Berenberg: Jahresendrallye wird holprig, aber sie kommt

- Ulrich Urbahn
- Berenberg
HAMBURG — „Wir rechnen dank robuster Fundamentaldaten mit einer Jahresendrallye und finden Europa attraktiv“, so Ulrich Urbahn, Leiter Multi Asset Strategy & Research, im aktuellen Kapitalmarktausblick des Berenberg Wealth and Asset Management. Allerdings könne es im Herbst angesichts zahlreicher politischer Risiken zu Volatilitätsspitzen kommen.
Ab hier folgt die unredigierte Mitteilung des Emittenten:
„Im dritten Quartal schnitten die USA erneut besser als alle anderen Aktienregionen ab“, schreibt Ulrich Urbahn, Leiter Multi Asset Strategy & Research bei Berenberg, im aktuellen Kapitalmarktausblick des Berenberg Wealth and Asset Management – „angetrieben von einer starken Q2- Berichtssaison, robusten US-Konjunkturdaten und großen Aktienrückkaufprogrammen.“ Aktien aus Europa und den Schwellenländern litten unter den andauernden Zolldiskussionen sowie idiosynkratischen Risiken wie der Türkei-Krise. Seit Anfang des Jahres gewannen US Small Caps in Euro gerechnet 16 % hinzu, während der DAX, vor allem durch die schlechte Performance der im Index hochgewichteten Autowerte, 6 % an Wert verlor. Der Perfomanceunterschied betrage somit 22 Prozentpunkte. Innerhalb von Europa entwickelten sich defensive Werte deutlich besser als zyklische Titel. Auf Europa lasteten neben den Handelsstreitigkeiten vor allem die noch ausstehenden italienischen Budgetverhandlungen sowie die Ungewissheit rund um den Brexit, so Urbahn weiter.
Anstieg der Gewinnschätzungen für Industrienationen
„Die Gewinnschätzungen der Analysten haben sich zuletzt für die Industrienationen leicht verbessert – in der Eurozone wurden sie tendenziell nach unten angepasst, während Japan, die USA und vor allem Großbritannien positive Revisionen sahen“, erklärt der Experte. „Innerhalb der Schwellenländer wurden vor allem die Gewinnschätzungen für Asien reduziert. Der Konsensus rechnet nun mit einem „MSCI Welt“-Gewinnwachstum von 16 % für 2018 und von 9 % für 2019. Wir sehen in den nächsten Monaten die Risiken für Abwärtsrevisionen bei den Gewinnschätzungen überwiegen, da von den Analysten nun schon alle positiven Faktoren eingepreist zu sein scheinen, während potenzielle Belastungsfaktoren für die Unternehmensgewinne, wie z. B. Handelszölle, Brexit, Sanktionen, steigende Zinsen und anziehende Löhne, zahlreich sind.
Aufwärtspotenzial bei erhöhter Schwankungsbreite
„Im Herbst rechnen wir im Einklang mit der historischen Saisonalität mit einer erhöhten Schwankungsbreite an den Aktienmärkten. Es mangelt schließlich nicht an politischen Risikofaktoren. Beispielsweise ist unklar, wie die italienischen Budgetverhandlungen und der Brexit-Prozess voranschreiten, wie es mit dem Iran weitergeht oder zu welchen Handelszöllen es tatsächlich kommt. Zudem stehen in den USA im November die Kongresswahlen an, was zu einer erhöhten politischen Unsicherheit führen sollte. Das fundamentale Umfeld für Aktien bleibt jedoch konstruktiv, zumal auch die Bewertungskennzahlen dank steigender Unternehmensgewinne von Übertreibungen weit entfernt sind. Zusätzlich kam es zuletzt zu einer Konvergenz bei den Wachstumsüberraschungen zwischen den USA und dem Rest der Welt (vor allem in Europa haben sich die Konjunkturdaten im Vergleich zu den Konsensuserwartungen stark verbessert). Viele Anleger haben sich angesichts der zahlreichen Risiken vorsichtig positioniert. Steigt der Aktienmarkt, dürften sich unterinvestierte Anleger gezwungen sehen, ihre Aktiengewichtung wieder zu erhöhen.“
Europa mit Aufholpotenzial, Schwellenländer strategisch attraktiv
„Über die Regionen hinweg finden wir Europa nach der jüngsten Schwächephase attraktiv. Neben einer ansprechenden Bewertung mögen wir, dass im Falle eines weichen Brexits – dem Basisszenario unserer Volkswirte – und eines glimpflichen Ausgangs der italienischen Budgetverhandlungen Aufholpotenzial für europäische Aktien besteht. Im vierten Quartal dürften zudem Schwellenländeraktien interessant werden, da wir mit einem Auslaufen der Dollar-Stärke rechnen. Zudem beginnt bald wieder das saisonal günstige Umfeld für Schwellenländeraktien, wenn sich der Blick der Anleger vermehrt auf 2019 richtet. Um den Jahreswechsel herum werden Volkswirte und Anleger häufig optimistischer, was in der Regel zu einer Outperformance riskanterer Aktienmarktsegmente wie Small Caps und Schwellenländeraktien führt. Den Handelsstreit zwischen den USA und China sehen wir als Risiko. Allerdings suggerieren die niedrigen Schwellenländerbewertungen, dass schon viel Unsicherheit eingepreist ist. Eine Entspannung des Handelsstreits sehen wir daher als Chance, ebenso wie eine US-Zentralbank, die vorsichtiger als erwartet agiert. Sollte die Fed mit ihrem Zinserhöhungszyklus pausieren, dürfte dies eine positive Überraschung für Schwellenländeraktien sein.“