BAI mahnt zur Zurückhaltung in ESG-Debatte

BONN — Der BAI unterstützt grundsätzlich die Sustainable Finance Initiative der EU. Allerdings müsse ein ESG-Hype vermieden werden, der zudem durch eine „bürokratische EU-Taxonomie“ überlagert werde, forderte Geschäftsführer Frank Dornseifer. Gerade institutionelle Anleger seien beim nachhaltigen Investieren schon deutlich weiter als angenommen.


Ab hier folgt die unredigierte Mitteilung des Emittenten:

Die EU-Kommission hat gestern parallel zum Weltklimagipfel in Kattowitz über die sozialen Medien Twitter und Facebook einen Livechat zur Sustainable Finance Initiative abgehalten. Dort hat sie bekräftigt, bis zum Frühjahr 2019 einen Kriterienkatalog für nachhaltige Finanzierungen (ESG-Taxonomie) vorzulegen. Ein übergeordnetes Ziel dieser Initiative ist u.a. die Schaffung einer „nachhaltigeren Wirtschaft“ einschließlich der Kapital- und Finanzmärkte. Investoren sollen angehalten werden, auch bei der Kapitalanlage diese Zielsetzungen im Analyseund Entscheidungsprozess, aber natürlich auch im Rahmen des Risikomanagements, zu berücksichtigen. Korrespondierend dazu sind auch einschlägige Berichts- und Offenlegungspflichten für Versicherer, Einrichtungen der betrieblichen Altersvorsorge, Asset Manager, etc. vorgesehen.

Der Bundesverband Alternative Investments e.V. (BAI), die zentrale Interessenvertretung der Alternative Investments Branche in Deutschland, unterstützt diese Initiative im Grundsatz und hat schon vor Jahren bekräftigt, dass die Implementierung von ESG-Kriterien in den Investmentprozess schon aus Risikomanagementaspekten unabdingbar ist. Gleichzeitig ist aus Sicht des BAI Vorsicht und Zurückhaltung bei der Entwicklung einer EU weit harmonisierten Taxonomie geboten.

BAI-Geschäftsführer Frank Dornseifer mahnt zur Zurückhaltung in der ESG-Debatte: „Wir müssen aufpassen, dass sich die ganze ESG-Diskussion nicht zu einem Hype entwickelt, der zudem durch eine bürokratische EU-Taxonomie überlagert wird. Gerade institutionelle Anleger sind hier nämlich schon deutlich weiter in Sachen nachhaltigem Investieren, als manche denken.“

In einer BaFin-Umfrage unter beaufsichtigten Instituten gaben jüngst 73 % der befragten Versicherer und Pensionskassen an, dass ihre Kapitalanlagen nachhaltig seien. Weit über die Hälfte hätten bereits eigene Nachhaltigkeitskonzepte (Negativ- oder Positivlisten, Best-in-class-Ansätze, 

etc.) implementiert und/oder befolgten anerkannte freiwillige ESG-Branchenstandards, wie etwa die von den Vereinten Nationen initiierten Prinzipien für verantwortungsvolle Investitionen.

Mit Blick darauf hob Dornseifer weiter hervor: „Nachhaltigkeit zeichnet sich dadurch aus, dass Diversität und zukunftsweisendes Handeln nicht nur anerkannt, sondern gefördert werden. Nur wenn eine EU-weit harmonisierte Taxonomie dies berücksichtigt und bestehende freiwillige Standards inkludiert statt ausschließt, hat sie eine Berechtigung. Auf die Diskussionen und Definitionsversuche in einschlägigen europäischen Expertengruppen darf man jedenfalls sehr gespannt sein. Für uns steht jedenfalls fest: nachhaltiges Investieren ist weniger das Ergebnis von politischen Definitionen und Kompromissen, sondern vorausschauendes, umsichtiges und ganzheitliches Handeln der Anleger. Es geht also weder um konkrete Vorgaben, die Politik oder Aufsicht machen sollten, sondern um eine Sensibilisierung der Anleger bei den Investitionsentscheidungen und beim Risikomanagement! Das ist der Schlüssel zum Erfolg.“

Aus Sicht des BAI sind elementare methodologische und definitorische Arbeiten in zahlreichen Bereichen des ESG-Universums bereits erfolgt und stehen somit auch der Finanzbranche zur Verfügung. Investoren können darauf basierend eigenverantwortlich investieren und zwar auch ohne eine technokratische EU-Taxonomie, die nun erarbeitet werden soll. Vor diesem Hintergrund ist es daher unabdingbar, dass nun zunächst bereits bestehende und – global! – anerkannte Standards evaluiert und weiterentwickelt werden, bevor im komplexen europäischen Gesetzgebungsprozess mit all seinen Fallstricken das Rad neu erfunden wird.

Erst jüngst hat zudem die Investoreninitiative PRI (Principles for Responsible Investment) eine
„Impact Investing Market Map“ veröffentlicht, einen Leitfaden zu Impact Investing, der einen methodologischen Einstieg in diese Subsegmente der ESG-Anlagen ermöglichen soll. Dort sind z.B. auch für jeden Themenbereich Definitionen und Kriterien enthalten, die Anleger bei der Auswahl entsprechender Investments berücksichtigen können. Schließlich finden sich in dem Leitfaden auch gängige Leistungskennzahlen (Key Performance Indicators, KPIs), die im Bereich des Impact- Investing genutzt werden, um die ökologische und soziale Performance ausgewählter Unternehmen zu bewerten.

Weitere Informationen rund um das Thema ESG finden Sie im aktuellen Themenschwerpunkt auf der BAI-Homepage.

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