Credit Suisse: Was Europa von der Schweiz lernen kann

Breiter Erfahrungsschatz in der Währungssicherung gegen einen starken Franken

ZÜRICH — In den vergangenen Jahren ist in Deutschland das Interesse an Währungssicherung deutlich gewachsen: Dies dürfte zum einen mit der unerwarteten Stärke des Euro im Jahr 2017 zu tun haben, als die Gemeinschaftswährung um fast 20% auf mehr als 1,25 im Frühjahr 2018 aufwertete und wohl einige europäische Anleger, die ihre Fremdwährungsbestände nur teilweise oder gar nicht sicherten, auf dem falschen Fuß erwischte. Zum anderen bereiten wohl die hohen Sicherungskosten zahlreichen Vorsorgeeinrichtungen Sorgen: So schmilzt der Ertrag einer zehnjährigen amerikanische Staatsanleihe von 1,7% (Mitte August 2019) nach Sicherungskosten von ungefähr 2,5% auf -0,8%, also etwas weniger als eine deutsche Staatsanleihe mit -0,7%.

Die Schweiz hat jahrzehntelange Erfahrung mit einer starken Referenzwährung: Als die Wechselkurse in den 1970er-Jahren freigegeben wurden, entsprach 1 US-Dollar ungefähr 4 Franken und 1 britisches Pfund ungefähr 10 Franken. Inzwischen hat 1 US-Dollar noch den Wert von 1 Franken und 1 Pfund handelt zu ungefähr 1,20 Franken. Dieser Trend dürfte sich – mit vorübergehenden Gegenbewegungen – längerfristig fortsetzen: Nach wie vor versuchen Notenbanken, ihre Heimwährung abzuwerten, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln und die Teuerung zu steigern. Zudem gilt der Franken als «sicherer Hafen», der in Krisenzeiten Kapitalflüsse anzieht und an Wert gewinnt.

Was aber können Anleger gegen eine starke Referenzwährung tun? Am einfachsten wäre es, gar keine Anleihen oder Aktien in Fremdwährungen zu kaufen. Allerdings haben die europäischen Finanzmärkte – gerade für Großanleger wie Vorsorgeeinrichtungen oder Versicherungen im Bereich alternativer Anlagen – zu wenig Breite und Tiefe, sodass die gesparten Gelder weltweit gestreut werden. Bei der Währungssicherung tragen die Anleger Kosten, die zum einen aus der Zinsdifferenz zwischen dem hiesigen Geldmarkt und den Kapitalmärkten anderer Währungen entstehen, zum andern mit saisonal und/oder krisenbedingten Vermögensflüssen zwischen Fremdwährungen und dem Euro zu tun haben (sogenannte Cross Currency Basis, vgl. Grafik).

Grafik: Sicherungskosten* des Euro versus USD im Zeitverlauf

*aufgeteilt in Zinsdifferenz aus Geldmarkt (12-Monate-Libor-Satz) und sogenannte Cross Currency Basis

Quelle: Bloomberg

Wie gehen deutsche Anleger am besten mit Währungsrisiken um? Wer eine ausreichende Risikofähigkeit und -bereitschaft hat, lässt die Fremdwährungen offen und auf eine „natürliche Sicherung“ gegen Wechselkurs-schwankungen (sogenannte Mean Reversion der realen Wechselkurse). Die meisten Anleger entscheiden sich allerdings für eine langfristige, strategische Sicherungsquote, wobei der Portfoliokontext eine wichtige Rolle spielt: Einige Währungen bewegen sich unabhängig oder sogar gegenläufig zu den Vermögenswerten und helfen, das Risikoprofil eines Portfolios zu verbessern.

Ein Beispiel ist der japanische Yen, der in Krisenzeiten häufig erstarkt und bewirkt, dass Verluste auf risikoreicheren Anlagen wie Aktien gemindert werden. Zugleich versuchen sie, das Wechselkursrisiko nur so weit abzusichern, dass der zusätzliche Nutzen der Risikoreduktion die Kosten der Absicherung aufwiegt. Ein Anleihenportfolio wird deshalb häufig nicht zu 100%, sondern im Schnitt eher zu 80% oder 90% abgesichert. Bei Aktien machen Fremdwährungsrisiken einen geringeren Anteil am Gesamtrisiko aus als bei Anleihen, weshalb die Absicherungsquote bei Dividendenpapieren in der Regel tiefer ist als jene bei festverzinslichen Anlagen: Die meisten Anleger sichern Aktien zu 50% oder gar nicht ab.

Zudem lassen einige Anleger eine Bandbreite um die strategische Sicherungsquote zu, zumal Währungen durchaus Ertragspotenzial für eine aktive Bewirtschaftung bieten: Die volumenstärksten Marktteilnehmer an den Devisenmärkten, unter anderem die Notenbanken oder weltweit tätige Unternehmen, tauschen nämlich Währungen ohne das Ziel, Kursgewinne zu erlangen, sondern aus anderen Gründen: als eine Zentralbank, um ein geldpolitisch gesetztes Inflationsziel anzupeilen, oder als eine globale Firma, um Waren zu kaufen oder verkaufen.

