die Vermeidung von Risiken kann sich langfristig aber positiv in der Performance niederschlagen.

Frank Diesterhöft ist Head of Fixed Income Sales Deutschland bei Insight Investment. Er verfügt über rund 17 Jahre Berufserfahrung und leitet den Vertrieb von Rentenmarktprodukten in Deutschland. Vor seinem Wechsel zu Insight arbeitete er unter anderem für die Commerzbank, Berenberg sowie Quoniam Asset Management.

Hinweis: Dieser Beitrag ist zuerst erschienen in TiAM – Trends im Asset Management 02/2020
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