Das Dilemma mit dem DAX

  • Marc Decker
  • Merck Finck

FRANKFURT – Der Wirecard-Skandal bringt Bewegung in die deutsche Indexlandschaft, sagt Merck Finck-Manager Marc Decker. Jenseits der anstehenden Überprüfung der DAX-Zusammensetzung denke die Börse über eine grundsätzliche Überarbeitung des renommierten deutschen Börsenbarometers nach. „Das ist gut so!“


Ab hier folgt die unredigierte Mitteilung des Emittenten:

„In den über 30 Jahren seines Bestehens hat sich zwar der Indexstand zum Positiven entwickelt – von damals 1.000 Punkten auf heute über 13.000 Punkte“, erklärt Marc Decker, Head of Asset Management, Merck Finck Privatbankiers AG, „strukturell ist aber wenig passiert. Der DAX ist kein repräsentatives Abbild der Leistungsstärke der deutschen Wirtschaft. Die alleinige Ausrichtung an Marktkapitalisierung und Börsenumsatz ist ein zentraler Kritikpunkt. Auch die Begrenzung auf 30 Unternehmen wird zu Recht hinterfragt.

Mangel an innovativen Firmen an der Börse

Die Abbildung der Leistungsträger der deutschen Wirtschaft in einem Leitindex ist allerdings keine triviale Angelegenheit. Gerade Deutschland mit seiner starken Mittelstandsorientierung steht vor der Herausforderung, dass viele innovative Firmen und Hidden Champions gar nicht börsennotiert sind. Tatsächlich ist die Zahl der börsennotierten Unternehmen hierzulande überschaubar. Nach den Regeln des Prime Standard der Deutschen Börse kommen gerade einmal 310 Notierungen infrage; manche Unternehmen sind mit zwei Gattungen vertreten.
Hinzu kommt, dass immer weniger Unternehmen den Gang an die Börse wagen. Andere treten sogar den Rückzug an, weil sie zum Beispiel den mit der Börsennotierung verbundenen Aufwand loswerden wollen. Die Scheu vor dem Kapitalmarkt ist in Deutschland zudem ein grundlegendes kulturelles Thema, das sich nicht nur über Indexreformen lösen lässt. Und wo nicht mehr Unternehmen zur Auswahl stehen, kann auch nicht über Druck eine Veränderung stattfinden.

Erweiterung des DAX 30

Und doch gibt es zumindest Ansatzpunkte, die man verfolgen sollte: Ein erster Schritt zur Auffrischung des DAX wäre dessen zahlenmäßige Erweiterung. Beim DAX 50 ESG ist die Deutsche Börse diesen Weg bereits gegangen. Eine entsprechende Ausweitung könnte beim traditionellen DAX dazu führen, dass dort nicht mehr nur die Tanker der Old Economy zu finden sind. Aus Anlegersicht wäre ein solcher Schritt zu begrüßen.
Eine weitere Möglichkeit wäre, den DAX stärker über die Qualität der Governance zu positionieren und strengere sowie genauere Anforderungen an die Governance der enthaltenen Unternehmen zu formulieren. Wenig halten wir von pauschalen Aussagen wie zum Beispiel, der DAX müsse stärker auf Wachstumsaktien getrimmt werden. Ein weltweit relevanter Börsenindex sollte nicht den schwankenden Präferenzen von Investoren hinterherlaufen.

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