Die Wiederentdeckung von CTAs

  • Umit Kinar
  • BANTLEON

FRANKFURT – „Es gab eine Zeit, da galten CTA-Manager als Magier der Märkte“, erinnert BANTLEON-Manager Umit Kinar, weil ihnen scheinbar gelang, aus jeder Marktsituation Profit zu schlagen. Nach der Finanzkrise 2008/2009 sank ihr Stern, doch nun melden sie sich zurück. Eine kritische Analyse.


Ab hier folgt der unredigierte Kommentar von Umit Kinar, Senior Portfolio Manager Quantitative Strategies des Asset Managers BANTLEON:

Neben der guten Performance trug der schwierige Marktzugang für nicht spezialisierte Anleger zur Mystifizierung von CTAs (Commodity Trading Advisors) bei. In der Dekade nach der globalen Finanzkrise 2008/2009 haben diese Strategien, die oft als eigenständige Assetklasse betrachtet werden, aber viel von ihrem ursprünglichen Glanz verloren. Deshalb verschwanden CTAs vom Radar vieler Investoren. Aktuell scheinen sie aber wie Phönix aus der Asche wiederaufzuerstehen.

Für die abnehmende Bedeutung von CTAs seit der Finanzkrise gab es mehrere Gründe

  • Selbst mit sehr einfachen Managementansätzen wie einem 60/40-Portfolio oder Risk-Parity-Konzepten gelang es dank Interventionen der Notenbanken seither, hohe absolute Erträge zu generieren. Wegen der, vor allem in Krisen, stark negativen Korrelation zwischen Aktien und Anleihen waren diese Erträge auch risikoadjustiert sehr attraktiv.
  • Zudem ist heute der Marktzugang deutlich einfacher. Ein Trading-Konto ist innerhalb eines Tages auf dem Smartphone eingerichtet. Obwohl von der breiten Masse nicht praktiziert, ist in Zeiten von Bitcoin und Co der Futures-Handel von Schweinehälften und Orangensaft kein Mysterium mehr. Dazu kommt, dass es mittlerweile gefühlt mehr Aktienindizes und somit Aktienindex-ETFs als Aktien gibt. Das führte dazu, dass selbst die phasenweise gute Performance von CTAs relativiert wurde, da es ohne große Recherche gelang, ETFs zu finden, die in einer guten CTA-Phase noch besser abgeschnitten haben.
  • Zu guter Letzt sollten CTA-Manager nicht nur das schwierige Umfeld hervorheben, sondern auch Selbstkritik üben. Objektiv gesehen gab es seit der Finanzkrise viele verpasste Chancen und Phasen, in denen die Performance von CTAs enttäuschend war. Ungeachtet dessen konnten viele eines ihrer Ziele erreichen: ein Baustein zu sein, der dank eines globalen Anlageuniversums mit Long- und Short-Positionen ein klassisches Portfolio stabilisiert.

Der Glanz verblasst
Diese etwas weniger erfreuliche Phase hat dazu geführt, dass CTAs vom Radar vieler Investoren verschwunden sind. Um dem Bedeutungsverlust entgegenzuwirken, hat sich in den vergangenen Jahren der CTA-Markt bei der Suche nach Lösungsansätzen stark fragmentiert: Was sich die meisten Anleger unter einem CTA vorstellen, nämlich Long/Short-Trendfolge mit einem global diversifizierten Futures-Universum, ist mittlerweile nicht mehr der Standard, sondern nur noch ein Teilbereich. Die neuen Strategien wie Carry, Value und Asset-Class-Momentum sind als Passivierung von CTAs zu verstehen. Vor allem die großen Anbieter verfolgen nicht mehr einen Stand-Alone-Absolute-Return-Ansatz, sondern bieten diese Bausteine einzeln an. Der Investor kann sich dann aus den einzelnen Bausteinen ein Portfolio zusammenstellen, was dazu führt, dass ein Teil der Performanceverantwortung vom Asset Manager zum Investor wandert.