Ein verbreiteter aktiver Sicherungsansatz bildet etwa das Auszahlungsprofil einer Verkaufsoption nach, indem die Sicherungsquote mit bei stärkerer (schwächerer) Fremdwährung dynamisch gesenkt (erhöht) wird. Ein anderer Ansatz schätzt unter anderem mit Hilfe von Kaufkraftparitäten, Produktivitätsdifferenzen sowie Auslandsvermögen – und schulden den „fairen“ Wert eines Währungspaars, etwa 1,27 für EUR/USD, was eine Sicherungsquote nahelegt, die geringer ist als die strategisch vorgegebene Quote.

Bei der Umsetzung eines Sicherungsansatzes gilt es, verschiedene Punkte zu beachten:

  • Instrumentenwahl: In der Regel schließen Anleger sogenannte Termingeschäfte (FX Forwards) ab, die einen Kauf bzw. Verkauf eines vereinbarten Betrags einer Währung gegen eine andere Währung zu einem festen Wechselkurs an einem individuell bestimmten Datum in der Zukunft umfassen. Bei kleineren Handelsvolumen nutzen einige deutsche Investoren, gerade für liquide Währungen wie EUR/USD, auch standardisierte börsengehandelte Kontrakte (FX Futures). Wer ausreichend liquide Sicherheiten hat, etwa amerikanische Staatsanleihen, kann das Sicherungsgeschäft auch synthetisch nachbilden, indem in der Fremdwährung, etwa in USD, ein besicherter Kredit aufgenommen und in der Referenzwährung, etwa in EUR, angelegt wird (sogenannter Repo-Reverse-Repo). 
  • Laufzeitenwahl (Tenor Management): Diese Wahl hängt unter anderem von den geschätzten Transaktionskosten verschiedener Laufzeiten und der erwarteten Entwicklung der Sicherungskosten ab.
  • Liquiditätsbewirtschaftung: Am Laufzeitende eines Devisentermingeschäfts entsteht ein Gewinn oder Verlust, der über ein Liquiditätskonto und/oder über Käufe/Verkäufe in Vermögenswerten ausgeglichen werden muss. Mit Blick auf die Kosten von zu viel liquiden Mitteln (Negativzinsen) und häufigen Umschichtungen in Aktien oder Anleihen (Transaktionskosten) sollte das sogenannte Liquiditätsprofil einer Währungssicherung geglättet werden, etwa durch eine Aufteilung der Termingeschäfte in verschiedene Tranchen.
  • Bestmögliche Ausführung (Best Execution): Dazu gehört die Wahl geeigneter Gegenparteien (mit möglichst großem Marktanteil in den abzusichernden Währungen) sowie die zeitnahe Auswertung der Transaktionen in einer sogenannten Transaktionskostenanalyse. Häufig genügen drei bis fünf Gegenparteien für einen ausreichenden Preiswettbewerb unter den Maklern: Der Zusatznutzen jeder weiteren Gegenpartei sollte gegen die Zusatzkosten eines täglichen Austauschs von Sicherheiten, etwa liquider Mittel oder Wertschriften, mit jeder Gegenpartei abgewogen werden. Die Kosten entstehen zum einen durch den Sicherheitenverwalter, etwa die Kapitalverwaltungsgesellschaft, sowie – bei Austausch liquider Mittel – durch allfällige Negativzinsen auf Konti. Bei mehreren Maklern sollten zudem die Abwicklungsrisiken vermindert werden, indem die Abwicklung der Termingeschäfte, also der Austausch der Devisennominalbeträge bei Verfall, über das System „Continuous Linked Settlement“ stattfindet.
  • Ausführungszeitpunkt: Best Execution wird häufig als der beste Preis zu einem bestimmten Zeitpunkt verstanden. In einem weiteren Sinn lässt sich Best Execution als der beste Preis während eines bestimmten Zeitraums auslegen. Die Wahl des richtigen Zeitpunkts innerhalb eines bestimmten Zeitraums ist mindestens so wichtig wie der beste Preis zu einem bestimmten Zeitpunkt. Dazu sollte ein Vermögensverwalter die Kassa- und Terminkurse regelmäßig auf Muster prüfen, die viele Währungspaare im Tages-, Wochen- und Monatsverlauf aufweisen. Zur Best Execution gehören ebenso Schätzungen der impliziten Transaktionskosten, die je nach Zeitpunkt der Ausführung und Transaktionsvolumen entstehen. 

Schließlich gehört zu jeder Währungssicherung eine umfassende und transparente Berichterstattung: Dies beinhaltet einen Leistungsvergleich mit einem Referenzindex (Benchmarking), eine Leistungszuordnung (Performance Attribution), eine systematische Messung der Ausführungsqualität (Transaction Cost Analysis) sowie idealerweise auch Risikoanalysen (Stress Testing, Szenarioanalysen).

Credit Suisse Asset Management verwaltet ein Vermögen im Gegenwert von 405 Mrd. CHF (Q1 2019) und bewirtschaftet Fremdwährungen in passiven, semi-passiven sowie regelbasierten und aktiven Overlay-Mandaten, gesicherten Vermögensverwaltungsmandaten und Anlagefonds im Umfang von 49 Mrd. CHF. Es hat sogenannte Investment Hubs in New York, Zürich, Mailand, Singapur und Hongkong

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