Drei Gründe für Dividendenstrategien in stürmischen Zeiten

  • Tilmann Galler
  • J.P. Morgan AM

FRANKFURT – „Der Konjunkturhimmel verdüstert sich zunehmend“, sagt Tilmann Galler von J.P. Morgan AM. Er rät daher, auf Aktiensegmente zu setzen, die sich als resistenter als andere erwiesen haben. Dazu zählt er aus drei Gründen – Widerstandsfähigkeit bei Rezessionen, Inflationsschutz und Bewertung – vor allem Dividendenstrategien.

Ab hier folgt die Mitteilung der Gesellschaft:
Vor Rezessionen dreht die Wertentwicklung von Aktien nach Analyse des Market Insights Teams rund um Tilmann Galler häufig ins Negative: „Der Gewinn pro Aktie sinkt, da Verbraucher und Unternehmen ihre Ausgaben einschränken. Die Gewinnspannen sinken und die Unternehmen versuchen, mit Kostenkürzungen wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Erfahrungen der Vergangenheit zeigen jedoch, dass Dividenden unter dem Druck einer Rezession stabiler bleiben als die Gewinne“, erklärt der Ökonom. Unternehmen mit hohen Dividendenausschüttungen kürzten nur ungern ihre Dividende, selbst bei sinkenden Gewinnen, weil die Reaktion der Investoren auf eine Kürzung meist sehr negativ sei. Infolgedessen stiegen die Ausschüttungsquoten – also das Verhältnis der Dividenden zu den Gewinnen – in Rezessionszeiten sogar tendenziell an.

Dividenden sind unter Rezessionsdruck stabiler als Gewinne

„Während wir uns wohl dem Beginn einer neuen Rezession nähern, ist es bemerkenswert, dass die Ausschüttungsquoten derzeit auf einem besonders niedrigen Niveau liegen. Der Puffer, bevor sich die Unternehmen zu einer Dividendenkürzung entschließen, ist deshalb aktuell besonders hoch. Unternehmen, denen es gelingt, unter schwierigen Umständen eine stabile oder sogar steigende Dividende zu zahlen, legen in Rezessionszeiten in der Regel eine bessere Wertentwicklung vor“, führt Tilmann Galler weiter aus.

Unternehmen mit hohen Dividendenzahlungen bei starker Inflation im Vorteil

Normalerweise gehen Rezessionsphasen mit einer sehr niedrigen Inflation einher, was dieses Mal allerdings nicht der Fall ist. Die Energiekrise und die COVID-bedingte super-expansive Fiskalpolitik haben die Gefahr einer Stagflation erhöht. „Eine derartige wirtschaftliche Situation gab es zuletzt in den 1970er Jahren. Doch Inflation ist nicht immer schädlich für die Rentabilität von Unternehmen, etwa wenn sie ein Zeichen für eine robuste Wirtschaft ist“, sagt der Stratege. Komme es jedoch zu einem extremen Anstieg der Inflation wie derzeit, leide die Ertragslage. „Viele Unternehmen mit konstant hohen Dividendenzahlungen haben allerdings im Allgemeinen den Vorteil, dass die Nachfrage nach ihren Waren und Dienstleistungen relativ unelastisch ist, was ein hohes Maß an Preissetzungsmacht verleiht. In Zeiten hoher Inflation hat das den Vorteil, dass sie höhere Preise leichter weitergeben können. Wenn es zu einer Rezession kommt, können sie ihre Verkaufspreise beibehalten, ohne dass die Nachfrage zu sehr leidet. Das Ergebnis sind robustere Cashflows selbst während einer Stagflation“, erklärt Galler.

Weiterhin günstige Bewertungen dividendenstarker Unternehmen

Nicht zuletzt sind die Bewertungen von globalen dividendenstarken Unternehmen im historischen Kontext weiterhin günstig. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) liegt mit 12,9 unter der Gesamtmarktbewertung von 15,8 und signifikant unter dem KGV der Wachstumswerte von 21,1. „Auch im Hinblick auf das neue Zinsumfeld sind Dividendenaktien attraktiver geworden. Bei steigenden Zinsen verändern sich gerade die Bewertungen der Wachstumswerte signifikant. Denn diese beruhen oft auf Gewinnen, die in der Zukunft liegen. Bei steigenden Zinsen werden diese aber stärker diskontiert und verlieren an Wert: Aktien mit hoher Ausschüttung sind von dieser Entwicklung weniger stark betroffen“, stellt Kapitalmarktexperte Galler fest.

In der aktuellen stagflationären Konjunkturphase versprechen Dividendenaktien deshalb mehr Stabilität und Bodenhaftung für das Aktieninvestment. Die „Dividendenresilienz“ ist aus Sicht von Tilmann Galler auch mit Blick auf die weitere Zukunft hoch: „Die Prognose liegt bei einer Ausschüttungsquote von 35 Prozent für globale Aktien im Jahr 2022, wobei der 25-Jahres-Durchschnitt bei rund 42 Prozent liegt. Selbst wenn sich also das Gewinnwachstum im Jahr 2023 sehr stark abschwächt, besteht damit immer noch ein gutes Polster für die Gewinnausschüttungen“, stellt Galler fest.

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