Diversifikation im Fokus der Anleger

- Christoph Sporer
- Metzler AM
FRANKFURT — Liquide alternative Investments versprechen unkorrelierte Erträge und rücken somit in Zeiten negativer Anleiherenditen in den Fokus institutioneller Investoren. Doch die Ergebnisse sind bislang sehr unterschiedlich. Deshalb ist die Kombination verschiedener Strategien sinnvoll.
Auf der Suche nach Rendite fühlen sich insbesondere Investoren aus dem Euroraum in immer riskantere Anlagen gedrängt. Am Geldmarkt, bei Staatsanleihen aller Laufzeitsegmente und zunehmend auch bei Unternehmensanleihen sind die Renditen negativ. Nur vorübergehend sind noch Marktwertsteigerungen durch weiter sinkende Renditen möglich. Deshalb fließen viele Gelder in Immobilien oder Private Placements. Dort sind sie unter anderem einem hohen Liquiditätsrisiko ausgesetzt, was die Anleger jedoch angesichts der Ertragserwartungen in Kauf nehmen. Wenn Liquidität wichtig ist, kommen sogenannte Liquid Alternatives ins Spiel.
Das Ziel ist eine von der allgemeinen Marktentwicklung möglichst unabhängige positive Rendite, was einfacher klingt, als es ist. Denn die meisten Ertragsquellen sind Prämien, mit denen die eingegangenen Risiken der Investoren kompensiert werden. Und diese Risikoprämien geraten gemeinsam unter Druck, wenn bei Krisen oder Rezessionen die Risikoaversion steigt. Einen Ausweg bieten Hedging-Strategien, die wie eine Versicherung gegen solche Risiken funktionieren. In ruhigen Zeiten können Hedging-Strategien aber teuer werden, was die ohnehin mageren Renditen der Investitionen weiter schmälert.
Eine interessante Alternative sind deshalb aktive Strategien, die sich Marktineffizienzen zunutze machen. Marktineffizienzen wie die bekannte Trendanomalie sind streng genommen keine Risikoprämien, auch wenn sie oft als solche bezeichnet werden. Sie basieren nicht auf einem Risikotransfer und sind häufig gerade in Stressphasen, wenn Marktteilnehmer nicht rational agieren, besonders stark ausgeprägt. Das macht sie attraktiv und kann über ihre recht unzuverlässigen Ertragsaussichten hinwegtrösten.
Auf der Suche nach alternativen Anlagemöglichkeiten stellt sich grundsätzlich die Frage, ob man zuverlässige Zusatzerträge aus einer alternativen Anlage möchte und dafür eine gewisse Korrelation zum Gesamtmarkt in Stressphasen in Kauf nimmt, oder ob eine Stabilisierung des Portfolios im Vordergrund steht und dafür die Ertragsaussichten in den Hintergrund rücken.
Diversifikation der Strategien
Mit dem Absolute-Return-Fonds Metzler Alternative Multi Strategy werden verschiedene alternative Strategien kombiniert, die entweder auf Risikoprämien abstellen oder Marktineffizienzen nutzen: Risikoprämien dienen als originäre Ertragsquelle. Dazu werden Carry-Strategien auf unterschiedliche Anlageklassen eingesetzt. So lassen sich Renditedifferenzen zwischen einzelnen Regionen oder Laufzeitsegmenten bei neutralem Marktrisiko verdienen. Zusätzlich wird die Volatilitätsrisikoprämie durch Optionsstrategien auf verschiedene Basiswerte vereinnahmt.
Marktineffizienzen dienen im Fonds dagegen primär der Diversifikation in Stressphasen. Hierzu sind Trendfolge- und Value-Strategien hilfreich, um bei Marktkorrekturen zunächst von sich wieder normalisierenden Bewertungsdifferenzen zu profitieren und anschließend an einsetzenden Trends zu partizipieren.
Alle Strategien sind regelgebunden und ökonomisch fundiert. Die Strategien werden mittels liquider Derivate kostengünstig umgesetzt, und mit Short-Positionen lässt sich ein marktneutrales Profil erzeugen oder sogar von fallenden Marktkursen profitieren. Um die einzelnen Strategien sinnvoll zu kombinieren und ihre Gewichtung festzulegen, sind jedoch tiefgehende Kenntnisse über ihr Risikoverhalten nötig.
