Deutsche Logistikobjekte gefragt wie nie zuvor

  • Nikolai Windhäuser
  • Logivest Stuttgart GmbH

MÜNCHEN – „Die Nachfrage professioneller Investoren nach Logistikimmobilien ist höher als jemals zuvor“, sagt Immobilienexperte Nikolai Windhäuser. Die Assetklasse profitiere vom stetig steigenden Onlinehandel ebenso wie von weiterhin vollen Auftragsbüchern im produzierenden Gewerbe. Doch in jedem Fall ist eine Einzelobjektprüfung erforderlich.


Ab hier folgt die unredigierte Analyse von Nikolai Windhäuser, Managing Director bei Loginvest:

„Neben den Akteuren, die bereits seit Jahren oder sogar Jahrzehnten die Investmentmärkte prägen, laufen jetzt zahlreiche neue Mitspieler auf. Zu den wichtigsten Investoren gehören deutsche und internationale Fondsmanager, die entweder nutzungsreine Logistikfonds auflegen wollen oder aber eine höher rentierliche und dabei gleichzeitig weitgehend sichere Beimischung für ihre Bestandsportfolios suchen.

Wachstumsstandorte identifizieren

Die meisten Anfragen für einen solchen Neueintritt in die Märkte beziehen sich nach wie vor auf die Top 7 der großen deutschen Ballungsräume wie Berlin, Frankfurt am Main oder München. Dabei bieten vergleichsweise neue Logistikhotspots wie Leipzig/Halle häufig bessere Chancen. Das zeigt auch die stark erhöhte Bautätigkeit: Im Jahr 2020 wurden über 360 000 Quadratmeter umgesetzt, mehr als dreimal so viel wie im Jahr 2019.
Ein weiteres Beispiel findet sich in der Region Magdeburg, die mit 225 000 Quadratmetern eine höhere Neubautätigkeit aufweist als das Rhein-Main-Gebiet. Dies hängt jedoch auch mit der Flächenverfügbarkeit zusammen, die in den klassischen Investmentregionen sehr limitiert ist, sodass die Nachfrage oft nicht bedient werden kann. Der Logistikimmobilienstandort München bewegt sich mit 115 000 Quadratmetern sogar auf den hinteren Plätzen im deutschlandweiten Vergleich.

Hier zeigt sich ein wichtiger Grundsatz, der Logistikimmobilieninvestments von allen anderen Immobilienassetklassen unterscheidet. Anstatt einer Untergliederung in sieben Top-Städte sowie B-, C- und D-Standorte existieren 23 Top-Logistikregionen. Diese befinden sich ebenfalls, allerdings nicht nur, in der Nähe der Ballungszentren. Oftmals liegen die größten Potenziale hingegen in der geografischen Mitte Deutschlands um Bad Hersfeld und Erfurt, von wo aus Ziele im gesamten Bundesgebiet in wenigen Fahrstunden erreicht werden können. Diese Region wäre für andere Assetklassen nicht als Top-Standort zu bewerten.

All diese Logistikregionen werden von unterschiedlichen Branchen und damit Nutzergruppen geprägt: Von den Produktionsclustern in Süddeutschland bis zu den Nord- und Ostseehäfen als wichtige Knotenpunkte des Welthandels. Dementsprechend gibt es auch unterschiedliche Anforderungen an den Standort und das Logistikobjekt auf lange Sicht. Für Investoren, die sich jedoch ausschließlich auf die deutschen Top-7-Metropolen konzentrieren, bedeutet dies große Produktknappheit und scharfe Konkurrenz um die wenigen verfügbaren Assets, verbunden mit stark steigenden Kaufpreisfaktoren: In einigen Regionen wird bereits mehr als das 27-Fache der durchschnittlichen Jahresnettokaltmiete verlangt.

Durch eine zu enge Eingrenzung der Zielmärkte ist der eine oder andere geplante Fonds gar nicht erst zustande gekommen. Noch problematischer wäre es jedoch, in eine Immobilie zu investieren, die aufgrund der lokalen Branchenstrukturen und Flächennachfrage nach dem ersten Mietzyklus nur begrenzt marktgängig ist beziehungsweise aufgrund der Gebäudestruktur nur schwer nachvermietbar ist – oder nur mit großen Abschlägen.
Eine andere Diskrepanz findet sich zwischen geplanten Investmentvolumina einzelner Fonds und der tatsächlichen verfügbaren Marktgröße (Investitionsvolumen per annum). Angesichts des hohen Anlagedrucks sind etwa Planungen, eine Milliarde Euro in deutsche Logistikobjekte zu investieren, theoretisch durchaus möglich. Bedenkt man aber, dass der Transaktionsmarkt lediglich ein Volumen von etwa sechs bis acht Milliarden Euro jährlich aufweist, ist es eher unwahrscheinlich, dass ein solches Vorhaben tatsächlich in kurzer Zeit gelingen kann.

