Auslagerung des Portfoliomanagements ins Ausland nimmt zu

FRANKFURT – Deutschland ist der drittgrößte europäische Standort für das Portfoliomanagement von Fonds und Mandaten, schreibt der Fondsverband BVI. In den letzten zehn Jahren sei die relative Bedeutung deutscher Portfoliomanager aber gesunken – es werden inzwischen deutlich mehr Portfoliomanagement-Dienstleistungen aus dem Ausland „importiert“ als „exportiert“.

Ab hier folgt die Mitteilung des BVI:

Deutschland ist der drittgrößte europäische Standort für das Portfoliomanagement von Fonds und Mandaten, also die Ausübung der täglichen Anlageentscheidungen: Rund 15 Prozent des Portfoliomanagements bei Fonds in Europa werden hierzulande übernommen. Bei Mandaten sind es fünf Prozent. Insgesamt verantworten deutsche Anbieter die Anlageentscheidungen für Vermögen von 2,8 Billionen Euro.

Zum Vergleich: Bezogen auf das gehaltene Fondsvermögen ist Deutschland mit einem Anteil von 28 Prozent der mit Abstand größte Markt in Europa. Der Unterschied liegt einerseits am grenzüberschreitenden Vertrieb von Publikumsfonds, andererseits an der weit verbreiteten Auslagerung des Portfoliomanagements: Ein großer Teil des Vermögens wird nicht von den Anbietern gemanagt, die die Fonds und Mandate administrieren, sondern von Dritten. Von der ausgeprägten Spezialisierung entlang der Wertschöpfungskette profitieren die Anleger, denn sie erhöht die Effizienz und Qualität des Assetmanagements (siehe Fokus Portfoliomanagement vom August 2022).

Ende 2022 war das Portfoliomanagement bei 39 Prozent des von deutschen Anbietern administrierten Vermögens in Fonds und Mandaten an eine andere Gesellschaft ausgelagert. Das entspricht 1,2 Billionen Euro. Andererseits haben deutsche Anbieter die Anlageentscheidungen für knapp eine Billion Euro in fremden Portfolien übernommen. Dabei kann es sich sowohl um Produkte anderer Konzerngesellschaften (wie zum Beispiel die Luxemburger Tochtergesellschaften deutscher Anbieter) als auch um konzernfremde Anbieter handeln.

Relevanz inländischer Portfoliomanager geht zurück

In den letzten zehn Jahren ist die relative Bedeutung deutscher Portfoliomanager gesunken: Während das Volumen der ins Ausland ausgelagerten Vermögen jährlich um 8,2 Prozent gewachsen ist, waren es beim Management ausländischer Bestände in Deutschland 4,1 Prozent. Entsprechend werden heute netto Portfoliomanagement-Dienstleistungen in Höhe von 59 Milliarden Euro „importiert“. Vor zehn Jahren waren deutsche Anbieter noch Netto-Exporteure: Damals betrug der Saldo 71 Milliarden Euro zugunsten Deutschlands. Damit werden Entscheidungen über die Lenkung des Kapitals deutscher Investoren in Wachstum, Innovation und die nachhaltige Transformation zunehmend durch Portfoliomanager im Ausland getroffen – insbesondere in London und den USA.

Regionale Aufteilung des Portfoliomanagements in Deutschland

Innerhalb Deutschlands gibt es vier Regionen, in denen ein Großteil des Managements erfolgt. Das zeigt die Auswertung einer aktuellen BVI-Umfrage. Da nur wenige tausend Personen im Portfoliomanagement arbeiten und von Netzwerkeffekten wie regional verfügbaren Fachkräften und Dienstleistern profitieren, konzentriert sich die Portfolioverwaltung auf wenige Standorte. Frankfurt und das Rhein-Main-Gebiet haben einen Marktanteil von 61 Prozent. Das entspricht einem gemanagten Vermögen von 1,8 Billionen Euro. Der zweitgrößte Standort ist München. Hier wird knapp jeder fünfte Euro gemanagt. Es folgen die Rhein-Ruhr-Region (Köln, Düsseldorf) mit 11 Prozent und Hamburg mit 5 Prozent. Auf andere Orte entfallen insgesamt 4 Prozent.

Die Bedeutung der Versicherungswirtschaft für München

Einige Standorte sind auf bestimmte Anlegergruppen fokussiert. Insgesamt ist Deutschland ein institutionell geprägter Markt – zwei Drittel des Portfoliomanagements erfolgt für Produkte, die sich an Versicherungsgesellschaften, Pensionseinrichtungen, Stiftungen und andere Institutionen richten. Im Detail zeigen sich aber deutliche Unterschiede: In München ist der Anteil des institutionellen Geschäfts mit 94 Prozent besonders hoch. Allein von Versicherungstöchtern gemanagte Mandate machen über 50 Prozent des Gesamtvolumens aus. Das spiegelt die große Bedeutung der Versicherungswirtschaft in München wider.

Rhein-Main-Gebiet als Finanz-Metropole

In Hamburg und der Rhein-Ruhr-Region entspricht die Verteilung der Anlegergruppen dagegen in etwa dem Durchschnitt in Deutschland; der Privatanlegeranteil beträgt zwischen 20 und 30 Prozent. Die größte Rolle spielen Produkte für private Haushalte mit einem Anteil von 46 Prozent im Rhein-Main-Gebiet. Hintergrund ist, dass Frankfurt Sitz der Assetmanagement-Töchter großer Bankengruppen ist. Über ihre Filialen werden viele Fonds an Privatanleger vertrieben. Beim Management dieser Produkte hat das Rhein-Main-Gebiet einen Marktanteil von 84 Prozent.

Sachwert-Orientierung in Hamburg

Auch bei der relativen Bedeutung der Anlageklassen Aktien, Anleihen, Immobilien und Kasse gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Standorten. In Frankfurt und der Rhein-Ruhr-Region werden alle Anlageklassen in etwa entsprechend ihrem Marktanteil in Deutschland gemanagt. Aufgrund der speziellen Anlegerbedürfnisse sind Münchner Gesellschaften vor allem auf das Management von Zinspapieren ausgerichtet: Anleihen machen dort fast 70 Prozent des Vermögens aus, Aktienmandate nur 18 Prozent. In Hamburg werden dagegen fast aus- schließlich Immobilienprodukte gemanagt. Hier hat sich ein Cluster von Assetmanagern und ihren Dienstleistern herausgebildet, die auf Sachwerte spezialisiert sind. Sowohl Tochterunternehmen großer Häuser als auch Boutiquen profitieren von den Netzwerkeffekten. Insgesamt werden in Hamburg Immobilien im Wert von über 100 Milliarden Euro gemanagt. Das ist mehr als an jedem anderen deutschen Standort und belegt die Vielfalt des Portfoliomanagements in Deutschland.

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