Um die Effekte der Kombination der Strategien zu beurteilen, wurden die Monatsrenditen der vier Strategiegruppen Volatilität, Carry, Momentum und Value seit Fondsauflegung im Oktober 2012 betrachtet und zur besseren Vergleichbarkeit alle Strategien auf eine Volatilität von fünf Prozent über den Gesamtzeitraum normiert. Die Abbildung auf der rechten Seite zeigt die Häufigkeit der Platzierung und den Anteil der positiven Monatsergebnisse:
- Volatilitätsstrategien liegen mit 37 Prozent der Monate am häufigsten auf dem ersten Platz und haben mit 65 Prozent auch den höchsten Anteil an positiven Monatsergebnissen. Dies erklärt vermutlich zum Teil ihre Popularität. Die Volatilitätsrisikoprämie basiert wie kaum eine andere Risikoprämie auf einem Risikotransfer. Durch den Verkauf von Optionen werden buchstäblich Versicherungen verkauft und Risiken übernommen. Das positive Ergebnis ist daher keine Überraschung.
- Carry-Strategien haben den zweithäufigsten Anteil positiver Monate und liegen am häufigsten auf Platz 2. Da es sich hier ebenfalls um Risikoprämien handelt, entspricht dieses Ergebnis ebenfalls den Erwartungen.
- Momentum-Strategien sind in nur 45 Prozent der Monate positiv und liegen auch im relativen Vergleich eher auf den hinteren Plätzen. Da diese Strategie auf einer Marktineffizienz basiert, die besonders in ausgeprägten Stressphasen zum Tragen kommt, von denen es im Betrachtungszeitraum, wenn überhaupt, nur wenige gab, ist das Ergebnis nicht verwunderlich.
- Die Value-Strategien zeigen mit einem Anteil positiver Monate von 55 Prozent und einer recht gleichmäßigen Verteilung der Platzierungen ein sehr ausgewogenes Verhältnis.
Grafik 1: Die Platzierung einzelner Strategien
Interessant ist nicht nur die Verteilung der Ergebnisse, sondern auch deren Risiko und Korrelation. Wie erwähnt wurden zur besseren Vergleichbarkeit alle Strategien auf eine Volatilität (σ) von fünf Prozent normiert. Zusätzlich sind der Erwartungswert (µ) als annualisierter Mittelwert der Monatsrenditen und das schlechteste Monatsergebnis (ω) als Indikator für das Tail-Risiko angegeben (siehe Tabelle).
Grafik 2: Kennzahlen verschiedener Strategien
Erhöhtes Tail-Risiko
Die Erwartungswerte der einzelnen Strategien liegen – mit Ausnahme vom Momentum – nahe beieinander. Gründe für das schlechte Abschneiden vom Momentum sind erstens, dass es sich um eine Marktineffizienz handelt, die generell einen niedrigeren Erwartungswert hat. Zweitens waren die Stressphasen im Betrachtungszeitraum meist nur kurz, und die Märkte erholten sich dank der Eingriffe der Zentralbanken immer wieder rasch.
Bei den schlechtesten Monatsergebnissen (ω) fallen Volatilitätsstrategien – erwartungsgemäß – negativ auf: Volatilitätsstrategien bieten attraktive Ertragschancen bei moderater Volatilität, bergen jedoch ein erhöhtes Tail-Risiko. Das haben viele Investoren gerade in den vergangenen Jahren häufiger zu spüren bekommen. Dieser Effekt ist auch bei den relativen Kennzahlen gut zu erkennen: Während sich der Erwartungswert im Verhältnis zur Volatilität (µ/σ) mit 0,60 mit dem der Carry- und Value-Strategien vergleichen lässt, ist der Wert der Volatilitätsstrategien beim Verhältnis zum schlechtesten Monat (µ/-ω) deutlich schwächer. Mit einem Wert von 0,98 fällt dementsprechend auch der größte Monatsverlust in Relation zur Volatilität (-ω/σ) relativ hoch aus.