Comeback der CTAs?
Aktuell scheinen CTAs aber ein Comeback feiern zu können. Immer öfter empfehlen Consultants und Allokatoren, CTAs überzugewichten. Wie bemerkenswert dies ist, wird erst deutlich, wenn man auf die Details schaut: Vor dem Übergewichten war die Kategorie CTAs nicht einmal Bestandteil des Anlageuniversums. Woher kommt nun der Sinneswandel? Die erfreuliche Performance von CTAs in den vergangenen Monaten mag ein Grund sein, aber dies reicht nicht aus, um die Trendumkehr zu begründen.
Viel wichtiger scheint die schwierige Phase zu sein, in der die Finanzmärkte sich derzeit befinden: steigende Zinsen, unter anderem als Folge zunehmender Inflation. Die Instrumente, die in den vergangenen gut zehn Jahren sehr viel Performance und damit Freude beschert haben, können das Problem nicht entschärfen und darüber hinaus sogar zu Enttäuschungen führen. Auch weil Aktien mittlerweile extrem hoch bewertet sind, weshalb jederzeit mit einer Korrektur zu rechnen ist.
Wer hofft, dass die Verluste von Anleihen, die aufgrund der steigenden Zinsen entstehen, durch die negativ korrelierten Aktien abgeschwächt werden, könnte schwer enttäuscht werden. Die negative Korrelation zwischen Aktien und Anleihen wirkt hauptsächlich in Risk-off-Phasen, in denen Aktienkurse stark unter Druck geraten und Anleihenkurse dank der Flucht in Save Havens kräftig zulegen.
In Phasen, in denen Risk-on-Stimmung herrscht und die Zinsen wegen der positiven Konjunkturdynamik steigen, ist die negative Korrelation deutlich weniger ausgeprägt. Dies erklärt das wieder zunehmende Interesse der Anleger an CTAs. Consultants und Allokatoren argumentieren, dass diese Strategien vor allem in Ausnahmephasen einen Mehrwert bieten, indem sie in einem globalen Multi-Asset-Universum sowohl Long- als auch Short-Positionen eingehen.

Retter in der Not?
Gelingt das wirklich? Es wäre fatal davon auszugehen, dass CTAs sich auch heute noch pauschal als Retter in der Not eignen. Jener große Teil von CTA-Managern, der sich wie oben beschrieben vom Stand-Alone-Absolute-Return-Ansatz verabschiedet hat, eignet sich nur bedingt als Retter in der aktuellen Situation. Und bei denen, die mit Absolut-Return-Ansätzen werben, muss genau hingeschaut werden: Die vielen V-förmigen Korrekturen, in denen sie mit Short-Positionen Verluste eingefahren haben, wurden in den vergangenen Jahren zum Anlass genommen, die Modelle zu überarbeiten. Schon unsere früheren Untersuchungen haben gezeigt, dass diese Überarbeitungen implizit zu einem restriktiveren Einsatz von Short-Positionen geführt haben, was das künftige Diversifizierungspotenzial deutlich begrenzt. Dies hat sich nicht zuletzt im März 2020 gezeigt, als viele CTAs trotz herber Kursverluste von Aktien sich schwergetan haben, eine Short-Position einzugehen.

Gemischte Ergebnisse
Ist es diesmal, beim aktuellen Zinsanstieg, anders? Ja, aber nicht viel besser, wie eine Untersuchung zeigt: Mit linearer Regression wird näherungsweise ermittelt, wie sich CTAs gegenüber US-Treasuries positioniert haben. Die Daten deuten darauf hin, dass CTAs (SG CTA Index) im 1. Quartal 2021, welches von einem starken Zinsanstieg geprägt war, tatsächlich Short-Positionen in den entsprechenden Zins-Futures hielten. Durch das Beta von -0,36, das ungefähr einer Modified Duration von -2,9% entspricht, konnten sich die Fonds teilweise dem Zinsanstieg entziehen und sogar kleine Gewinne erzielen.
Das Maß der negativen Duration reicht aber nicht aus, um die Kursverluste eines klassischen Portfolios infolge dieses Zinsanstiegs zu kompensieren. Die asymmetrische Umsetzung in Short- und Long-Phasen wird deutlich: Bei ähnlich klaren Trends in die andere Richtung wurden in der Vergangenheit positive Durationen aufgebaut, die in der Nähe von 20% lagen.

Ernüchterung
Das Ergebnis zeigt, dass längst nicht mehr alle CTAs sich dazu eignen, in solch einer schwierigen Kapitalmarktphase als sicherer Anker zu fungieren, weil der Markt fragmentiert ist und viele CTAs mittlerweile ein anderes Ziel haben. Da das Beta von -0,36 lediglich dem Durchschnitt entspricht, muss es auch Fonds geben, die im 1. Quartal eine deutlich tiefere negative Duration umgesetzt haben. Es gibt also immer noch breit diversifizierte CTAs, der Investor muss sie nur finden. Ein positives Beispiel ist der Fonds BANTLEON DIVERSIFIED MARKETS, der im Untersuchungszeitraum mit einem Beta von -0,77 mehr als doppelt so stark exponiert war wie der Durchschnitt.

Fazit
Investoren auf der Suche nach breit diversifizierten CTAs sollten folgende Fragen stellen: Welches Ziel hat der Fonds und hält er, was der Asset Manager verspricht? Ist er in sich diversifiziert? Wie hat er sich in vergangenen schwierigen Marktphasen verhalten. Dazu muss man zum Beispiel nicht nach Zinsanstiegen in der Vergangenheit suchen, denn die waren sehr rar. Als Hinweis für das Verhalten eines CTAs bei einem Zinsanstieg lassen sich auch Aktienmarktkorrekturen nutzen, weil diese Phasen ähnlich schwierig für diese Strategien sind.
Wenn all diese Punkte beachtet werden, lassen sich CTAs finden, die sowohl einen Hedge in Sondersituationen bieten als auch einen guten Performancebeitrag in normalen Kapitalmarktphasen.

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