De Blonay/Jupiter: Neuordnung des Bankensektors bietet Investmentchancen

- Guy de Blonay
- Jupiter AM
LONDON — Banken, die frühzeitig in Technologie wie künstliche Intelligenz investieren, werden künftig den Markt dominieren, denn die Digitalisierung revolutioniere ihre Branche. Während Banken sich vermehrt auf Technologie konzentrierten, sieht de Blonay auch bei Fintech-Unternehmen, die diesen Wandel ermöglichen, spannende Anlagechancen.
Künstliche Intelligenz (KI) sorge für tiefgreifende Veränderungen in der Bankenbranche. Sie wirke sich auf Front-, Middle- und Back-Office-Funktionen aus: von Dialogschnittstellen, die traditionelle Filialgeschäfte überflüssig machen, bis hin zu Compliance-Automatisierung, die Anfragen in Sekundenschnelle bearbeiten kann. De Blonay hält es für möglich, dass Banken durch solche Prozessverbesserungen effizienter und produktiver wirtschaften und potenziell mehr als 1 Billion US-Dollar einsparen können.
Doch künstliche Intelligenz sei nicht nur aufgrund dieser Effizienzsteigerungen ein zentrales Thema. Die meisten Akteure der Bankenbranche würden derzeit im KI-Rennen hinterherhinken. Nur wenige Banken verfügen nach Ansicht von Jupiter über funktionsfähige KI-Prozesse oder -Produkte (auf die Bank of America entfallen weniger als 10 Prozent der KI-Patente von Google), während Technologieunternehmen wie Amazon bereits seit Längerem eigene KI-Abteilungen hätten und bald eine ernstzunehmende Konkurrenz für etablierte Bankhäuser darstellen könnten.
Early-Mover-Vorteil
Jupiter ist trotz des Konkurrenzdrucks durch solche Disruptoren überzeugt, dass traditionelle Banken, die frühzeitig neue Technologien einführen, am besten aufgestellt seien, um der Branche auch künftig ihren Stempel aufzudrücken. Schließlich verfügten sie bereits über etablierte Kundenstämme, Lizenzen und Marken. Dank neuer Technologien sollten sie in der Lage sein, ihren Kunden durch moderne Hilfsmittel und Daten gestützte erstklassige Dienstleistungen anzubieten. Das würde es besonders schwierig machen, mit ihnen zu konkurrieren, so der Asset-Manager.
Natürlich sei es nicht leicht, im allgemeinen Technologiewettrüsten mitzuhalten. Daher seien Banken auf die Dienstleistungen innovativer Fintech-Unternehmen angewiesen, die Lösungen zur beschleunigten Digitalisierung anbieten. Solche Unternehmen würden entweder als „Enabler“ eine entscheidende Rolle für das Wachstum spielen, in Form von Partnerschaften Teil der Wachstumsstrategie sein oder traditionelle Banken eines Tages vollständig ersetzen.
Datenanalyse für hervorragenden Service
Die Early Mover aus dem traditionellen Bankensegment sollten sich durch besseren Kundenservice einen Vorsprung gegenüber ihren Wettbewerbern verschaffen können, meint de Blonay. Indem sie z.B. künstliche Intelligenz nutzen, könnten die Vorreiter unfassbar große Datenmengen sammeln, analysieren und verarbeiten und sich auf diese Weise umfassende Einblicke in die von ihnen angebotenen Dienstleistungen verschaffen. Heutzutage könnten Banken ihre Dienstleistungen durch Daten besser auf ihre Kunden abstimmen als jemals zuvor.
Eine Bank, in die Jupiter investiert ist, habe sich hier bereits als Vorreiter hervorgetan: die Bank of America (BoA). Ihr sei bewusst, dass sie sich durch Technologie von der Konkurrenz abheben könne und sie sei in puncto Technologieausgaben branchenführend. Dank ihrer Technologieinvestitionen habe die Bank bereits in diesem frühen Stadium der Digitalisierung ihre Einlagen steigern und Fixkosten und Ineffizienzen verringern können. De Blonay ist daher davon überzeugt, dass weitere Investitionen auch künftig dazu beitragen werden, die BoA-Kunden kostengünstiger und effizienter zu bedienen.
