Der Lohn guter Corporate Governance

FRANKFURT – Der aktuelle Skandal um Wirecard hat die Diskussion um Corporate Governance neu entfacht. Einer aktuellen Auswertung der DVFA zufolge gäbe es noch einige Defizite zu beklagen. Zugleich zeige sich aber, dass Unternehmen mit hohem Governance-Score eine stabilere Entwicklung und auch eine höhere Aktien-Performance aufweisen.


Ab hier folgt die unredigierte Mitteilung der Gesellschaft:

Obwohl der im Zuge der Holzmann-Pleite 2002 entwickelte und seitdem mehrfach angepasste Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) in seinen Grundsätzen, Empfehlungen und Anregungen die wesentlichen Bereiche der Unternehmensführung und -verfassung beschreibt und einordnet, scheint es in der tatsächlichen Erfüllung dieser Leitlinien weiterhin Defizite zu geben. Das Spektrum der Aufgaben und der Be- bzw. Zusammensetzung von Vorstand und Aufsichtsrat, Vergütungsstrukturen und Interessenskonflikte, Umgang mit den Rechten der Aktionäre in und zur Hauptversammlung sowie Transparenz und Berichterstattung bieten den Unternehmen ausreichend Möglichkeiten, ihre Erfüllung transparent darzustellen und im Falle von Abweichungen, diese mindestens jährlich auch zu erklären. Hierzu sind sie durch §161 des Aktiengesetzes verpflichtet („comply or explain“).

Um die Frage zu beantworten, ob der Fall Wirecard nun darauf schließen lässt, dass der DCGK sein Ziel, den Unternehmen angemessene Leitlinien für eine stabile Unternehmensführung vorzugeben, verfehlt hat, muss die Güte der Governance deutscher Unternehmen auf breiter Ebene gemessen werden. Ein hierzu geeignetes und bereits seit Jahren etabliertes Instrument ist die DVFA Scorecard for Corporate Governance. Mithilfe der Scorecard wird geprüft, inwieweit die DAX30-Unternehmen (und seit 2019 auch die MDAX-Gesellschaften) die Anforderungen des DCGK er- und ausfüllen. Die qualitätsbezogene Auswertung ergibt für jedes einzelne Kapitel und in der Gesamtschau einen Governance-Score.

Die DVFA Kommission Governance & Stewardship hat nun eine Auswertung der Ergebnisse seit 2016 beim Sustainable Governance Lab unter Leitung von Frau Prof. Dr. Christina E. Bannier (Universität Gießen) mit Beteiligung von Frau Prof. Dr. Julia Redenius-Hövermann (Frankfurt School) in Auftrag gegeben. Ziel der Untersuchung war, in welchem Zusammenhang der Governance-Score mit der Stabilität der Unternehmensentwicklung steht. Dazu wurden die Scorecard-Informationen der Jahre 2016 bis 2019 in ihren Effekten auf Eigen- und Fremdkapitalrisiko, Performance und Eigentümerstrukturen analysiert.

Tatsächlich zeigt sich, dass Unternehmen mit einer besseren Governance-Qualität eine deutlich stabilere Entwicklung aufweisen als solche mit schlechten Governance-Scores. Allerdings ergeben sich diese positiven Effekte nicht aus einer bloßen Einhaltung der Kodex-Grundsätze.

Vielmehr gelingt nur den Unternehmen, die den Empfehlungen und Anregungen des Kodex überzeugend folgen und auf diese Weise eine höhere Governance-Bewertung erzielen, eine deutlich stabilere Entwicklung, gemessen anhand von niedrigeren Eigen- und Fremdkapitalrisiken. Interessanterweise sind dabei jedoch nicht alle Bereiche der Corporate Governance gleichsam relevant: Besonders positiv wirkt sich eine gute Governance in der Aufsichtsratsarbeit, in der Zusammenarbeit mit den Aktionären sowie im Bereich Rechnungslegung und Abschlussprüfung aus. Unternehmen, die in diesen Bereichen den Empfehlungen des Kodex nachkommen, zeigen besonders niedrige Eigen- sowie auch teils Fremdkapitalrisiken.

Gute Governance in der Vorstandsarbeit sowie in der Zusammenarbeit mit den Aktionären zahlt sich zudem im Hinblick auf die Performance aus: Unternehmen mit nachweislich hoher Governance-Qualität in diesen Bereichen weisen einen höheren Return-on-Assets und Return-on-Equity auf und sind zu einem größeren Anteil im Besitz institutioneller Investoren.

Diese Studie liefert weitere Evidenz, dass sich gute Corporate Governance – sofern sie über das gesetzlich vorgegebene Maß hinausgeht – für Unternehmen tatsächlich lohnt. Auch der DCGK erweist sich als effektiv zur Vorgabe verlässlicher Leitlinien für eine stabile Unternehmensführung. Investoren bietet die Governance-Scorecard daher durchaus relevante Informationen für ihre Anlageentscheidung. Da jedoch nicht alle Governance-Maßnahmen gleichermaßen wirksam sind, macht erst der gründliche Blick in die Facetten der Corporate Governance eine solche Analyse wirklich lohnenswert. „Vor dem Hintergrund dieser Erkenntnisse ist die vom DVFA für den Herbst dieses Jahres geplante Ausweitung der Governance-Scorecard auf SDAX-Unternehmen sehr zu begrüßen“, so Michael Schmidt, Leiter der DVFA Kommission Governance & Stewardship.

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