„Dividendenstärke und Nachhaltigkeit“

- Mark Peden
- Kames Capital
FRANKFURT — Income-Fonds bieten meist eine erhöhte Sicherheit in Schwächephasen. Nicht so in der Corona-Krise – viele Unternehmen werden ihre Dividenden kürzen oder streichen. Income-Fondsmanager Mark Peden bleibt trotzdem zuversichtlich und will seinen Anlegern auch in diesem Jahr hohe Ausschüttungen liefern.
Welche Anlagestrategie, welche Anlageziele verfolgt der Kames Global Equity Income Fund?
Mark Peden: Die Strategie ist im Grunde genommen ganz einfach. Bei dem Fonds handelt es sich um ein Portfolio, das aus 40 bis 50 hochliquiden Aktien zusammengestellt wird. Wir suchen Unternehmen, deren Dividenden sicher sind, nach Möglichkeit sogar steigen, die eine solide Bilanz vorlegen können und einen starken Cashflow generieren. Auf diese Weise versuchen wir, Dividendeneinnahmen zu erzielen, die etwa 30 Prozent über denen des breiten Marktes liegen. Unser zweites Ziel ist es, dafür zu sorgen, dass das Kapital der Anleger mit der Zeit stetig wächst.
In den vergangenen Wochen standen die Märkte unter dem Eindruck der Corona-Krise. Wie ist es, in einem solchen Umfeld zu investieren?
Peden: Nicht ganz einfach. Bedingt durch Corona waren die Märkte unglaublich volatil und ganz schwer einzuschätzen. Innerhalb von 22 Tagen fielen die Aktienmärkte um rund 30 Prozent. Jetzt, wenn die Regierungen den strengen Lockdown Schritt für Schritt zurückfahren und gemeinsam mit den Notenbanken Hilfen bereitstellen, erholen sich die Märkte wieder, teilweise sogar sehr schwunghaft.
Wie hat sich Ihr Fonds geschlagen?
Peden: Entscheidend ist, dass sich die Aktien, in die wir investieren, völlig untypisch verhalten haben. Normalerweise wirkt eine Strategie wie die unsere vor einem solchen Hintergrund defensiv. Wenn die Märkte fallen, halten sich solche Portfolios deutlich besser als der Markt. Bei Corona war es nicht so. Das lag daran, dass viele Unternehmen in ihrer Existenz bedroht waren und es teilweise immer noch sind. Sie kürzen die Dividenden, um Liquidität zu gewährleisten. Das hat Income-Strategien geschadet, was man daran erkennt, dass der MSCI World Index zuletzt besser abgeschnitten hat als der High Dividend Yield Index von MSCI. Aber unser Fonds hat im ersten Quartal beide Indizes geschlagen.
Gratulation. Wie viel Mehrrendite haben Sie denn geschafft?
Peden: Im Vergleich zur Peergruppe liegt unser Fonds fast drei Prozent vor dem Durchschnitt – auf einer Total-Return-Basis. Problematisch für einen Income-Fund sind unter den Vorzeichen von Corona die Dividenden. Wir haben unseren Anlegern Dividendeneinnahmen versprochen. Also müssen wir die auch liefern – und das ist uns seit Auflegung des Fonds im September 2012 gelungen. In seiner Vergleichsgruppe liegt er mit seiner Performance über ein, drei und fünf Jahre immer im obersten Quartil.
Wo genau sind Sie besser als die Konkurrenz?
Peden: Es gibt vor allem einen Bereich, in dem wir besser sind. Und das ist der US-Markt, den Income-Fonds meist untergewichten, weil er etwa im Vergleich zu Europa keine hohen Dividenden zahlt. Unsere Allokation dort liegt deutlich höher als bei vielen vergleichbaren Strategien. Wir legen dort aktuell mehr als die Hälfte unseres Portfolios an. Die USA haben während der Kursrückgänge der letzten Zeit die anderen Märkte outperformt, wirkten also defensiv, und kommen jetzt sogar noch stärker zurück. Unterm Strich haben US-Aktien in den ersten vier Monaten gut zehn Prozent mehr gebracht als europäische Titel.
Gibt es Unternehmen oder Branchen, in die Sie bevorzugt investieren?
Peden: Bei der Zusammenstellung des Portfolios folgen wir einem fundamentalen Ansatz. Wir investieren bottom-up und versuchen, eine Makrosichtweise zu vermeiden. Bevorzugte Sektoren ergeben sich eher umgekehrt über die Einzelunternehmen. Nehmen Sie etwa Industriegase. Unsere zweitgrößte Position im Fonds ist Air Products & Chemicals. Das Unternehmen produziert unter anderem Sauerstoff und Wasserstoff und hat eine gute Bilanz in Fragen der Nachhaltigkeit. Seine Produkte helfen, CO2-Emissionen zu verringern. Weil es außerdem weltweit nur drei oder vier Anbieter gibt, verfügen solche Unternehmen über eine große Preismacht und arbeiten zudem mit recht lang laufenden Verträgen. Weil sie noch dazu stabile, stetig steigende Dividenden zahlen, schlägt unser Herz ein wenig für die Branche insgesamt. Ausgewählt haben wir aus fundamentalen Gründen aber nur Air Products. Ähnlich ist es mit der Halbleiterindustrie. Auch hier haben wir gezielt nur drei Anbieter ausgewählt. Trotzdem finden wir die Branche insgesamt spannend, weil sie den technologischen Fortschritt erst ermöglicht.