Kombination verbessert Kennzahlen
Besonders interessant ist die Kombination aus den vier Strategien, die für diese Analyse nach dem Grundsatz der Risikoparität gewichtet wurden. Zur Vergleichbarkeit ist auch hier das Ergebnis auf fünf Prozent Volatilität skaliert. Die Rendite- und Risikokennzahlen verbessern sich dadurch deutlich, was den Mehrwert einer Kombination aus verschiedenen Strategien und deren sinnvolle Gewichtung unterstreicht.
Maßgeblich verantwortlich für das bessere Ergebnis sind die Korrelationen der einzelnen Strategien zueinander. In der unteren Tabelle sind die Korrelationskoeffizienten der Monatsrenditen dargestellt. Der höchste Korrelationskoeffizient der Monatsrenditen liegt bei 0,22 zwischen Momentum- und Carry-Strategien, der größte negative Wert ist 0,33 für die Korrelation zwischen Momentum- und Value-Strategien. Auch zu den „gefährlichen“ Volatilitätsstrategien sind Momentum- und Value-Strategien leicht negativ korreliert, was deutlich bei der Eindämmung der Tail-Risiken hilft.
Planbarkeit von Diversifikationseffekten
Quantitative Strategien haben den Vorteil, dass sie systematisch bekannte Risikoprämien oder Marktineffizienzen abbilden; dadurch sind die Ergebnisse in Bezug auf die Performancecharakteristik sehr zuverlässig. Denn jede Strategie oder Risikoprämie hat in ihrer Reinform eine bestimmte Charakteristik. Dies kann sich im Verhalten in Krisenzeiten, in den langfristigen Ertragserwartungen, in der Verteilungsschiefe oder in der Korrelation zu anderen Anlagen ausdrücken. Bei der Zusammenstellung alternativer Strategien ist es hilfreich, diese Eigenschaft möglichst zuverlässig abzubilden, sodass Diversifikationseffekte zwischen den Strategien planbar eintreten.
Um das Verhalten der alternativen Strategien im Detail zu verstehen, sind Informationen über die verwendeten Instrumente, den eingesetzten Leverage und den Investmentprozess nötig. Auch ein möglichst langer Track Record mit unterschiedlichen Marktphasen ist nützlich, was auch für quantitative Strategien spricht, da sich diese historisch simulieren lassen. So kann ein ausgewogenes Strategieportfolio zusammengestellt werden, das sowohl in den Ertragserwartungen als auch im Risikoverhalten keine Überraschungen bereithält. Einzelstrategien mögen auf den ersten Blick sehr attraktiv sein, haben aber vielleicht noch keine Marktphase durchlebt, in der die relevanten Risiken zum Tragen kamen. Gerade die vergangenen beiden Jahre haben bei Volatilitätsstrategien für Ernüchterung gesorgt.
Die Kombination aus verschiedenen Strategien kann diese Gefahr deutlich reduzieren. Volatilitätsstrategien haben im angeführten Fonds langfristig einen hohen Performancebeitrag geleistet; 2018 wurden sie aber von Value-Strategien und 2019 von Carry-Strategien deutlich übertroffen. Momentum-Stategien, die 2018 große Probleme hatten, trugen im Dezember 2018 sowie im Mai und August 2019 deutlich zur Stabilisierung der Performance bei. Analog zu klassischen Portfolios mit einer Kombination aus Aktien und Renten bieten Alternative Multi-Strategie-Fonds ebenfalls deutlich robustere Ergebnisse als Einzelstrategien.
Christoph Sporer, CFA, ist stellvertretender Leiter des Teams Absolute Return & Wertsicherung und seit 2016 bei Metzler. Davor leitete er bei Berenberg in Hamburg das Total-Return-Team und verantwortete das Management von Volatilitäts- und Multi-Asset-Strategien. Sporer hat BWL an der Justus-Liebig-Universität in Gießen studiert.
Hinweis: Dieser Beitrag ist zuerst erschienen in TiAM – Trends im Asset Management 01/2020
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