Digitale Evolution erfordert mehr Rechenzentren

  • Gabriel Khodzitski
  • PREA GmbH

MÜNCHEN – Corona hat die Digitalisierung beschleunigt. Streamingdienste, Cloud-Speicher und KI sorgen dafür, dass wir 2025 auf fast fünfmal mehr Daten zugreifen werden als 2020. Das steigert den Bedarf an mehr großflächigen Rechenzentren und eröffnet Immobilieninvestoren neue Möglichkeiten, sagt PREA-Manager Gabriel Khodzitski.


Ab hier folgt die unredigierte Analyse von Gabriel Khodzitski, CEO der PREA Group:

„Rechenzentren sind gefragt. Nach einer Gartner-Studie betragen 2021 die globalen Infrastrukturausgaben von Datacenter-Endverbrauchern 200 Milliarden US-Dollar mit einem weiteren Wachstum um sechs Prozent jährlich. Dabei handelt es sich zunehmend um Hyperscale-Center, die meist von einzelnen Cloud-Betreibern genutzt werden, sowie um Colocations, die Betreiberkonzepte ermöglichen. Ein Hotel für Unternehmen und Daten auf Zeit, bei dem ein Operator die Technik stellt und die Serverleistung an Unternehmen aller Art vermietet.

Für Investoren besteht die Chance, relativ viel Kapital in einer einzelnen, langfristig vermieteten Immobilie zu allokieren, wobei Renditen oberhalb der meisten gängigen Immobilien-Assetklassen möglich sind. Hinzu kommt, dass Rechenzentren als Portfoliobeimischung für Diversifikation sorgen und nicht von den Anlagerisiken anderer Nutzungsarten wie Büro oder Einzelhandel betroffen sind. Der Cashflow ist durch die langfristige Vermietung an den Single-Tenant gesichert, die Instandhaltung durch Triple-Net-Miete ebenso.

Rechenzentren müssen langfristig funktional und auf dem aktuellen Stand der Ausstattung bleiben, um auch nach dem ersten Mietzyklus weitere Operatoren zu finden. Anders als bei den traditionellen Assetklassen entscheidet hier auch nicht die Quadratmetergröße über den Mietpreis, sondern die elektrische Leistung und die Kosteneffizienz.
Die gewöhnliche Immobilienkompetenz reicht für die korrekte Bewertung eines Investments in ein Rechenzentrum also bei Weitem nicht aus. Zumal je nach Datacenter-Typ unterschiedliche Sicherheitsvarianten gefordert sind.
Eine europäische DIN-Norm aus dem Jahr 2016 legt die Standards für vier unterschiedliche Verfügbarkeitsklassen fest. Während eine Einrichtung der Klasse 1 ohne Redundanzen arbeitet und somit tendenziell fehleranfällig ist, gewährleistet ein Rechenzentrum der Klasse 4 eine höchstmögliche Datenverfügbarkeit und Fehlertoleranz.

„Fully Fitted“ oder erschlossenes Bauland?

Generell messen Mieter der Expertise des Rechenzentrumsbetreibers einen hohen Stellenwert bei. Das gilt auch bei der Auswahl der Objekte. Bei der Variante „Fully Fitted“ handelt es sich um voll ausgebaute Flächen inklusive aller Anschlüsse für Energie, Wasser und Kühlung. Erfahrene Akteure können ihre Performance hingegen mit einer „Powered Shell“-Transaktion steigern, bei der ein leerstehendes Gebäude inklusive aller Stromanschlüsse gehandelt wird. Es ist aber auch möglich, nur die Fläche zu erwerben, die bereits für den Bau eines Rechenzentrums erschlossen wurde.
Die Standortbewertung unterliegt ebenfalls eigenen Kriterien. Am wichtigsten ist eine gesicherte Stromversorgung. Aus Wartungsgründen ist die geografische Nähe zu einer Metropole von Vorteil. Zudem hat sich gezeigt, dass Rechenzentren die Ansiedlung von Start-ups begünstigen – und umgekehrt. Zu beachten sind auch Risikofaktoren wie Einflugschneisen und Tankstellen ebenso wie die Gefahr von Überflutungen oder Erdbeben.
Frankfurt hat sich durch den Hochfrequenzhandel auf dem Finanzmarkt zu einer der weltweit größten Rechenzentrenmetropolen entwickelt. Da die Mainmetropole indes an Kapazitätsgrenzen stößt, rückt zunehmend Berlin in den Fokus.

Schlüsselfrage ESG

Dass Rechenzentren nicht zuletzt unserer Gesellschaft einen wichtigen Mehrwert bieten, steht außer Frage. Schließlich hätte die Umstellung von Büroarbeit auf Homeoffice angesichts des ersten Lockdowns im März 2020 niemals ohne die entsprechende Rechenleistung funktioniert – der wirtschaftliche Schaden wäre groß gewesen, der kulturelle und gesellschaftliche ebenso.
Gleichwohl ist der hohe Energieverbrauch und somit die CO2-Bilanz der Objekte eine große Herausforderung. Kunden fordern grüne Lösungen, um ihre Nachhaltigkeitsziele zu erfüllen. Selbstverständlich besteht die Möglichkeit, den Energiebedarf aus grünen Quellen zu beziehen. Doch auch baulich müssen sich Rechenzentren weiterentwickeln, um den ökologischen Fußabdruck des Objekts zu verbessern.
So wäre es möglich, die Abwärme zum Beheizen von benachbarten Immobilien zu nutzen, was die Betriebskosten umliegender Gebäude nachweislich reduziert. Doch bislang nutzen nur sechs Prozent der Datacenter in der DACH-Region Abwärme in einer relevanten Größenordnung. Objekte der neuen Generation stehen in der Verantwortung, es besser zu machen. Dabei ist das Ziel eines klimaneutralen Rechenzentrums zwar noch weit entfernt – aber durchaus im Rahmen des Möglichen.
Dies wird an Relevanz noch zunehmen, da inzwischen bereits Immobilienfonds und andere indirekte Investmentprodukte mit Fokus auf Rechenzentren gestartet wurden – die den komplexen ESG-Anlagekriterien institutioneller Investoren entsprechen müssen. Zu den größten dieser Art zählt der Rechenzentrumfonds von Principal Real Estate mit einem Zielvolumen von 500 Millionen Euro. Weitere namhafte Akteure, die in den vergangenen Jahren verstärkt in diesem Markt aktiv waren, sind AXA, Catella APAM, Schroder, GIC, PFA und Brookfield.
Gabriel Khodzitski ist Gründer und CEO der PREA Group. Er berät bei gewerblichen Immobilientransaktionen, entwickelt und baut Rechenzentren sowie Wohn- und Gewerbeimmobilienprojekte. Basis sind eigene Technologien, wie die künstliche Intelligenz mercury, die auf Basis von 80 Milliarden Datenpunkten Standortanalysen und Renditeprognosen erstellt.

Hinweis: Dieser Beitrag ist zuerst erschienen in TiAM – Trends im Asset Management 02/2021
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