Gibt es auch Unternehmen oder Branchen, die Sie nicht mögen?
Peden: Eine echte Abneigung haben wir gegen Banken, speziell europäische. In dieser Branche sind die Regulierer zu stark involviert und Anleger haben keine Visibilität bei den Dividenden. Aus Gründen der Nachhaltigkeit sind Tabakproduzenten für uns auch ein No-Go, obwohl solche Titel in Income-Fonds traditionell stark vertreten waren.
Durch die Corona-Krise fallen viele Dividenden aus. Wie sehr leidet Ihr Fonds darunter?
Peden: Für Income-Strategien ist die Lage aktuell schlimmer als in der Finanzkrise. In Europa könnten die Dividenden in diesem Jahr um bis zu 50 Prozent gekürzt werden. Fast täglich erreichen uns solche Nachrichten. In Deutschland ist der Werkstoffhersteller Covestro so ein Fall. Um damit umzugehen, haben wir ein internes Modell entwickelt. Wir analysieren die Unternehmen anhand von sechs Variablen, um herauszufinden, wie sicher die Dividenden sind. Wir schauen unter anderem auf die Geschäftsentwicklung, die Bilanz und die Profitabilität – und filtern mit dem Modell die Unternehmen heraus, bei denen die Dividenden gefährdet zu sein scheinen.
Aber finden Sie auch genug Unternehmen, die ausreichend hohe Dividenden zahlen?
Peden: Was das angeht, bin ich zuversichtlich. Ich bin jetzt im zehnten Jahr für die Income-Strategie unseres Hauses verantwortlich. In den vergangenen neun Jahren haben sechs Unternehmen, in denen wir investiert waren, die Dividende gekürzt. In den ersten vier Monaten dieses Jahres waren es ebenfalls sechs, die zusammen aber weniger als zehn Prozent des Fonds ausmachen. Auf der anderen Seite haben bisher sechs unserer Titel die Dividende erhöht.
Haben Sie Ihr Portfolio deswegen in den vergangenen Wochen
umgeschichtet?
Peden: Normalerweise ist der Turnover im Fonds recht niedrig. Nicht so in diesem Jahr. Von Januar bis Mai haben wir sieben neue Aktien gekauft und acht Titel verkauft. Für ein so konzentriertes Portfolio wie unseres ist das viel. Die Hälfte der Aktien, die wir verkauft haben, gehörten zu den Unternehmen, die die Dividende gekürzt haben. Das war aber nicht der Grund. Bei diesen Unternehmen sind wir vielmehr zu der Überzeugung gelangt, dass sie die Dividenden weder kurz- noch langfristig wieder auf das vorherige Niveau bringen können.
Von welchen Aktien haben Sie sich getrennt?
Peden: Beispielsweise Darden Restaurants. Dieses amerikanische Unternehmen betreibt mehrere Restaurantketten, leidet also sehr stark unter Corona und wird vermutlich nicht schnell, wenn überhaupt zu seiner alten Dividendenstärke zurückfinden. Gekauft haben wir dagegen das französische Unternehmen Schneider Electric, das seinen Kunden Lösungen für Energieeffizienz und industrielle Automation bietet. Das sind beides Megatrends und daher bietet die Aktie aus unserer Sicht Dividendenstärke und Nachhaltigkeit. Außerdem haben wir PepsiCo-Aktien gekauft. Das Unternehmen zahlt seit 47 Jahren eine Dividende, die jedes Jahr ein wenig steigt. Nur noch drei Jahre, dann ist PepsiCo offiziell ein Dividendenkönig. Außerdem hat das Unternehmen einige Anstrengungen unternommen, nachhaltiger zu werden.
Worauf müssen sich Anleger jetzt einstellen?
Peden: Die Börse wird volatil bleiben. Vor allem werden sich die einzelnen Branchen recht unterschiedlich entwickeln. Technologie wird sich vermutlich schnell erholen. Bei anderen könnte eine Erholung extrem lange dauern. Das gilt für Kurse und Dividenden gleichermaßen. Branchen wie der Tourismus werden wohl nie mehr so sein wie früher. Auch andere Branchen, etwa das Gesundheitswesen werden sich grundlegend ändern müssen. Für Anleger heißt das, sie müssen noch sorgfältiger hinschauen und auswählen.
Mark Peden ist Portfoliomanager bei Kames Capital. Bereits seit seinem Firmeneintritt im Jahr 1992 konzentriert sich Peden auf Investments in europäische Aktien. Er verfügt über 27 Jahre Branchenerfahrung und ist seit 2011 der leitende Manager der Kames Global Equity Income Strategy Fonds.
Hinweis: Dieser Beitrag ist zuerst erschienen in TiAM – Trends im Asset Management 02/2020
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