Große Klumpenrisiken vermeiden

Im Gegensatz zu anderen gewerblichen Nutzungsarten existieren für den Logistik­immobilien-Investmentmarkt zusätzlich zwei limitierende Faktoren: Erstens befindet sich etwa die Hälfte aller Objekte in Eigentum oder Eigennutzung durch den jeweiligen Logistiker. Sie kommen ab und zu in Form einer Sale-and-Lease-back-Transaktion auf den Markt. Zweitens entwickeln einige Projektentwickler neue Objekte nur für einen angehängten Fonds, sodass diese Flächen gar nicht auf den Investmentmarkt kommen.
Diese Unterschiede führen zu einem weiteren Phänomen bei der Investorennachfrage, das schon heute Probleme bereitet. Schließlich stehen vor allem Volumina von 20 bis 100 Millionen Euro pro Objekt im Fokus der potenziellen Investoren. Tatsächlich jedoch existieren nur vergleichsweise wenige Objekte mit einem Wert von über 50 Millionen Euro. Bei den Objekten zwischen 20 und 50 Millionen Euro erleben wir indes einen starken Run, verbunden mit steigenden Kaufpreisfaktoren. Ob sich diese Objekte jedoch in der besten Lage befinden oder – auch bei heutigem modernen Standard – langfristig drittverwendbar sind, ist in so manchen Fällen fraglich.

Stattdessen werden Angebote zwischen fünf und 15 Millionen Euro von kapitalstarken Akteuren häufig außer Acht gelassen, obwohl sowohl eine größere Flexibilität bei den Nutzergruppen als auch eine höhere Rendite gegeben ist. In vielen Fällen können mehrere kleine Ankäufe also sinnvoller sein als ein großer – auch wenn der Aufwand bei der Due Diligence sowie beim späteren Management höher ausfallen kann.

Auf die Mieterauswahl achten

Auch bei der Mieterauswahl existieren einige Besonderheiten bei Logistikimmobilien verglichen mit anderen gewerblichen Nutzungsarten. Ein möglicher Fehler besteht darin, zu sehr auf den Namen oder die Bonität des Mieters zu achten und nicht auf die Drittverwendbarkeit der Immobilie. Gerade viele Big Player bestehen auf besondere bauliche Voraussetzungen, um ihre sehr stark spezialisierten Prozesse in der Immobilie abbilden zu können. Ein sehr deutliches Beispiel hierfür sind mehrstöckige Logistikimmobilien, die nach Auslaufen des Mietvertrags kaum bis gar nicht nachvermietbar sind beziehungsweise nur mit erheblichen Mietabschlägen oder Investitionen.
Dafür ist ein anderer Ansatz vielversprechend: Ein Investment in eine etwas ältere, aber gut gelegene und unterhalb des Marktniveaus vermietete Immobilie verspricht unter Umständen bessere Konditionen und sogar Wertsteigerungspotenziale, da das Objekt nach Auszug des Bestandsmieters in aller Regel zu höheren Preisen vermietbar ist. Schließlich suchen nicht nur Investoren, sondern auch Mieter händeringend nach marktgängigen Flächen am passenden Standort.

Fazit: Branchen und Prozesse mitdenken

Aspekte für die nachhaltige Drittverwendbarkeit von Logistikimmobilien lassen sich nur begrenzt durch eine branchenübliche Standardcheckliste ermitteln. Für Invest­ments gibt es hier grundsätzlich kaum goldene Regeln, die für die meisten Objekte zutreffen – je nach Nutzerbranche und Region können auch kleine Details über die langfristige Marktgängigkeit entscheiden. In jedem Fall ist es daher wichtig, Immobilienkonzepte auch mit Blick auf die jeweiligen Logistikprozesse zu beurteilen und auf dieser Basis Chancen und Risiken korrekt zu ermitteln.

Nikolai Windhäuser ist geschäftsführender Gesellschafter der Logivest Stuttgart GmbH und mit der Betreuung und Durchführung von Investments, der Durchführung von Due-Diligence-Prozessen, dem After Sales Management und der Vermietung von Leerstandflächen befasst. Zuvor war er bei IBAG Immobilien, Bavaria Objekt und Aurelis beschäftigt.

Hinweis: Dieser Beitrag ist zuerst erschienen in TiAM – Trends im Asset Management 02/2021
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