Die Early-Mover-Banken würden nicht nur in der Lage sein, die von den Kunden gewünschten Dienstleistungen anzubieten, sondern sie auch in der von den Kunden bevorzugten Form zur Verfügung zu stellen. Chatbots, Dialogschnittstellen, Voice-Assistenten und intelligente Online-Banking-Lösungen ersetzten rasant die Bankfiliale als bevorzugte Methode für Bankgeschäfte. Laut de Blonay bevorzugen lediglich 12 Prozent der Millennials Telefongespräche – die meisten von ihnen gäben Chat-Funktionen oder soziale Netzwerke als Interaktionspräferenz an. Die Anbieter, die es wagen, den ersten Schritt in Richtung Digitalisierung zu tun, würden demnach auf eine offene Kundenbasis treffen, die es kaum erwarten kann, ihre Bankgeschäfte zu modernisieren.
Indem Banken Dienstleistungen anbieten, die den Bedürfnissen der Kunden entsprechen, und mit diesen über ihre bevorzugten Kommunikationskanäle in Kontakt treten, könnten die Geldhäuser ihre Attraktivität und Kundenbindung verbessern und gleichzeitig ihre langfristigen Kosten senken. So rechneten Unternehmen, die bereits KI-Technologien eingeführt haben, mit einer Umsatzsteigerung von 39 Prozent bis zum Jahr 2020. Das bedeute, dass diejenigen, die jetzt aktiv werden, gut aufgestellt sind, um binnen kurzer Zeit davon zu profitieren.
Chancen für Asset Manager
Je größer das Bewusstsein dafür sei, welches Potenzial in Technologien wie künstlicher Intelligenz liegt, desto eher würden Banken ihre veralteten IT-Systeme ersetzen. Daraus ergibt sich laut de Blonay ein neues Chancenfeld für Anleger: die Fintech-Unternehmen, die die Banken bei ihren Digitalisierungsbestrebungen unterstützen. Einige seiner Investments wie State Street und Temenos hätten zentrale Bankensysteme und Automatisierungstechnologien entwickelt, die Banken einsetzen, um ihren Modernisierungsprozess voranzutreiben.
Die Angebote von Fintechs sind vielfältig: von Datenanalytik über Sicherheitslösungen bis hin zu mobilen Zahlungsdiensten. Das bedeutet, dass Fintech-Unternehmen in verschiedensten Bereichen mit Banken kooperieren können, wobei die meisten viel Wachstumspotenzial aufweisen. Ein gutes Beispiel dafür sei das Analyseunternehmen S&P Global Inc, das de Blonay ebenfalls im Portfolio habe und das vor Kurzem Kensho, ein Start-up für maschinelles Lernen, für 550 Millionen US-Dollar erwarb. Damit besiegelten die beiden die bisher größte M&A-Transaktion im Bereich maschinelles Lernen. Die Partnerschaft spiegele nicht nur das hohe Potenzial innovativer KI-gesteuerter Analysen im Finanzdienstleistungssektor wider, sondern setze auch Maßstäbe für die Bewertungen. Jupiter glaubt, dass diese im Zuge der verstärkten Technologieinvestitionen der Banken noch weiter steigen werden.
Die Bank der Zukunft
Zwar befinde sich künstliche Intelligenz und ähnliche technologische Innovationen noch in einer sehr frühen Phase. Aber es zeichne sich bereits ab, dass sich digital fortschrittliche Banken einen Vorsprung gegenüber ihren Wettbewerbern verschaffen. Sie könnten ihre Kosten senken und gleichzeitig ihren Kundenstamm erhöhen und Kunden längerfristig binden. Zudem verbessere sich durch das Wachstum in Kombination mit Kostenreduzierung der Shareholder-Value.
Die Bank der Zukunft wird sich grundlegend von der Bank, wie wir sie heute kennen, unterscheiden. Dennoch ist de Blonay davon überzeugt, dass sich etablierte Unternehmen weiter am Markt behaupten können, wenn sie proaktiv und schnell genug neue Technologien einführten. Für Anleger seien diese Umwälzungen mit Chancen verbunden: Wie dargelegt, böten sowohl die Unternehmen, die vom technologischen Wandel profitieren, als auch diejenigen, die diesen ermöglichen, attraktives Potenzial.